Duisburg. Würgemale, Schussverletzungen, Medikamentendosen: Rechtsmediziner Dr. Peter Gabriel ist bei seiner Arbeit in Duisburg dem Tod auf der Spur.

Sein Arbeitsleben gehört den Toten. Dr. Peter Gabriel ist Leiter des Instituts für Rechtsmedizin bei den Sana-Kliniken in Duisburg und obduziert im Jahr zwischen 600 und 650 Leichen. Diese Aufgabe bewältigen mit ihm eine festangestellte Kollegin und nach Bedarf einige freie Ärzte. Mitarbeiterin Eva Arndt sprach mit dem 55-Jährigen über die Herausforderungen seines speziellen Aufgabenbereichs.

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Die Aufgaben von Rechtsmedizinern und Pathologen

Was unterscheidet die Arbeit eines Rechtsmediziners von der eines Pathologen?

Als Rechtsmediziner untersuchen wir Fälle, bei denen die Todesursache ungeklärt ist. Das können Tote durch Verkehrsunfälle sein, Opfer von Gewalttaten oder auch Menschen, die zu Hause gestorben sind und bei denen die Ursache nicht ganz klar ist. Die Pathologen untersuchen Patienten, die zum Beispiel im Krankenhaus verstorben sind, bei denen aber die Todesursache geklärt ist.

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Wann und wie beginnt Ihr Arbeitsalltag?

Ich fange hier im Sektionssaal um 9.30 Uhr an. Vorher bin ich allerdings um 8 Uhr bereits im Krematorium von Duisburg zur zweiten Leichenschau. Denn es müssen immer zwei Ärzte eine Leiche untersuchen. Der erste Arzt am Ort muss den Totenschein ausstellen, ein zweiter Arzt untersucht noch einmal.

Der Pathologe Dr. Peter Gabriel steht in der Gerichtsmedizin an der Sana Klinik an der Waage.
Der Pathologe Dr. Peter Gabriel steht in der Gerichtsmedizin an der Sana Klinik an der Waage. © FUNKE Foto Services | Oliver Mueller

Es kann passieren, dass Tötungsdelikte übersehen werden

Man sagt, dass es eine hohe Zahl von Toten gibt, die durch Verbrechen ums Leben gekommen sind, was aber manche Ärzte nicht erkennen. Wie hoch wird die Dunkelziffer sein?

Die wird nicht so hoch sein, wie man immer liest und hört. Aber natürlich gibt es Fälle, in denen Tötungsdelikte übersehen werden.

Wie kann es passieren, dass ein Arzt nicht erkennt, dass ein Mensch einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist?

Zum einen werden die Ärzte für eine solche Untersuchung nicht ausgebildet. Das fordern wir seit langem. Zum anderen ist es manchmal wirklich schwierig, eine Gewalttat zu entdecken.

Wo liegt denn das Problem für die Ärzte, einen natürlichen Tod von einem gewaltsamen zu unterscheiden?

Das ist vor allem in Krankenhäusern und Altenheimen schwierig. Denn da liegen häufig Menschen mit Mehrfacherkrankungen. Oft sind es sehr betagte Patienten. Wenn ein alter Mensch stirbt, der viele Vorerkrankungen hatte, ist das ja auch nichts Ungewöhnliches.

Auf der Lauer liegen, um Serienmörder zu enttarnen

Wie kommt man in solchen Fällen Verbrechen auf die Spur?

Es gab ja Fälle von Serienmördern. In der Vergangenheit ist es mehrfach passiert, dass es in Altenheimen und Krankenhäusern plötzlich eine Häufung von Todesfällen gab. Da sagt man sich, der Patient war zwar schwer vorerkrankt, aber seinen Tod hat man jetzt nicht erwartet. Es gab einen Fall, dass Mitarbeiter auf einer Station misstrauisch wurden und sich auf die Lauer gelegt haben. In einem Fall hat man eine Mitarbeiterin überführt, als sie gerade einem Patienten einen tödlichen Medikamentencocktail verabreicht hat. Dann hat man alle Abfallbehälter akribisch durchsucht und festgestellt, dass sich dort tatsächlich diese Medikamente fanden. Solche Verbrechen in dem Umfeld sind wirklich schwierig aufzuklären.

