Duisburg. Tauben sind keine Schädlinge, in Städten aber ein Problem. Eine Duisburger Firma ist darauf spezialisiert, sie zu vertreiben – im ganzen Revier.
Benjamin Keßner ist Schädlingsbekämpfer in vierter Generation. „Allerdings nicht, wenn es um Tauben geht“, wie er betont. Anders als Ratten oder Schaben gelten die nämlich nicht als Schädlinge und dürfen deshalb auch nicht getötet, sondern höchstens vergrämt werden. Nicht Bekämpfung, sondern Abwehr also. Dafür ist das Duisburger Unternehmen A. & B. Keßner im ganzen Ruhrgebiet unterwegs.
Auch Duisburg hat Probleme mit Tauben
Große Projekte betreut der Familienbetrieb derzeit in Düsseldorf und Essen. „Duisburg sticht unter den anderen Städten nicht besonders hervor, ist aber auch immer gut besucht, was Tauben angeht“, so die Einschätzung des Geschäftsführers. Eine Sache, die Tauben nämlich mit Schädlingen gemeinsam haben, ist ihre Hartnäckigkeit: „Wenn unsere Mitarbeiter an einem Gebäude Abwehrmaßnahmen durchführen, ziehen die Schwärme eben aufs Nachbargebäude um.“
Ärgerlich, denn die ätzenden Substanzen im Kot der Tiere greifen die Fassaden an. Ein Beispiel ist das Duisburger Landgericht. Dort hat Keßners Firma vor einigen Jahren Taubenabwehr-Maßnahmen durchgeführt. Dennoch trägt die Sandsteinfassade noch heute die Spuren der ehemaligen Untermieter, die Verfärbungen durch deren Hinterlassenschaften sind nicht wegzubekommen.
Gerade in Innenstädten und Bahnhöfen bereiten Tauben Probleme, erklärt Benjamin Keßner, denn da, wo Futter ist, vermehren sich die Tiere besonders schnell. Reste aus Mülltonnen oder achtlos weggeworfenes Essen auf der Straße – der Tisch ist immer reich gedeckt. „Viele füttern die Tauben aber auch proaktiv, manchmal aus falsch verstandener Tierliebe“, gibt der 40-Jährige zu bedenken. „Die Tiere werden in Städten an Stellen gefüttert, an denen sie langfristig keine Überlebenschancen haben und Krankheiten ausgesetzt sind.“
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Taubenabwehr: Diese Systeme gibt es
Wenn es darum geht, dem Federvieh Herr zu werden, lautet das Stichwort „physische Abwehr“. Dazu gibt es vier gängige Systeme. Einmal die Vernetzung: „An Balkonen oder Brücken werden vertikale Netze angebracht“, so der Fachmann. Zum Beispiel auf der Duisburger Königsstraße und im City Palais. „Die Netze werden stramm gespannt, sodass sich die Tiere nicht verheddern können.“ Sie fliegen ein paar Mal dagegen, dann haben sie es verstanden und suchen sich einen anderen Landeplatz.
Eine weitere klassische Methode sind die sogenannten Spikes, die man von Anzeigetafeln in Bahnhöfen oder Gebäudefassaden kennt. Die Stäbe sind stumpf, damit sich die Vögel nicht daran verletzen, aber die entsprechenden Stellen zukünftig meiden. Ähnlich funktionieren Spanndrähte, auf denen es sich selbst für hartgesottene Tauben nur sehr unbequem sitzt.
Und auch Elektrosysteme gibt es. „Da greift dann der Weidezauneffekt“, erläutert Keßner, „die Tiere bekommen einen kleinen elektrischen Schlag, der ihnen nicht schadet, und werden so vertrieben“. Sehr effektiv, aber auch sehr aufwendig; ebenso wie die selteneren Lasersysteme, bei denen Stellen angestrahlt werden, auf denen Tauben sich niederlassen. Für die Tiere sieht der Laserstrahl aus wie Feuer und sie ziehen weiter.
Duisburger Firma arbeitet mit Tierschützern zusammen
Aber das Tauben-Problem betreffe nicht nur die Innenstädte, auch in Wohnsiedlungen sind Benjamin Keßner und seine Mitarbeiter immer wieder im Einsatz. Auftraggeber sind dann nicht die Stadt oder Unternehmen, sondern Vermieter und Hausverwaltungen. „Wenn auf dem Dachboden irgendwo ein Fester offensteht, wird er schnell mal zum Taubenschlag“, lautet ein Beispiel. Als vor Jahren ein Weißer Riese an der Ottostraße gesprengt wurde, mussten die gefiederten Bewohner, die sich nach dem Ausbau der Fenster in dem leerstehenden Gebäude niedergelassen hatten, erst evakuiert werden.
„Wir haben in den vergangenen Jahren verstärkt Kontakt zu Vereinen und Tierschützern gesucht und stimmen uns mit ihnen ab“, so Benjamin Keßner. Früher sei es immer wieder mal zu Reibereien gekommen, inklusive zerschnittener Netze. Dabei seien auch die Schädlingsbekämpfer auf das Wohl der Tiere bedacht, Kollateralschäden wolle man immer vermeiden. „Mittlerweile haben wir da mit einigen Vereinen eine gute Zusammenarbeit.“ Die Taubenvereine übernehmen beispielsweise Küken zur Aufzucht oder tauschen unbebrütete Eier durch Attrappen aus und helfen so, die Taubenpopulation einzudämmen.
„Ratten der Lüfte“: Begriff ist überspitzt
Sie mögen nicht zu den Schädlingen zählen, aber im Volksmund gelten Stadttauben dennoch als „Ratten der Lüfte“. Den Ausdruck hält Benjamin Keßner für überspitzt. „Aus epidemiologischer Sicht sind Ratten viel gefährlicher“, betont er. „Sie übertragen Krankheiten, sind material- und vorratsschädigend und außerdem viel präsenter.“ Die Bekämpfung der sogenannten Schadnager mache bei seiner Firma rund 50 Prozent des Tagesgeschäfts aus; die Taubenabwehr dagegen nur fünf bis zehn Prozent.
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Dennoch ist dem Schädlingsbekämpfer mehr Aufklärung wichtig. „Die Menschen sollten Tauben auf keinen Fall füttern, dadurch vermehren sie sich nur unkontrolliert.“ Wer sich für die Tiere interessiere, könne sich an lokale Taubenvereine wenden, die sich immer über neue Mitglieder freuen.
>> A. & B. Keßner: Über 100 Jahre Firmengeschichte
- Das Unternehmen A. & B. Keßner wurde 1911 in Duisburg gegründet und wird heute von Berthold Keßner und dessen Sohn Benjamin in dritter beziehungsweise vierter Generation geführt.
- Im Bereich der Taubenabwehr betreut die Firma Kunden in ganz NRW. Weitere Informationen finden Interessierte unter www.abkessner.de.