Duisburg. Stadt und „Die Developer“ haben das Bauprojekt „The Curve“ abgebrochen. Es ist das jüngste Scheitern einer teuren Pleitenserie, die 2008 begann.
Das gescheiterte Bauprojekt The Curve ist eng mit der schon 2009 fertiggestellten Stufenpromenade im Duisburger Innenhafen verbunden. An dieser liegt die Skandal- und Problembaustelle. Die Eurogate-Promenade ist für viele Duisburger ein Treppenwitz, für den ihre Stadt zurecht Spott erntet. Die Treppe ins Nichts hat sich über die Jahre als Symbol für Pleiten und Prestigedenken etabliert. Für den Bund der Steuerzahler (BdSt) ist die Stahlbetontreppe ein Musterbeispiel dafür, dass Fördermittel vor allem aus einem Grund verbaut werden: damit sie nicht verfallen.
Eurogate Duisburg: Stadt baute vorauseilend passgenau ohne Investor
So hatte sich die Stadtspitze unter dem damaligen Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) den Visionen des Star-Architekten Norman Foster ohne Not vorauseilend hingegeben. Der Brite hatte bereits 1990 für den ehemaligen Holzhafen eine stählerne Glassichel als „Kompetenzzentrum für Strukturwandel, Städtebau und erneuerbare Energien“ vorgeschlagen. In Fosters Masterplan sollte der ellipsenförmige Paradebau Eurogate der Beginn der Innenhafen-Entwicklung von einer Industriebrache zum Büro-, Freizeit-, Kultur- und Wohnstandort sein. Heute ist die Eurogate-Lücke das letzte fehlende Teilstück im Innenhafen. Nach dem Abbruch des The Curve-Projektes klafft die Lücke noch einige Jahre länger.
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2006 stellten Foster und Partner die Pläne für ihren Büro- und Tagungskomplex auf der internationalen Immobilienmesse MIPIM in Cannes vor. Obwohl sich kein Investor fand, ließen Sauerland & Co. die Kurve passgenau für Eurogate ausbauen, um sich etwa 11,8 Millionen Euro Fördergelder – überwiegend des Landes NRW und der EU – nicht entgehen zu lassen. Sieben Jahre später musste die Stadt die ungenutzte Treppe sogar für 500.000 Euro sanieren!
Kölbl und Kruse fanden trotz Treppe keine Mieter und Investoren
Seit 2009 steht die Eurogate-Treppe ohne Eurogate sinnlos im Innenhafen. Vor den Developern aus Düsseldorf hatten im Juni 2012 die Essener Projektentwickler Kölbl und Kruse einen Rückzieher aus dem Projekt gemacht, das seinerzeit auf 120 Millionen Euro beziffert worden war. Ihren Ausstieg erklärten die Immobilienprofis damit, dass sie für das angebliche Filetstück weder Mieter noch Investoren finden konnten. Dabei waren die Bauflächen im Vergleich zu Fosters ursprünglicher Vision bereits deutlich verkleinert worden.
2016 sah es dann danach aus, als würde Duisburg endlich die Kurve kriegen: „Die Developer“ (ddp) präsentierten ihre Pläne zur Wiederbelebung des Leuchtturmprojektes. Luxus-Wohnungen, ein Hotel und Büros sollten Ende 2019 fertig sein. Stattdessen aber avancierte das nicht tragfähige Wassergrundstück an der Treppe wegen der Fehler aus der Vergangenheit und einer offenbar überforderten Verwaltung endgültig zur Skandalbaustelle.
Unnötige Selbstverpflichtung und erschwerte Blingängersuche
Bereits im Herbst 2018 musste der Stadtrat mit einem Nachtragsvertrag Millionenverluste absegnen: Die Stadt zahlte den Developern dem Vernehmen nach vier bis fünf Millionen Euro, um von der Pflicht befreit zu werden, das Gelände baureif zu machen. Für diese ebenso unnötige wie ungewöhnliche Selbstverpflichtung machten Stadtspitze und GroKo den damaligen Baudezernenten Carsten Tum verantwortlich: Er musste Ende 2018 gehen – auf den Chefsessel der städtischen Entwicklungsgesellschaft EG DU (siehe Infobox).