Welche Art von tödlichen Verletzungen müssen Sie bei Ihrer Arbeit besonders häufig untersuchen?

Wir haben es hier in der Region weniger mit Verletzungen durch Schusswaffen zu tun. Aber natürlich gibt es sehr viele Gewalttaten durch Messerattacken.

Besondere Herausforderung bei Mehrfachverletzungen

Ist Ihr Beruf für Sie nach so vielen Jahren reine Routine oder gibt es auch für Sie – wie in allen anderen Berufen – Herausforderungen, die für Sie noch spannend sind?

Ja, natürlich gibt es die auch für mich. Vor allem, wenn ein Opfer Mehrfachverletzungen hat und man herausfinden muss, an welcher Verletzung der Mensch gestorben ist.

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Wenn jemand zum Beispiel Würgemerkmale hat und auch eine Schussverletzung: Wie können Sie feststellen, woran das Opfer gestorben ist?

Würgen verursacht einen Blutstau. Das können Sie bei der Obduktion sehen. Zum Beispiel an Staublutungen in den Augen. Wenn das Opfer keine Staublutungen hat, muss er an der Schussverletzung gestorben sein.

Warum ist es bei Mehrfachverletzungen wichtig, herauszufinden, an welchem Trauma die Person gestorben ist?

Das Ergebnis hat Auswirkungen auf das Strafmaß. Ich fertige auch Gutachten an, und die sind bei Gerichtsprozessen relevant. Es macht beispielsweise einen Unterschied, ob jemand wegen Körperverletzung oder gefährlicher Körperverletzung verurteilt wird. Da ist es auch immer von Bedeutung, welche Tatwerkzeuge benutzt wurden.

Können Sie das näher erklären?

Wenn die Polizei bei einer Schießerei eine Tatwaffe sucht und wenig Anhaltspunkte hat, kann man anhand der Projektile, die wir im Körper finden, bestimmen, nach welcher Schusswaffe die Polizei suchen muss.

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Manche Fälle nimmt man mit nach Hause

Können Sie nach Ihrer Arbeit problemlos in den Feierabend übergehen? Oder nehmen Sie einige Fälle mit nach Hause?

Im Normalfall kann ich völlig abschalten, das ist auch wichtig. Aber es gibt Fälle, die lassen einen nicht los. Man weiß nie, wann so etwas passiert. Ich habe mal ein vierjähriges Mädchen obduziert, das die gleichen Pantoffeln trug wie meine Tochter, die damals auch vier Jahre alt war. Das geht mir heute noch nach.

Würden Sie Ihren Beruf noch einmal ergreifen?

Ja, auf jeden Fall. Es ist eine wirklich spannende Aufgabe.

Mit diesen Instrumenten wird in der Pathologie gearbeitet.
Mit diesen Instrumenten wird in der Pathologie gearbeitet. © FUNKE Foto Services | Oliver Mueller

>>>DAS RECHTSMEDIZINISCHE INSTITUT DUISBURG

  • Das Rechtsmedizinische Institut hat einen riesigen Einzugsbereich. Es ist für die Städte Krefeld, Mülheim, Oberhausen, die Kreise Wesel, Kleve und Duisburg zuständig. Beauftragt wird es von der Staatsanwaltschaft oder der Polizei.
  • Es ist immer dann gefragt, wenn ein gewaltsamer Tod vorliegt oder die Todesursache unklar ist. Die Gebiete, für die Rechtsmediziner Dr. Peter Gabriel zuständig ist, sind nach Gerichtsbezirken aufgeteilt.