Duisburg. An Alsum erinnert nur noch ein Aussichtspunkt am Rhein. Dabei lebten dort einmal über 3000 Menschen. Hier gibt’s zur Dorfgeschichte viele Bilder.
Wer heute auf den Alsumer Berg steigt, hat einen eindrucksvollen Ausblick auf die riesigen Werksanlagen von Thyssen-Krupp-Stahl, aber auch auf die andere Rheinseite. Unter dem Berg begraben liegt auf dem Gebiet des heutigen Stadtteils Marxloh das alte Alsum, das wegen seiner Baumblüte am ganzen Niederrhein berühmt war.
Alsum galt einst als ertragreichste Bauerschaft in der Umgebung von Beeck. Später wurde es zu einer Arbeitersiedlung. Der Bombenkrieg im Zweiten Weltkrieg hat den Ort fast vollständig ausgelöscht. Wegen starker Bergsenkungen gab man ihn 1965 ganz auf. Auf den Trümmern wurde das heutige Naherholungsgebiet angelegt.
Alsum: Dorf, Arbeitersiedlung und Müllhalde – Matenastraße als einzige Zufahrt
Ein Gräberfeld zwischen Alsum und Schwelgern aus der Zeit um 600 hat bestätigt, dass der Ort zu Zeiten des Fränkischen Reichs entstanden ist (dessen berühmtester Herrscher war Karl der Große). Der fruchtbare Lehmboden, den der Rhein in Jahrhunderten angeschwemmt hatte, eignete sich hervorragend als Weideland.
Mittelpunkt der Siedlung war ein Oberhof, dessen Besitzer, ein Schulte, vom Grundherrn eingesetzt war, um die Natural- und Geldabgaben der zugehörigen kleineren Bauernhöfe einzuziehen. Dieser Hof lag südlich der Matenastraße, zwischen der heutigen Alsumer Straße und der Emscher. Die mündete westlich vom heutigen Alsumer Berg in den Rhein. Der Hof existierte bis 1823.
Weitere Bauernhöfe waren der Gatermannshof, der Badenhof, der Goyenhof, der Paßmannshof oder der Wenshof. Die meisten Höfe in Alsum, bis zu acht, gehörten bis Anfang des 19. Jahrhunderts zum Kloster Hamborn. Andere Höfe gehörten bis dahin zum Oberhof Beeck.
Erstmals in einer Urkunde erwähnt wird Alsum 1139. Es war eine Bauerschaft im Amt Beeck des Grafen von Kleve, der seit 1417 ein Herzog war. Ab 1900 gehörte es dann zu Hamborn.
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1348 schenkte der Herrscher des Nachbarlandes Grafschaft Mark den Alsumern den Schwelgernbruch als Weideland. Das mussten sie sich mit den wenigen Bewohnern von Schwelgern teilen. Im Süden erstreckte sich das Alsumer Weideland bis Beeckerwerth. Vom 15. bis zum 18. Jahrhundert hat die Familie Scherrer an der Emscher eine Ölmühle betrieben. Man konnte zum Beispiel aus dem Samen von Raps Öl auspressen.
1727 gab es 36 Wohnhäuser im Dorf. Darin lebten weniger als 300 Menschen. Die einzige Zufahrt bildete die Matenastraße. Die Alsumer Straße entstand erst im 19. Jahrhundert.
Hafen Alsum existierte von 1882 bis 1919, ein Straßenbahn-Anschluss von 1910 bis 1965
Beeck war bekanntlich (mit Oberhausen-Holten) im 16. Jahrhundert die Vorhut der neuen evangelischen Religion im Duisburger Norden. Und so war auch die erste Schule im Ort 1764 eine evangelische Schule, die spätere Rheinschule. Sie ging erst 1905 auf die Zivilgemeinde über, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die katholische Nikolausschule kam erst 1907 dazu, als schon viele katholische Arbeiter zugewandert waren. Sie hat bis 1963 bestanden.
Denn 1882 hatte Thyssen den Hafen Alsum angelegt, zusammen mit einer Anschlussbahn von Schacht 1 in Hamborn. 1906 erreichte er mit 1,8 Millionen Tonnen Kohle den höchsten Umschlag. Er wurde dann aber zugunsten des Hafens Schwelgern bis 1919 aufgegeben.
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Als Thyssen 1891 sein Stahlwerk in Bruckhausen in Betrieb nahm, hatte das Dorf rund 500 Einwohner. Das Werk dehnte sich nach und nach bis an den Ortsrand aus. Wohnungen für die Arbeiterschaft entstanden. Die Bevölkerung wuchs bis zum Ersten Weltkrieg auf rund 3000 Personen.
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Von 1910 an hat eine Straßenbahnlinie den Ort mit Hamborn und Oberhausen-Buschhausen verbunden. Sie war auch für den Ausflugsverkehr bedeutend, gab es doch am Rhein die Anlegestelle Alsumer Steig für die Fähre von Baerl. Die Bahn wurde 1965 eingestellt, die Fähre wenig später. Von 1910 an diente die Emscher nur noch als Abwasserkanal. Ihr Hauptkanal mündete seitdem in Walsum in den Rhein.
Die letzten Bewohner zogen 1965 fort
Der bedeutendste Neubau zwischen den beiden Weltkriegen war 1930 die katholische Kirche St. Nikolaus. Im Gegensatz zu dem schon 1914 eröffneten evangelischen Gemeindehaus überlebte sie den Zweiten Weltkrieg.
Noch 1938 war Alsum von bäuerlicher Lebensart. Dort war der Bevölkerung noch ungehindert der Zutritt zum Rhein möglich. Die Industrie hatte den Ort aber schon völlig umschlossen.
Der Bombenkrieg hat ihn dann schwer heimgesucht. 60 Prozent aller Wohngebäude galten als zerstört oder unbewohnbar. Die Bevölkerungszahl hatte sich 1950 gegenüber der Vorkriegszeit auf knapp 1600 halbiert.
Historische Fotos aus Duisburg-Alsum
Es kam nicht mehr zu einem Wiederaufbau. Zwar schloss sich die Bevölkerung zu einer Wiederaufbaugemeinschaft zusammen. Aber allein zwischen 1950 und 1953 führte der Bergbau zu 112 Zentimetern Erdabsenkung. Weitere Bergbauschäden wurden befürchtet. Um 1960 lebten noch rund 800 Menschen im Ort. Auch sie zogen nach und nach fort, die letzten 1965.
Übrig blieb ein Platz für Trümmerschutt, der sich zur Müllhalde auswuchs. Die restlichen Gebäude und die katholische Kirche wurden Anfang der 60er Jahre abgetragen. Ehe nach 1968 ein Humusboden aufgebracht wurde, bot sich dort ein unheimliches Bild stinkenden Unrats, schreibt der frühere Stadtarchivar Dr. Günter von Roden. Danach wurde die Alsumer Straße ausgebaut.