Zuletzt hatten Tums Nachfolger Martin Linne und Wirtschaftsdezernent Andree Haack die Eckpfeiler für Verhandlungen über einen zweiten Nachtragsvertrag mit ddp ausgearbeitet. Der vom Rat abgesegnete Vorschlag sah vor, dass die Düsseldorfer die Bohrpfähle im nicht tragfähigen Grund errichten und die Verantwortung für die Suche und Beseitigung von Weltkriegsbomben übernehmen. Die Kampfmittelsondierung wird schwieriger und teurer als kalkuliert, auch weil die städtische Duisburg Entwicklungsgesellschaft (IDE) das Areal 2007/08 nicht mit dem vorgeschriebenen Kies-Sand-Gemisch verfüllt hatte, sondern mit erzhaltigem Abfallmaterial aus der Steinkohlegewinnung.
Wegen dieser Kosten und Risiken forderte ddp einen Nachlass auf den Kaufpreis von fünf Millionen Euro und eine Sicherheitspauschale in Höhe von 500.000. Von 6,5 Millionen Euro Kaufpreis wäre der Stadt lediglich ein Ertrag von einer Million Euro geblieben.
Kein Schadensersatz von Ex-Dezernenten Tum und Lesmeiser
Ex-Stadtentwicklungsdezernent Carsten Tum war im Juli 2018 beurlaubt worden. Ihm lasteten Verwaltungsspitze, SPD und CDU an, dass die Stadt nur unter Millionenzahlung aus dem Vertrag mit „Die Developer“ herauskam, nachdem es technische und finanzielle Probleme gab, das Grundstück für „The Curve“ baureif zu machen.
Der Rat hatte die Verwaltung im Juli 2018 beauftragt, Schadensersatzansprüche zu prüfen. Laut einer gutachterlichen Stellungnahme einer Düsseldorfer Kanzlei kämen Schadensersatzansprüche gegen Tum und die ehemalige Rechtsdezernentin Daniela Lesmeister in Betracht. Es gebe zwar Anhaltspunkte für Dienstpflichtverletzungen, eine Haftung setze jedoch die Kausalität zwischen diesen und dem Schaden sowie grobe Fahrlässigkeit voraus. Das sei im Falle der beiden eher unwahrscheinlich.
Zudem sei wegen beamtenrechtlichen Fürsorgegründen zu erwarten, dass nur ein Bruchteil des Schadens durchgesetzt werden könnte. Die Kanzlei empfiehlt entsprechend, auf Schadensersatzklagen zu verzichten. (pw)
Was hat The Curve die Stadt Duisburg gekostet?
Warum sich in den Verhandlungen der vergangenen Wochen die Developer und das um externe Juristen verstärkte OB-Team trotzdem nicht einigen konnten? Dem Vernehmen nach sollte OB Link auf Antrag von SPD und CDU 500.000 Euro mehr rausholen. Einen überzeugten Investor dürfte das von einem 100-Millionen-Projekt kaum abhalten, zumal Duisburg im anhaltenden Immobilienboom als B-Standort zunehmend interessanter wird. Oder gibt es bereits einen anderen Interessenten? Spekulation. Aber sogar die Developer, sagte Dezernent Haack im Rat, sollen signalisiert haben, sich möglicherweise an der neuen Ausschreibung erneut beteiligen zu wollen – obwohl sie das Grundstück dann doch baureif machen und nach Weltkriegsbomben suchen müssten.
Wie teuer The Curve Duisburg insgesamt zu stehen kommt, ist schon jetzt schwer zu beziffern. Man darf auf die offizielle Antwort auf die Frage der Junges Duisburg/DAL-Fraktion im Stadtrat gespannt sein. Stephan Wedding bat Oberbürgermeister Sören Link am Montagabend „um eine Auflistung, wie viel die Stadt aufgewendet hat, um ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen“.
Sicher ist: Der Schaden durch Fehler der Vergangenheit ist schon jetzt immens.