Duisburg. Wohntürme mit Solaranlagen, Gewächshäuser und Tennisplätze auf den Dächern: So stellen sich die neuen Besitzer das Alga-Gelände am Rhein vor.
Duisburg liegt zwar am Rhein, aber nur vereinzelt sind Wohnhäuser nah am Strom gebaut. In Wanheim etwa. Einige hundert Meter weiter flussabwärts, in Hochfeld am Rheinpark, soll das neue Wohngebiet „Rheinort“ auf dem ehemaligen Drahtwerk-Gelände von Arcelor-Mittal Duisburg an den Rhein rücken. Noch näher am Wasser plant die ZAR Real Estate Holding zwischen Rheinpark und Wanheim eines der spektakulärsten Wohnprojekte in NRW: Auf dem ehemaligen Alga-Gelände in Wanheimerort soll ein gemischt genutztes Stadtquartier entstehen (wir berichteten). Noch mehr als der buchstäblich nahe liegende, viel versprechende Projektname „Algarve“ sorgen erste Visualisierungen für Aufsehen in der Immobilienbranche.
Die Veranschaulichung von Ideen für das zehn Hektar große Areal zwischen Rhein, Wanheimer Straße und Kultushafen hatte ZAR beim jungen Berliner Büro Jan Wiese Architekten (JWA) beauftragt, erläutert ZAR-Geschäftsführer Martin Hofmann. Die Visualisierungen präsentierten die Münchener Projektentwickler jüngst etwa auf Europas größter Immobilienmesse, der Expo Real, am eigenen Stand.
[Wo gibt es Neubaugebiete in Duisburg? Wo steigen die Mieten? Spezialseite zum Thema Wohnen, Bauen und Immobilien.]
An zwölf Projekten arbeite ZAR zurzeit, schwerpunktmäßig in A-Städten wie München, Berlin und Düsseldorf. Das Interesse an Algarve aber sei besonders groß – nicht nur, weil es das ZAR-Projekt mit der größten Fläche sei, schwärmt Hofmann: „Eine Entwicklung direkt am Rhein, die Altes und Neues verbindet, mit Industriegebäuden aus den 20er- und 30er-Jahren, dazu die gemischte Nutzung – das ist schon etwas Außergewöhnliches.“
Auch interessant
Algarve in Duisburg-Wanheimerort: Hochwertiges Wohnen mit Rheinblick
Die Visualisierungen zeigen vor der Duisburger Skyline, zwischen Rhein und Wanheimer Straße, einen Großstadt-Zukunftstraum vom hochwertigen Wohnen und Arbeiten am Wasser. Tennisplätze und Laufbahnen auf Parkhäusern und „Mobility Hubs“ (für den schnellen Wechsel von einem Verkehrsmittel aufs andere). Acht weiße Hochhäuser mit Solaranlagen auf den Dächern. Balkone mit Rheinblick.
Ein paar Stockwerke tiefer, auf revitalisierten Hallen des ehemaligen Kabelwerks, ist Platz für „Urban farming“ in Gewächshäusern, für Dachterrassen mit großen Laubbäumen und einem Basketballfeld. Hochpunkt des Quartiers ist auch in dieser Vision noch der komplett bewachsene Alga-Turm – Landmarke, Funkturm und Aussichtsplattform zugleich. Eine Uferpromenade führt am Wasser entlang zum für die IGA 2027 umgebauten Kultushafen.
Ansichten aus dem Inneren des Viertels zeigen die neue Funktion von Werkhallen – und warum es sich auch für Nachbarn lohnen soll, hierher zu kommen: Auf einer parkähnlichen Flanier- und Geschäftsstraße führt ein Radweg vorbei an Cafés. In einer offenen Markthalle können Anwohner, Wanheimerorter und Büroarbeiter regionales Obst und Gemüse einkaufen.
