Duisburg. Für zwei Duisburger ist Corona auch zwei Jahre nach der Infektion noch präsent: Sie leiden an Long Covid. Wie sie eine Selbsthilfegruppe stärkt.
Wenn Silke Berner-Cakic Bilder von vollen Fußballstadien oder Oktoberfestzelten sieht, schüttelt sie den Kopf. „Unverständlich“, flüstert sie. Während viele wieder zu ihrem Alltag wie vor der Pandemie zurückkehren, kämpft die Duisburgerin noch heute mit den Folgen ihrer Covid-Infektion. Sie sagt: „Corona hat mein Leben verändert.“
Die 44-Jährige infizierte sich im November 2020 mit Corona und leidet seitdem unter Post-Covid-Symptomen: Muskel- und Gelenkschmerzen, ständige Erschöpfung, Kopfschmerzen. „Ich war früher zwei- bis dreimal pro Woche beim Sport – jetzt gar nicht mehr. Auch die Arbeit im Haushalt muss ich mir einteilen, weil es sonst zu anstrengend wird“, sagt sie. 25 Jahre hatte sie als Altenpflegerin gearbeitet. Wegen Post-Covid ist sie seit Oktober 2021 krankgeschrieben.
Facebook-Gruppe zu Long Covid hat mittlerweile über 300 Mitglieder
Die Infektion hat ihr nicht nur körperlichen Schaden zugefügt: „Ich kämpfe seit diesem Jahr auch mit Depressionen wegen der Krankheit.“ Alle zwei Wochen geht sie deswegen zu einem Psychotherapeuten. Mit ihrem Mann Dejan Cakic, der unter ähnlichen Symptomen leidet, hat sie zusätzlich im Frühjahr 2021 eine Selbsthilfegruppe gegründet – zunächst über Facebook, dann auch im persönlichen Austausch.
Die Facebook-Gruppe „Covid 19! Und jetzt? Für Duisburg und Umgebung“ zählte innerhalb von zwei Wochen über 200 Mitglieder. Mittlerweile sind ihr 323 Mitglieder beigetreten. „Das sind natürlich zu viele, um sich persönlich miteinander zu unterhalten“, sagt Silke Berner-Cakic. Die eigentliche Selbsthilfegruppe hat daher nur 20 Mitglieder.
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Sie treffen sich immer mittwochs von 18 bis 19.30 Uhr, meistens per Videokonferenz über die Plattform „Zoom“. Jede Sitzung starte damit, dass jeder von seiner vergangenen Woche berichtet. Das Besondere an der Gruppe: „Wir haben alle Probleme mit der selben Krankheit, machen aber ganz unterschiedliche Erfahrungen damit. Und die tauschen wir dann untereinander aus“, erklärt die 44-Jährige.
Peter Eichholz von Corona hart getroffen: „Ich war ein Wrack“
Danach würden unterschiedliche Themen besprochen: mal Persönliches, mal Politisches – „das entwickelt sich dann von selbst“. Zum Beispiel würden die Mitglieder diskutieren, wie man am besten mit Impfgegnern im eigenen Umfeld umgeht. „Das ist natürlich besonders unangenehm, wenn man selber von Long Covid betroffen ist“, sagt Berner-Cakic.
Peter Eichholz (59) aus Duisburg ist ebenfalls Mitglied der Gruppe. Auch ihn hat das Virus besonders hart erwischt. Eine Woche nach der Ansteckung im März 2020 musste er ins Krankenhaus. Er kam direkt auf die Intensivstation und lag anschließend zweieinhalb Wochen im Koma. „Erst nach vier Wochen konnte ich das Krankenhaus wieder verlassen. Da war ich ein Wrack, ich konnte nichts“, sagt er.
59-Jähriger: „Lasst euch in Gruppen helfen“
Heute geht es ihm besser, aber immer noch nicht gut. Noch immer kämpft Eichholz mit Atemnot und Müdigkeit. Manchmal fallen ihm Wörter oder Namen nicht ein. Trotzdem würden manche seine Probleme nicht ernst nehmen: „Viele glauben, das sei alles nicht so schlimm, weil von außen sieht man es ja nicht direkt, wie schlecht es den Betroffenen geht“, sagt der 59-Jährige.
Die Selbsthilfegruppe habe ihm beim Umgang mit den Corona-Folgen geholfen: „Hier werden alle ernst genommen. Wir helfen uns gegenseitig.“ Er appelliert an alle Betroffenen: „Lasst euch in Gruppen helfen. Sich in eine Kammer alleine zurückzuziehen, hilft niemandem.“
>> Long- und Post-Covid: So viele Menschen sind betroffen
- Wenn Corona-Erkrankte die Symptome auch mehr als vier Wochen nach der Infektion noch spüren, wird dies als „Long Covid“ bezeichnet. Das geben die Leitlinien des britischen National Institute for Health and Care Excellence (NICE) vor. „Post-Covid-Syndrom“ werden Symptome genannt, die noch mehr als zwölf Wochen vorhanden sind.
- Wie viele Corona-Erkrankte auch von Long Covid betroffen sind, ist noch nicht abschließend erforscht. Das National Center for Biotechnology Information (NCBI) hat Langzeitfolgen bei 7,5 bis 41 Prozent aller Erkrankten festgestellt, die nicht wegen Corona ins Krankenhaus mussten. Bei Erkrankten, die im Krankenhaus behandelt werden mussten, liegt der Wert bei 37,6 Prozent.