Duisburg/Oberhausen/Mönchengladbach. Mord an Kai M.: Ende des Prozesses am Landgericht Duisburg gegen sechs Rocker ist nicht absehbar. Das Verfahren wird sich noch lange hinziehen.
Mittwochs und freitags bietet sich den Duisburgern auf den König-Heinrich-Platz seit Juli dieses Jahres in der Innenstadt regelmäßig ein bekanntes Bild: In den späten Morgenstunden rollt die Polizei mit Mannschaftswagen an. Beamte postieren sich vor und im Landgericht. Im größten Saal, in Raum 157, geht es an diesen Tagen um die Ermordung des Hells Angels Kai M. und um die Zerteilung und Beseitigung seiner Leiche. Am Mittwoch wird die Fünfte Große Strafkammer noch einmal tagen, dann verabschiedet sich das Verfahren in die Winterpause. Am 11. Januar 2023 soll die Verhandlung fortgesetzt werden, das wäre einen Tag nach dem mutmaßlichen Todestag des Opfers vor neun Jahren, das in der Nacht vom 9. auf den 10. Januar 2014 in Mönchengladbach in einen Hinterhalt gelockt und erschossen worden sein soll. Der Duisburger Kai M., der in Oberhausen im Rotlicht-Milieu aktiv war, starb gewaltsam mit 32 Jahren. Seine Rocker-Kumpanen sollen ihn ermordet haben, weil sie ihn für einen Verräter gehalten haben.
Drei Angeklagte seit anderthalb Jahren in Untersuchungshaft
Als das Verfahren im Juli gestartet war, hatte die Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Mario Plein, der auch die Loveparade-Verhandlung geleitet hatte und sich nicht nur deshalb mit Mammut-Prozessen auskennt, vorerst Termine bis zu diesem Tag angesetzt. Dass es dabei nicht bleiben wird, zeichnete sich indes schon länger ab: 26 Verhandlungstage hätten Kammer und Prozessbeteiligte bislang absolviert, acht seien nach Angaben von Gerichtssprecher Henning Bierhaus unter anderem wegen Erkrankungen von Prozessbeteiligten ausgefallen. Die Kammer habe inzwischen bis Juni kommenden Jahres 35 weitere Termine angesetzt. Ein Ende des Verfahrens ist nicht absehbar. Die drei noch in U-Haft sitzenden Angeklagten sind bereits seit rund anderthalb Jahren hinter Gittern.
Der Kronzeuge, den stets mehrere schwer bewaffnete Personenschützer ins Gericht gebracht hatten, soll im nächsten Jahr erneut von den Verteidigern der Angeklagten befragt werden. Der Mann hatte sich während des laufenden Verfahrens einen Anwalt genommen. Umfangreich hatte der Kronzeuge während der bisherigen Verhandlungstage Angaben zu den Umständen und Hintergründen des Falls gemacht. Er hat schon Winterpause. Beim letzten Termin am Freitag hätte eigentlich dessen Bruder befragt werden sollen, der aus dem Gefängnis zur Verhandlung gebracht worden war. Der verzichtete allerdings darauf Angaben zu machen.
Schüsse auf Bandido in Oberhausen im November 2013
Die Komplexität des Verfahrens ergibt sich nicht nur aus der Fülle der Beteiligten, allein die sechs Angeklagten haben 15 Verteidiger, hinzu kommt noch die Mutter des Ermordeten als Nebenklägerin. Es liegt auch an den Tatvorwürfen: Neben dem Mord an Kai M. geht es eigentlich zudem um einen versuchten Mord in zwei Fällen, mehrere Schüsse auf den damaligen Vizepräsidenten der Oberhausener Bandidos und dessen Freundin im November 2013 in Oberhausen-Alstaden. Dieser Komplex ist im aktuellen Verfahren noch gar nicht zur Sprache gekommen. Dazu wird der Kronzeuge wohl nichts Wesentliches mehr beitragen können. Er war zwar abgesehen von den tödlichen Schüssen von Anfang bis Ende bei der Beseitigung der Leiche von Kai M. dabei, nicht aber bei der Attacke auf den Bandido.
Die zwei mutmaßlichen Haupttäter in beiden Fällen dürften das Verfahren weiter aus der Ferne beobachten: Sowohl Ramin Y., der Kai M. erschossen haben soll, wie auch Mustafa H., der die Schüsse auf den Bandido abgegeben haben soll, waren zuletzt noch flüchtig. Die beiden mutmaßlichen Hells Angels werden im Ausland vermutet. Im Fall von Ramin Y. hatte es zuletzt Berichte gegeben, dass der Deutsch-Iraner auch einer der Drahtzieher von Anschlägen auf Synagogen in Deutschland gewesen sein könnte.