Sprockhövel/Essen. Ein Sprockhöveler (50) kassiert zu Unrecht Corona-Soforthilfen. Jetzt muss er ins Gefängnis. Wie und in welcher Höhe er den Staat betrogen hat.

Ein Mann aus Sprockhövel kassiert zu Unrecht Corona-Soforthilfen. Jetzt muss er ins Gefängnis. Wer im Internet die Profilbeschreibung des Angeklagten liest, wird nicht schlecht staunen. Von „strategischer und operativer Geschäftsführung“ ist da die Rede. Von „überdurchschnittlichen Erfolgsquoten“ und „gewinnbringenden Konzepten“. Tatsächlich ist der 50-Jährige aus Sprockhövel jedoch ein notorischer Betrüger. Jetzt muss er ins Gefängnis. Die 1. Strafkammer am Essener Landgericht hat den selbst ernannten Projektmanager am Montag zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt – wegen Subventionsbetrugs.

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Gut bezahlter Job im Supermarkt

Der Angeklagte hatte ab März 2020 für gleich mehrere Firmen Corona-Soforthilfen beantragt. 27.000 Euro waren ihm auch ausgezahlt worden. Weitere 47.000 Euro, die er ebenfalls beantragt hatte, waren dagegen nicht mehr überwiesen worden. Die Firmen hatte es zwar tatsächlich gegeben, aktiv waren sie aber schon länger nicht mehr. Sie stammten noch aus der früheren Selbstständigkeit des Angeklagten. Zur Tatzeit hatte er einen guten Job bei einer Supermarktkette. Nettogehalt: rund 2.500 Euro. Das Geld aus dem „Corona-Topf“ hatte der Sprockhöveler damals sofort abgehoben. „Ich habe mir einen Audi gekauft“, sagte er den Richtern. Außerdem habe er Schulden begleichen wollen. Denn davon hatte der 50-Jährige genug.

Unter falschem Namen Herrenmode bestellt

Fluchtgefahr

Der Angeklagte hatte eigentlich gehofft, nach der Urteilsverkündung vorübergehend aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden, um in der Zeit bis zum endgültigen Strafantritt noch einige persönliche Dinge regeln zu können.

Doch die Richter am Essener Landgericht vertrauten ihm nicht. Der Prozess hatte nämlich eigentlich schon Mitte August beginnen sollen. Doch da war der 50-Jährige nicht erschienen. Auch bei einem früheren Prozess war er schon einmal abgetaucht. Deshalb bleibt er weiter in Haft. Begründung: Fluchtgefahr.

Sechsmal ist er schon verurteilt worden – immer wegen Betrugs. Zuletzt waren im Mai 2020 zwei Jahre Haft auf Bewährung verhängt worden. Vorausgegangen war ein Bestellbetrug, bei dem es kein Halten mehr gab. Der Angeklagte hatte sich unter falschen Namen so viel Herrenbekleidung liefern lassen, dass er damit wahrscheinlich schon fast eine kleine Boutique hätte ausstatten können. Im Prozess war von seinem Faible für schicke Outfits allerdings nichts mehr zu sehen. Als er von den Wachtmeistern in den Gerichtssaal geführt wurde, trug er Gefängnis-Kluft: ausgewaschenes Sweatshirt plus schlecht sitzende Jeans.

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Jahresumsatz von 90.000 Euro vorgetäuscht

Den Corona-Soforthilfebetrug hat der 50-Jährige sofort gestanden. „Mit dem Geld wollte ich meine früheren Firmen wieder reaktivieren“, sagte er den Richtern. „Ich wollte wieder auf selbstständigen Beinen stehen.“ Dafür sei auch der Autokauf gewesen. Die Anträge auf Zahlung von Corona-Soforthilfen für Soloselbstständige hatte er damals so ausgefüllt, dass eigentlich nichts schief gehen konnte. Wenn nach dem Jahresumsatz in der Vor-Coronazeit gefragt wurde, gab er auch schon mal 90.000 Euro an. „Dabei sind die Firmen eigentlich nur noch so dahingeplätschert.“

„In meine Welt zurückgezogen“

Vor Gericht sprach er von Depressionen. Und davon, dass er sich praktisch nicht mehr vor die Tür getraut hat. „Ich habe mich in meine eigene Welt zurückgezogen“, sagt er den Richtern. „Darüber habe ich früher nie gesprochen.“ Neben der aktuellen Verurteilung droht außerdem der Widerruf einer bereits früher verhängten einjährigen Bewährungsstrafe. Sollte es dazu kommen – wovon auszugehen ist – hätte der 50-Jährige sogar sechs Jahre und drei Monate Haft vor der Brust. Die zu Unrecht kassierten 27.000 Euro müssen natürlich auch zurückgezahlt werden.

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