Duisburg. Die Gebag hat ihr 150-jähriges Bestehen gefeiert. Was beim Festakt positiv überraschte und was der Chef Mietern zum Dezember-Abschlag versprach.
Wie sollte ein kommunales Wohnungsbauunternehmen ein Jubiläum feiern, wenn die aktuelle Multi-Krise es zwingt, alle Neubauprojekte auf den Prüfstand zu stellen? Wenn die Energiepreiskrise viele seiner 35.000 Mieterinnen und Mieter um den Schlaf bringt? Der Duisburger Gebag, einer der ältesten Wohnungsgesellschaften Deutschlands, ist mit ihrem Festakt zum 150-jährigen Bestehen ein angemessener Kompromiss gelungen – mit einem überraschend kurzweiligen Programm.
Das erlebten am Dienstag etwa 300 geladene Gäste aus Politik und Stadtkonzern, Architektur und Gebag-Belegschaft in der Gebläsehalle des Landschaftsparks. Ihren etwa 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schenkte die Firma zum Jubiläum weiße Sneaker mit Schnürsenkeln in Gebag-Türkis. So gut wie dieses Präsent kam auch die Verpflichtung zweier Unterhaltungsroutiniers an: WDR-Moderatorin Steffi Neu aus Uedem und Kabarettist Kai Magnus Sting aus Neudorf.
Gebag feiert im Landschaftspark Duisburg-Nord 150-jähriges Bestehen ohne Reden
Neu forderte zum Auftakt mit Erfolg Applaus ein mit der Ankündigung einer Feier „ohne eine einzige Rede“. Kulisse ihrer Talkrunde, zu der es final auch NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach noch schaffte, war eine nachgebaute Trinkhalle – weil eine „bodenständige Bude gut zu unserem Unternehmen passt“, meinte Gebag-Chef Bernd Wortmeyer.
In den Gesprächen hielten sich Werbeblöcke und Lobhudeleien aber in Grenzen. Stattdessen waren auch Sorgen Thema. Schließlich habe die Wohnungswirtschaft „noch nie vor so großen Herausforderungen gestanden“, meinte Wortmeyer. Und versicherte: „Wir geben kein einziges Projekt auf, müssen aber neu planen.“ Er rechne mit „großen gesellschaftlichen Verwerfungen – die finden auch in unseren Beständen statt“.
Gebag will Mietern Dezember-Abschlag vor Heizkostenabrechnung zurückzahlen
12.577 Wohnungen besaß die Gebag 2021, darunter 3136 öffentlich geförderte. Trotz „politisch unzuverlässiger Rahmenbedingungen“, so Wortmeyer, werde die Gebag versuchen, die anstehenden staatlichen Entlastungen „so früh wie möglich“ an ihre Mieter auszuzahlen. Zwar sollen Vermieter ein Jahr Zeit für die Abrechnung des Dezember-Gas-Abschlags bekommen, aber die Gebag wolle das Geld lange vor der jährlichen Heizkostenabrechnung weitergeben. Etwa 60 Prozent ihrer Mieter heizen mit Gas.
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Der 2014 angetretene Gebag-Chef kann sein Bemühen, bezahlbaren und „qualitativ guten Wohnraum“ schaffen zu wollen, mit etlichen Modernisierungen und hohen Investitionen untermauern. Glaubhaft wirkte auf der Bühne auch darum sein Verweis auf Danke-Mails von Mietern, die er „so oft bekomme wie Mails mit Beschwerden“. Als Beispiel zitierte er, fast bewegt, was ihm Kinder einer 87 Jahre alten Mieterin geschrieben haben: Der Hausmeister habe nach einem Stromausfall in der Wohnung der Seniorin binnen einer Stunde mit viel Empathie geholfen.
Vom Sorgenkind zur Schaltzentrale
Anerkennung ernteten Wortmeyer und sein Team bei der Feier erneut, weil sie die Gebag nach der drohenden Insolvenz durch das Küppersmühlen-Desaster vom Sorgenkind zur Schaltzentrale für Stadtentwicklung umgebaut haben. Zu den Gratulanten „anne Bude“ zählten Oberbürgermeister Sören Link, Aufsichtsratschef Bruno Sagurna, IHK-Chef Stefan Dietzfelbinger und Alexander Rychter, Direktor des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen. OB Link dankte auch den politischen Entscheidungsträgern, die 2012 die Gebag-Rettung ermöglicht und eine Privatisierung verhindert hatten.
IHK-Chef Dietzfelbinger erinnerte daran, dass am 24. Dezember 1872 allerdings Unternehmer die Gebag ins Leben riefen. Die Gründer wollten laut Statut „den weniger bemittelten Einwohnern billige, gesunde, gut eingerichtete, das Familienleben fördernde Wohnungen und Gelegenheit zum Erwerb desselben verschaffen“.
Lacher für Sting, Dank an Ministerin
Die Gebag ist inzwischen auch Flächenentwickler und bald „vermutlich Deutschlands größter Kita-Bewirtschafter“ (Bernd Wortmeyer; wir berichteten über den Kita-Mietstreit) – sie sei „immer das, was die Stadt gerade braucht“, sagte Ina Scharrenbach. Die Ministerin und die hiesigen Stadtentwickler schätzen die Zusammenarbeit wohl tatsächlich. Bemerkenswert war ein Dankeswort „für immer engagierten, konstruktiven Austausch“ an die CDU-Politikerin. Sören Link, Dauerkritiker der CDU-geführten Landesregierungen, sagte weiter: „Was wir mit 6-Seen-Wedau und den Duisburger Dünen geschafft haben, wäre ohne das Land nicht möglich gewesen.“
Programmhöhepunkt war für die meisten Gäste allerdings, unüberhörbar, der Auftritt von Kai Magnus Sting für die „Gebach“. Der Lokalmatador scherzte sich bei seinen im Ruhrhochdeutsch vorgetragenen Heimat- und Wohngeschichten derart in Rage, dass sich schnell Dauergelächter einstellte.
>> ONLINE-ZEITSTRAHL UND ANTI-MOBBING-KAMPAGNE
- Das Jubiläumsjahr 2022 mit mehreren Mieterfesten hat die Gebag unters Motto „Danke, DU“ gestellt. Seit Dienstag ist www.danke-du.de online – ein Zeitstrahl zu 150 Jahren Stadt- und Firmengeschichte mit historischen Fotos.
- Die Gebag hat zum Jubiläum mit der Social Parts gGmbH, Haniel und der Sparkassenstiftung zudem die Kampagne „NOMO bbing“ initiiert. Diese stellte beim Festakt Bülent Aksen vor: An fünf Schulen werden mit Künstlern und Musikern Workshops und Trainings durchgeführt, um Jugendliche zu sensibilisieren und Strategien gegen Mobbing aufzuzeigen.