Duisburg-Dellviertel. Der Autor Burak Yilmaz war mit seinem Buch „Ehrensache“ zu Gast an der Gesamtschule Globus. Diese Erfahrungen haben die Schüler gemacht.
Seit rund zwölf Jahren engagiert sich Burak Yılmaz gegen Antisemitismus und Rassismus. Der Duisburger Autor ist dafür vielfach ausgezeichnet worden. In seinem Buch „Ehrensache – Kämpfen gegen Judenhass“ berichtet er über seine eigenen Erfahrungen aus dem Duisburger Norden und wie es dazu kam, dass er mit muslimischen Jugendlichen Gedenkstättenfahrten nach Auschwitz unternahm. Ihm ist es ein Anliegen, Jugendliche für die Themen zu sensibilisieren. Deshalb war er nun an der Gesamtschule Globus am Dellplatz zu Gast, um mit den Oberstufenschülerinnen und -schülern auch über deren Ansichten zu sprechen.
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Der eine oder andere Schüler hat schon Erfahrungen mit (Alltags-)Rassismus gesammelt. Zum Beispiel, wenn es darum geht, wer in Bus und Bahn immer kontrolliert werde. Yilmaz’ Credo: Die Politik müsse in Bildung investieren, um allen Chancen zu ermöglichen. Schließlich hätten rund 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Duisburg mittlerweile einen Migrationshintergrund. Viele Kinder bekämen aber dennoch keine Empfehlung für das Gymnasium, auch wenn sie sich noch so sehr anstrengten und die deutsche Sprache sehr gut beherrschten. Er wünscht sich ein Zusammenleben auf Augenhöhe „unabhängig von Herkunft, Klasse und Geschlecht“, in dem die Trennlinie nicht länger zwischen Mehrheit und Minderheit verläuft. Die Gesamtschule am Dellplatz besuchen 1004 Jungen und Mädchen aus rund 70 Nationen.
Burak Yilmaz wuchs im Duisburger Norden auf – und war der erste Nicht-Katholik auf dem „Abtei“-Gymnasium
Er erinnert sich daran, wie sein Schulleiter damals dafür kämpfte, dass er gemeinsam mit seinem Kumpel Abdullah das Abtei-Gymnasium besuchen durfte, obwohl er kein Katholik war. „Wir haben die Türen geöffnet für andere.“ Erst viel später habe er erfahren, dass die Eltern der anderen Kinder gegen diese Entscheidung Sturm gelaufen waren.
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Ein Lehrer war es auch, der ihn dazu gebracht hat, sich intensiv mit dem Thema Judenhass auseinanderzusetzen. Als im Geschichtsunterricht das Dritte Reich auf dem Stundenplan stand, brachte der Pauker eine Box mit Erinnerungsstücken seiner Großeltern mit. Darin enthalten waren zum Beispiel persönliche Dokumente, die mit einem Hakenkreuz gestempelt waren. Und als dann seine Klassenkameraden berichteten, dass sie ebenfalls in der Familie Angehörige haben, die bei der Wehrmacht waren, merkte Yilmaz: Das Thema ist aktuell. „Meine Großeltern waren zu dem Zeitpunkt nicht in Deutschland.“ Der Geschichtslehrer bat ihn trotzdem, von seiner Familie zu erzählen. Yilmaz erzählte die Lebensgeschichte seiner (Groß-)Eltern, wo sie selbst aufgewachsen sind, wie sie nach Duisburg kamen und dass der Opa immer „auf 300 ist“, sobald die Sprache auf Juden komme.
Burak Yilmaz: „Wir müssen miteinander diskutieren und streiten können, aber es darf nie in Hass umschlagen“
Als er später zum ersten Mal in einem Jugendzentrum in Duisburg arbeitete, merkte er, dass es auch Antisemitismus unter Teenagern gebe. Muslimische Jugendliche hatten eine Anti-Israel-Demonstration besucht und provozierten mit dem Hitlergruß. Später wollte eine Schule eine Bildungsfahrt nach Auschwitz unternehmen, doch die muslimischen Schüler sollten zu Hause bleiben. Das wollte Yilmaz nicht hinnehmen und organisierte selbst solch eine Fahrt. Die Auseinandersetzung mit dem Thema wurde so intensiv, dass er mit den Teilnehmern später ein Theaterstück dazu entwickelte und deutschlandweit tourte. „Wir müssen miteinander diskutieren und streiten können, aber es darf nie in Hass umschlagen und man muss respektvoll miteinander umgehen“, gibt er den Gesamtschülern mit auf den Weg.
Mohamed ist mit seinen Eltern 2015 aus Syrien nach Deutschland geflohen. „In Deutschland habe ich mich das erste Mal mit dem Thema Judenhass auseinandergesetzt. In Syrien haben wir die ganze Zeit gehört, dass die Juden schlecht sind“, erklärt er und nennt in diesem Zusammenhang die Debatte um den Nahost-Konflikt als Ursache. Yaren (17) erklärt: „Ich finde es gut, dass wir das Thema besprochen haben.“ Sie selbst habe zum Glück noch keine Erfahrungen mit Rassismus gemacht. „Vielleicht hintenrum, aber ich habe es noch nicht mitbekommen.“ Eine andere Schülerin berichtet, dass sie sich durchaus schon Fragen dazu gefallen lassen musste, warum sie denn Kopftuch trage. Schulsozialarbeiter Nehir Başaran betont: „Unsere Schule ist so bunt. Hier gibt es keinen Platz für Rassismus.“