Duisburg. Kinder mit besonderen Begabungen haben in Duisburg eine besondere Anlaufstelle. Wie das Kompetenzzentrum ihnen, ihren Schulen und Familien hilft.
Einen Bildungsort, den Lehrer, Eltern und Kinder gleichermaßen toll finden, den gibt es nicht so oft. Beim Duisburger Kompetenzzentrum für Begabungs- und Begabtenförderung sind sich aber alle einig: Hier bekommt man wirklich Hilfe.
Theoretisch sind zwei Prozent der Kinder und Jugendlichen hochbegabt, haben also einen Intelligenzquotienten, der über 130 liegt. Das Bild vom Wunderkind, das schon in jüngsten Jahren über die Klaviertastatur fliegt oder sich in die höhere Mathematik eingearbeitet hat, ist Fachberaterin Anja Wardemann aber zu eng. „Das Elitebild ist nicht zeitgemäß.“
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Duisburger Kompetenzzentrum setzt auf „breites und dynamisches Verständnis von Begabung“
Sie glaubt, dass jeder Mensch besondere Begabungen hat, aber auch Schwächen. Und so möchte sie nicht nur den Hochleistenden mit den Supernoten zur Seite stehen, sondern all jenen mit besonderen Gaben, Talenten oder Interessen. Also Kindern, die zum Beispiel Durchschnittsnoten haben, aber toll malen können. „Wir haben ein breites und dynamisches Verständnis von Begabung“, erklärt die Pädagogin. Sie glaubt, dass Kinder, die ihre eigenen Potenziale sehen, auch eher bereit sind, an ihren Schwächen zu arbeiten. Oft schaue man eher auf die Defizite. Ein anderer Blick helfe, den Fokus zu erweitern und bei Kindern, die nicht so gute Schulnoten haben, andere Schätze zu entdecken.
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Wardemann war selbst lange Lehrerin und Konrektorin an einer Grundschule, inzwischen ist sie parallel zu ihrem Ein-Frau-Job im Kompetenzzentrum in der Lehrer-Weiterbildung tätig, lehrt beim Landeskompetenzzentrum für individuelle Förderung in Münster.
Hilfe durch Kurzzeitcoaching oder längere Begleitung und Inspiration
Für die Duisburger Familien ist ihre Hilfe ganz individuell: Für manche kann ein Kurzzeitcoaching effektiv sein, andere brauchen über längere Zeit Begleitung, Inspiration, Angebote. Sie sei eng beim Kind, beim Jugendlichen, gemeinsam schaue man auf die Potenziale und richte danach die nächsten Schritte aus.
„Manche müssen ihre Motivations- oder Lernstrategien ausbauen, andere sind zwar begabt, leiden aber unter Prüfungsangst oder müssen ihre Persönlichkeit stärken, wieder andere brauchen eine Gemeinschaft“, beschreibt Wardemann. Auch Möglichkeiten für soziales Engagement oder Umweltbildung gehören zum breiten Angebot, das für Eltern und Lehrer kostenlos ist. Die Stadt Duisburg finanziert die Stelle und ein Förderverein agiert als Träger des Kursprogramms.
Eine Klasse überspringen oder lieber bleiben?
Heike Hoeksema stieß früh auf das Kompetenzzentrum, ihr Sohn lernte schon in der ersten Klasse sehr leicht, sollte deshalb eine Klasse überspringen. Nach der Beratung entschied sich die Familie dagegen, weil neben der intellektuellen auch die emotionale Entwicklung von Kindern Zeit braucht. Die Eltern nahmen in Kauf, dass sich ihr Sohn im Unterricht langweilt, dafür aber im Klassenverband bleiben und wachsen kann.
Herausforderungen bekam er durch außerschulische Angebote im Kompetenzzentrum. Denkbar wäre auch das an manchen Schulen angebotene Drehtürmodell gewesen, hier wechseln Kinder nur für ein Fach in den nächst höheren Jahrgang.
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Bei Jugendlichen ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Der Sohn von Sabine Demmel ist zwar erst 15, geht aber schon zwei mal die Woche zum Frühstudium an den Duisburger Uni-Campus. Physik ist sein Steckenpferd, während Kunst eine große Herausforderung ist, berichtet seine Mutter. Auch Begabte müssen Frustrationstoleranz erst lernen.
Wichtig findet es Wardemann, in den Schulen zu hospitieren, sie im Umgang mit besonderen Kindern zu beraten. Manche Schüler haben einen langen Leidensweg hinter sich, waren in Therapie, im Krankenhaus. Nicht allen kann sie helfen, da verweist sie auf außerschulische Partner. Anderen reicht es schon, in den Kursen ohne Leistungsdruck zu spüren, dass sie was können. „Das trägt zum Glücklichsein bei!“, weiß die Bildungsexpertin.
Lehrer nehmen viele Infos mit für ihren Unterricht
In Duisburg ist Wardemann gut vernetzt, mit der Universität Duisburg-Essen, mit dem Institut für Jugendhilfe, dem schulpsychologischen Dienst, dem Gesundheitsamt. Es gibt außerdem einen schulformübergreifenden Arbeitskreis für Lehrer. Einige melden auf Anfrage anonym zurück, dass sie inzwischen ihren „Unterricht anders vorbereiten“, „sensibler mit den unterschiedlichen Begabungen der Schülerinnen und Schüler umgehen“, „mehr darauf achten, die Kompetenzen zu erkennen, zu wecken und zu fördern“.
Wardemann freut das: „Trotz des Lehrermangels bemühen sich alle, das schätze ich sehr“, lobt sie. Durch die gemeinsame Arbeit ändere sich sukzessive auch was an den Schulkonzepten.
>>DUISBURGER KOMPETENZZENTRUM FÜR BEGABUNGS- UND BEGABTENFÖRDERUNG
- Angeboten werden Kurse wie Chinesisch für Grundschüler in Kooperation mit dem Konfuzius-Institut, Erste-Hilfe, Vorlese-, Mathe- und Musikwettbewerbe, Astronomie und Ponypflege, Robotik und Falknerei,
- Auch für Eltern gibt es Angebote, etwa zur Persönlichkeitsförderung, zu Möglichkeiten der Unterstützung des Kindes durch die Eltern,
- Das Duisburger Kompetenzzentrum für Begabungs- und Begabtenförderung hat seinen Sitz im Kaufmännischen Berufskolleg Neudorf, Carstanjenstr. 10, Sprechzeiten nach Vereinbarung, Tel. 0151 16349691
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