Duisburg/Oberhausen. Fall Kai M.: Die Verteidiger beklagen das Fehlen eines psychiatrischen Gutachtens, das über den Kronzeugen vorliegt. Der Mordprozess stockt.
Es ist Tag 16 im Mordprozess um den Fall des erschossenen Hells Angels Kai M. am Landgericht Duisburg. Im Vergleich zu den ersten Verhandlungstagen haben sich die Zuschauerreihen geleert, auch die Polizei zeigt weniger Präsenz im Saal und auf dem König-Heinrich-Platz. Nur noch drei der sechs Angeklagten werden aus der U-Haft in Handschellen in Raum 157 geführt, nachdem vor einiger Zeit zwei Haftbefehle aufgehoben worden sind. Ansonsten sind die gleichen Bilder zu beobachten wie in den ersten Tagen: Im Zuschauerraum sitzen Verwandte der Angeklagten neben Hinterbliebenen des Toten, manchmal nur durch einen Stuhl getrennt. In Verhandlungspausen machen die Verteidiger Späße mit den Angeklagten. Schwer zu ertragen für die Mutter von Kai M. als Nebenklägerin, die dann zum Taschentuch greift.
Fünf Zivilpolizisten sind zum Schutz des Kronzeugen I. mit in den Saal gekommen. An diesem Tag steht erneut er im Mittelpunkt, obwohl I. kaum etwas sagt. Es ist ihm anzumerken, wie unangenehm ihm dieser Auftritt ist. Kaum eine Sekunde lang sitzt er still da, tippt mit den Fingern auf den Tisch, zieht den Reißverschluss seiner Jacke auf und zu und die übers Gesicht und wieder herunter. Blickt aufs Handy, atmet schwer. Schüttelt den Kopf, blickt um sich, knetet Wangen und Stirn mit den Händen.
Unterbringung in geschlossener Entziehungsklinik angeordnet
Die Verteidiger, stellvertretend des Mannes, der den Körper des erschossenen Kai M. zerteilt haben soll, hegen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Kronzeugen. Der war bei einem früheren Gerichtsverfahren gegen ihn vor einigen Jahren - I. soll diverse Vorstrafen wegen unterschiedlicher Delikte haben - schon psychiatrisch untersucht worden, unter anderem mit dem Fokus auf eine Neigung zu Straftaten oder einer Abhängigkeit von Betäubungsmitteln. Bei der Verurteilung ordnete das Gericht damals die Unterbringung des Mannes in einer geschlossenen Entziehungsklinik an.
Wo aber ist das entsprechende Gutachten? Einer der Verteidiger will die Akte schon im Landgericht Duisburg gesehen haben. Für die Kammer ein Ding der Unmöglichkeit. In einer Pause kann der Vorsitzende Richter Mario Plein die zuständige Staatsanwaltschaft in Mönchengladbach erreichen, wo die Unterlagen wohl bis heute liegen. Der Gutachtenband, 127 Seiten stark, soll nun von einem Sonderkurier von dort nach Duisburg gebracht und auch der Verteidigung zur Verfügung gestellt werden.
Befragung von Kronzeuge wird wohl am 23. November fortgesetzt
Die Verteidiger hätten an diesem Tag eigentlich mit der Befragung des Kronzeugen beginnen sollen, nachdem Staatsanwaltschaft und Nebenklage damit bereits durch sind. Dazu kommt es nicht. I. will ab sofort nur noch im Beisein eines Anwalts sprechen. Auch das hatte er im Prozess schon mal angekündigt. Diesmal bleibt es auch dabei. Ein Verteidiger, der I. eigenen Angaben nach schon in früheren Verfahren vertreten hat, wird in einer Pause gefunden. Die Befragung des Kronzeugen im Prozess könnte somit am 23. November fortgesetzt werden. Die Kammer hatte bis zu diesem Termin eigentlich noch weitere drei Verhandlungstage angesetzt.