Duisburg. Nach der Aufsehen erregenden Schießerei auf dem Altmarkt in Duisburg-Hamborn sind die Ermittlungen schwierig. Die Beteiligten schweigen lieber.
Es war alles andere als ein Zufallstreffen: Rund 100 Anhänger zweier verfeindeter organisierter krimineller Gruppen lieferten sich Anfang Mai auf dem Hamborner Altmarkt eine wüste Schießerei. Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft zu dem Fall, der deutschlandweit für Aufsehen sorgte, dauern auch sieben Monate danach weiter an. Sie gestalten sich offenbar schwierig – nicht nur wegen der schieren Menge an Verdächtigen. Die Ermittler geben sich zum Stand des Verfahrens und zu den Hintergründen noch wortkarg.
Was die Duisburger Staatsanwaltschaft preis gibt: „Einige Beschuldigte haben Ihren Wohnsitz in Duisburg. Die übrigen Beschuldigten stammen aus anderen Städten in Nordrhein-Westfalen und teilweise aus Städten anderer Bundesländer“, sagt Sprecherin Marieluise Hepe. Die Vermutung liegt nahe, dass sie für die Auseinandersetzung gezielt angereist sind. Die Verdächtigen, gegen 51 namentlich bekannte Personen und darüber hinaus gegen noch unbekannte mögliche Mittäter wird ermittelt, sollen grob etwa zur Hälfte der Rocker-Gruppierung Hells Angels und einem berüchtigten türkisch-libanesischen Familien-Clan angehören. Es könnte aber auch Beteiligte gegeben haben, die direkt keiner der beiden Gruppierungen zugeordnet werden können, heißt es.
„Mehrheit der Beschuldigten macht von Schweigerecht Gebrauch“
Einige wenige der inzwischen Tatverdächtigen hätten in ihren Vernehmungen Angaben gemacht, als sie noch als Zeugen geführt worden seien. „Die ganz überwiegende Mehrheit der Beschuldigten macht aber von ihrem Schweigerecht Gebrauch“, so Hepe.
Fest steht, dass am Abend des 4. Mai ab 20.40 Uhr auf dem Altmarkt 28 Schüsse abgegeben worden sind. Es gab mindestens vier Verletzte aus beiden Lagern, die in Krankenhäusern behandelt werden mussten. Die Staatsanwaltschaft vermutete später, dass es mehr gab, aber weitere Betroffene sich einfach nicht auf offiziellem Weg hatten behandeln lassen. Die Hells Angels sollen auch ein Ladenlokal zerstört haben, dass dem Einflussbereich der Großfamilie zuzuordnen ist. Bislang gehen die Ermittler davon aus, dass drei Beteiligte geschossen haben sollen, aber auch das ist noch nicht abschließend geklärt. „Die Prüfung hinsichtlich der Anzahl der Schützen konnte bislang nicht abschließend geklärt werden, weshalb die Ermittlungen dahingehend ebenfalls weiterhin andauern“, erklärt Hepe.
51 Tatverdächtige sind mehrheitlich vorbestraft - teils erheblich
15 Verdächtige waren noch am Tatabend vorläufig festgenommen worden. Sie kamen am Tag danach wieder auf freien Fuß. Ob es seit dem Mai weitere Fest-, Ingewahrsamnahmen oder Inhaftierungen gegeben hat, verrät die Staatsanwaltschaft nicht: Aus ermittlungstaktischen Gründen könnten „keine weiteren Auskünfte erteilt“ werden. Daher bleibt auch die Antwort auf die Fragen offen, was nach der Schießerei mit den eingesetzten Waffen passiert ist - also ob diese sicher gestellt werden konnten oder bis heute verschwunden sind - und ob den Ermittlern außer den Personalien auch die aktuellen Aufenthaltsorte der Verdächtigen bekannt sind.
Die 51 bekannten Tatverdächtigen, das hatte sich aus einer Antwort der NRW-Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD im Sommer ergeben, sind wegen diverser Delikte mehrheitlich vorbestraft - teils erheblich. Einer von ihnen war bereits wegen versuchten Mordes zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Auch dazu macht die Staatsanwaltschaft derzeit keine weiteren Angaben. Hier argumentiert sie mit Verweis auf den Persönlichkeitsschutz des Mannes.
Warum sind die beiden Gruppen damals überhaupt aneinander geraten? Kursierende Gerüchte über einen Streit um Schutzgeldzahlungen sind von offizieller Seite bislang nicht bestätigt worden. Auch das Motiv der Schießerei liegt wie so viele weitere Details noch im Dunkeln.