Duisburg. Am Innenhafen startet der 3. Versuch, das berüchtigte Eurogate-Areal zu bebauen: Wer die Käufer sind, was sie zahlen, wie ihre Entwürfe aussehen.

Am Innenhafen startet nun der dritte Anlauf für die Bebauung der Fläche an der Eurogate-Treppe: Der Planungsausschuss des Rates hat am Montagabend einstimmig in nichtöffentlicher Sitzung den Verkauf des knapp 12.000 Quadratmeter großen Grundstücks an der Schifferstraße beschlossen. Die Käufer: die Investorengemeinschaft Tecklenburg GmbH, BKI Beteiligung GmbH und Sunrise Liegenschaften GmbH.

„Bis Mitte 2024 müssen die Bauanträge gestellt werden, Baubeginn wird nicht vor 2025 sein“, prognostiziert Baudezernent Martin Linne.

Eurogate-Treppe & The Curve: Vom Filetgrundstück zum Millionengrab für Stadt Duisburg und Steuerzahler

An die Bebauung des mutmaßlichen „Filetgrundstücks“, das in den vergangenen 15 Jahren zum Millionengrab für Stadt und Steuerzahler wurde, macht sich nun der Straelener Bauunternehmer Hermann Tecklenburg, öffentlich bekannt als Fußball-Mäzen des Regionalligisten SV Straelen und Ehemann von Frauen-Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg.

Hinter BKI und Sunrise Liegenschaften stehen nach Informationen unserer Redaktion jene privaten Duisburger Kapitalgeber, die auch in das Wohnungsbau-Projekt „Deichhöfe“ an der Rheinklinik in Beeckerwerth investieren.

Büros, Hotels, Gastronomie – Supermarkt und Kita möglich

Tecklenburg präsentiert ein architektonisches Konzept, das auf sechs getrennte, jeweils achtgeschossige Häuser setzt, die sich um die Eurogate-Treppe reihen. Dabei sind Büro- und Verwaltungsnutzungen in vier Gebäuden vorgesehen; Hotels, Pensionen „und andere Beherbergungsbetriebe“ in zwei weiteren.

Eine Gastronomie für die Beschäftigten könnte in den Untergeschossen ebenso eingerichtet werden wie öffentliche Gaststätten und eine „Skybar“ auf dem Dach.

Möglich auch: ein Kindergarten für den Nachwuchs der Beschäftigten und ein Supermarkt bis 800 Quadratmeter Verkaufsfläche.

Und: Die Investoren verpflichten sich, die Bebauung bis September 2030 abzuschließen.

Stadt: Wohnungen ausgeschlossen

Der Straelener Bauunternehmer Hermann Tecklenburg präsentiert sein Konzept für die Bebauung der Eurogate-Fläche.
Der Straelener Bauunternehmer Hermann Tecklenburg präsentiert sein Konzept für die Bebauung der Eurogate-Fläche. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Das Nutzungskonzept ist noch nicht konkretisiert: „Die Darstellung zeigt einen aktuellen Planungsstand ohne Mieteransprachen, weswegen sich im weiteren Planungsprozess Nutzungen ändern oder in den Häusern verschieben können“, heißt es in der Präsentation.

Die städtebaulichen Anforderungen der Stadt an die Nutzung der Gebäude schließen eine Wohnnutzung allerdings aus.

In einer sogenannten „Konzeptvergabe“ wurden gebotener Preis und Entwurf je zur Hälfte gewichtet. Das Trio Tecklenburg/BKI/Sunrise habe „die strukturellen, städtebaulichen und wirtschaftlichen Anforderungen am besten erfüllt“, heißt es in der Vorlage für den Ausschuss.

70 Gutachten zum Grundstück als Entscheidungshilfe für Investoren

Nach Erfahrungen aus dem teuren Scheitern des vormaligen Projekts „The Curve“ des Düsseldorfer Investors DDP sieht der Kaufvertrag eine Übernahme des Grundstücks „wie es geht und steht“ vor. Mittlerweile 70 Gutachten boten potenziellen Interessenten eine Grundlage für ihre Entscheidung.