Zur IGA 2027 sollen erste Gebäude fertig sein
Diese Vision soll ein Vorgeschmack sein“, sagt ZAR-Prokurist Gerrit S. Molineus. Zwei Punkte betonen er und Martin Hofmann immer wieder: Auch die jetzigen Anwohner sollen Algarve nutzen wollen, es dürfe „kein abgeschottetes Quartier“ werden. Und: „Die Wanheimer Straße soll eine lebendige Straße werden.“
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
Die Einbeziehung der Nachbarn sei, zweitens, für die neuen Grundstücksbesitzer mehr als eine Pflichtaufgabe, sondern Teil des Konzepts, versichert Molineus. „Nur so können wir Wechselwirkungen zwischen Wanheimerort und Algarve auslösen.“
„Wir starten 2023 mit der Kommune ins Bauleitverfahren“, kündigt Hofmann an. Ein erster Schritt sei ein städtebaulicher Wettbewerb. Auch „international renommierte Büros, die sich die Projekte aussuchen können, spitzen schon die Ohren“. Hofmanns noch vage formuliertes, aber ehrgeiziges Ziel: Zur IGA 2027 „sollen ersten Gebäude fertig sein“.
Erste Pläne für Wohn- und Gewerbepark scheiterten
So viel zu den Visionen … vor Bauleitplanung und Investorensuche. Pläne und Visualisierungen für einen großen Wurf präsentierte 2016 bereits der Vorbesitzer des Grundstücks, Horst Gassmann, Geschäftsführer des niedersächsischen Nutzfahrzeughändlers Alga.
Aber aus dem Wohn- und Gewerbepark mit sieben Hochhäusern, die den 53 Meter hohen Alga-Turm sogar noch überragen sollten, wurde nichts. Und heute machen die Multikrise mit Baupreisexplosion und Rezessionsängsten ein Mammutprojekt auf einer riesigen Industrie- und Brachfläche – mit einem Investitionsvolumen von 717 Millionen Euro (ZAR-Schätzung) – noch schwerer kalkulierbar.
Geschäftsführer Hofmann gibt sich gelassen: „Es kommen wieder bessere Zeiten – nicht erst in vier, fünf Jahren.“ Zumal die Planungs- und Genehmigungsphase „durchfinanziert“ sei und bis zur Suche nach Investoren und Baufirmen noch Zeit ist. Die Zeit sehen die Münchener bei ihrem ersten Projekt im Ruhrgebiet ohnehin auf ihrer Seite. Ihre Strategie an dem „Standort, der sich unter den B-Städten am besten“ entwickle, sei eine „sehr langfristige“, so Hofmann.
IGA und „Urbane Zukunft Ruhr“ als Standortfaktoren
Was den Geschäftsführer optimistisch stimmt: die Nähe zum Düsseldorfer Immobilienmarkt einerseits, zum IGA-Gelände und zu Hochfeld andererseits. Schließlich will das Wirtschaftsbündnis Initiativkreis Ruhr (IR) das Problemviertel mit dem Leuchtturmprojekt „Urbane Zukunft Ruhr“ zum Vorzeigequartier des Ruhrgebiets machen.
Und dann seien da ja noch die anderen, bereits gestarteten Großprojekte mit Strahlkraft, die Duisburger Dünen, 6-Seen-Wedau und der Technologiepark Wedau-Nord. Für den Standort Duisburg, bilanzieren die neuen „Großgrundbesitzer“ aus München, dass es den hiesigen Wirtschaftsförderern und der Rathausspitze eine Freude sein wird, spreche das „internationale Potenzial mit den richtigen Weichenstellungen“, so Hofmann.
Im internationalen Vergleich müsste sich wohl auch Duisburgs Algarve am Rhein nicht verstecken – sofern die Umsetzung später annähernd so viel hält wie die ersten Architektenträume versprechen.
>> Standort-Geschichte: Altes Kabelwerk und Alga-Gelände
- Das zehn Hektar große Alga-Areal gilt als Keimzelle für die Entwicklung von Wanheimerort.
- Das Kabelwerk, das seit 1894 auf dem Gelände bestand, beschäftige in Spitzenzeiten bis zu 2000 Mitarbeiter.
- Nutzfahrzeughändler Alga hatte Ende der 80er-Jahre eine Niederlassung in Düsseldorf eröffnet und war 1996 nach Duisburg umgezogen.
- Aktuell beherbergen Teil des Geländes noch Unternehmen aus den Bereichen Logistik, Spedition und KFZ-Gewerbe, die dort Büros, Lagerhallen und Werkstätten nutzten. Zudem stehen noch nicht mehr genutzte alte Hallen auf dem teilweise brachliegenden Industriegelände.