Duisburg. In Duisburg zeigen immer mehr schulpflichtige Kinder emotionale und soziale Verhaltensauffälligkeiten. Chefarzt Guido Wolf zu den Ursachen.
Immer mehr Kinder haben Entwicklungsstörungen, die durch ihre Lebensumstände entstanden sind, sagt Dr. Guido Wolf. Der Chefarzt leitet das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) am Helios St. Anna-Krankenhaus in Duisburg, wo nach den Gründen für Verhaltensauffälligkeiten oder Entwicklungsverzögerungen gesucht wird. Hier werden auch Kinder untersucht, die schulpflichtig, aber nicht schulreif sind.
Biologisch-medizinisch begründete Entwicklungsstörungen sind nach seiner Einschätzung seit Jahren stabil. Dabei handelt es sich um Kinder, die etwa durch frühgeburtliche Schäden oder das Down-Syndrom einen Förderbedarf haben.
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Immer mehr Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten
Es steigen die Verhaltensauffälligkeiten im sozialen und emotionalen Bereich: „Würden diese Kinder in vernünftigen Verhältnissen leben, würden sie nicht vor unserer Tür stehen“, macht Wolf deutlich. Er arbeitet seit 20 Jahren im einzigen und für ganz Duisburg zuständigen SPZ und beobachtet, dass sich die sozialen Bedingungen für Kinder in Duisburg seit Jahren sukzessive verschlechtern. „Corona hat das noch mal wie unter einem Brennglas verschärft.“
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Der „dramatische Mangel an Kindergartenplätzen“ befördere das Problem weiter. „Ich kenne viele Familien, die sich authentisch um einen Platz bemühen und keinen bekommen“, sagt der Chefarzt. Kinder, die mit der Familiensprache aufwachsen und erst mit fünf Jahren in die Kita kommen, lernen nicht ausreichend Deutsch vor der Einschulung: „Sie starten schon in der ersten Klasse mit einem Defizit.“
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In vielen Familien wird zu wenig gesprochen
Das Problem haben aber nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund. Wolf behandelt auch deutschstämmige Kinder, mit denen daheim zu wenig gesprochen werde, Elternhäuser zu wenig fördern. „Da wird nur aufs Handy geguckt, kaum gemalt oder gebastelt.“ Bei Familien, in denen beide Elternteile berufstätig sind oder bei Alleinerziehenden sei die Zeit mitunter zu knapp: „Da wird das Kind zwar versorgt, aber nicht adäquat gefördert.“
Wolf ärgern die Bedingungen, unter denen Kinder in Deutschland aufwachsen: „Wir haben keine Kindergesellschaft. Hier wird eher ein Defibrillator aufgehängt als ein Kindergartenplatz gegründet. Kinder sind immer zweiter Sieger hinter den Erwachsenen.“
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>>DAS SOZIALPÄDIATRISCHE ZENTRUM
Das Sozialpädiatrische Zentrum im St. Anna-Krankenhaus untersucht Kinder und Jugendliche aus ganz Duisburg. Die Experten gehen auf die Suche nach medizinischen Problemen wie Hirnblutungen oder Stoffwechselerkrankungen.
Werden Entwicklungs- oder Verhaltensstörungen, körperliche, geistige, emotionale oder seelische Behinderungen diagnostiziert, dann werden gemeinsam mit den Eltern weitere Schritte zur Behandlung eingeleitet.
Manche Testungen, etwa für auditive Wahrnehmungsstörungen, Autismusdiagnostik oder klinische Psychologie sind zeitaufwendig und erfordern mehrere Termine.
Weitere Infos gibt es auf der Webseite des St. Anna-Krankenhauses.