„Aber das Grundstück hat nach wie vor seine Spezialitäten“, sagt Baudezernent Linne mit Blick auf die Kampfmittel-Sondierung, die vor Baubeginn zu erfolgen hat. Sie wird erschwert durch die Verfüllung des Areals, die vor 15 Jahren nicht mit dem vorgeschriebenen Sand-Kies-Gemisch, sondern mit erzhaltigem Abraum aus dem Bergbau erfolgte.

Das Projekt von oben: Sechs Häuser wollen der Straelener Bauunternehmer und Duisburger Geldgeber am Holzhafen errichten. Damit soll die Entwicklung des Innenhafens nach zwei gescheiterten Anläufen gelingen.
Das Projekt von oben: Sechs Häuser wollen der Straelener Bauunternehmer und Duisburger Geldgeber am Holzhafen errichten. Damit soll die Entwicklung des Innenhafens nach zwei gescheiterten Anläufen gelingen. © Tecklenburg | Stadt Duisburg, Tecklenburg GmbH

Blindgängersuche: Stadt bleibt am Kostenrisiko weiterhin beteiligt

Für die Suche nach Blindgängern des Zweiten Weltkriegs wurde ein Konzept mit der Bezirksregierung abgestimmt. Es sieht vor, dass nur dort gesucht werden muss, wo Betonpfähle zur Gründung der Gebäude in den Untergrund eingebracht werden müssen.

Das finanzielle Risiko tragen die Investoren nicht allein: An den reinen Bergungskosten beteiligt sich die Stadt mit 50 Prozent, sie muss sich mit maximal 400.000 Euro auch an Deponierungskosten beteiligen, sollten sie 200.000 Euro überschreiten.

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Stadt muss erhebliche finanzielle Abstriche machen

Mögliche Risiken wurden vorab von Sachverständigen bewertet und seien „in den Mindestkaufpreis eingeflossen“. Beim Erlös muss die Stadt deshalb erhebliche Abstriche machen: Der Bodenwert von rund 9,23 Millionen Euro reduziert sich durch die „objektspezifischen Grundstücksmerkmale“ um rund 7,68 Millionen Euro auf rund 1,55 Millionen Euro – das war der Mindestkaufpreis, mit dem die Stadt ins Bieterverfahren ging.

Eine zweite Visualisierung des Bauvorhabens an der Eurogate-Treppe.
Eine zweite Visualisierung des Bauvorhabens an der Eurogate-Treppe. © Tecklenburg | Stadt Duisburg, Tecklenburg GmbH

>> VOM PRESTIGEPROJEKT ZUM MILLIONENGRAB

  • Der Bau eines Büro- und Tagungskomplexes, erdacht von Star-Architekt Norman Foster, sollte eigentlich der krönende Abschluss der Innenhafen-Entwicklung sein. Stattdessen schaffte es das Projekt zweimal ins Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler auf die Liste der größten Steuerverschwendungen in Deutschland. Die Vermarktung des „Filetgrundstücks“ wird für die Stadt mit einem zweistelligen Millionen-Minus enden.
  • Zunächst wurde 2009 für 11,8 Millionen Euro Fördergeld die Treppe gebaut, die nach sieben Jahren ohne Nutzung für 500.000 Euro saniert werden musste. Der Essener Projektentwickler Kölbl & Kruse war 2012 aus dem 120-Millionen-Projekt ausgestiegen, weil sich weder Investoren noch Mieter fanden.
  • Statt mit „The Curve“ die Kurve zu kriegen, avancierte das Leuchtturm-Projekt ab 2016 endgültig zur Skandal-Baustelle. Aus der Pflicht, das nicht tragfähige Wassergrundstück baureif machen zu müssen, musste sich die Stadt bereits im Herbst 2018 beim Projektentwickler „Die Developer“ (ddp) mit mehreren Millionen Euro freikaufen.
  • Nach eigenen Angaben hat die Stadt bisher 12,3 Millionen Euro investiert, einen Großteil davon für eine Ausgleichszahlung an den Investor ddp, der nach gescheiterten Verhandlungen um die Kosten für die Kampfmittel-Sondierung 2020 ausgestiegen war. Im vergangenen Jahr hatte die Stadt das Projekt neu ausgeschrieben und war auf der Immobilienmesse Expo Real in München auf Investorensuche gegangen.