Duisburg. Long Covid: Ein Ehepaar aus Duisburg leidet noch immer noch an den Folgen von Corona und hat auf Facebook eine Gruppe für Betroffene gegründet.
21.601 Duisburger (Stand 12. April) hatten in den vergangenen Monaten Corona – und sind laut Statistik inzwischen genesen. Silke Berner-Cakic und ihr Mann Dejan Cakic sind zwei von ihnen. Doch die beiden leiden noch immer an so genannten Post-Covid-Symptomen: Sie fühlen sich schlapp, Dejan Cakic hat manchmal das Gefühl, „als würde etwas auf meiner Brust liegen“.
Infiziert haben sich die beiden Altenpfleger Ende November bei der Arbeit – trotz Maske, Visier und Schutzanzug. Da es in Duisburg bisher keine Selbsthilfegruppe gab und „es noch immer Menschen gibt, die sagen, dass sei doch nur eine harmlose Erkältung“, haben die beiden nun die Facebook-Gruppe „Covid 19! Und jetzt?“ gegründet. Innerhalb von zwei Wochen sind 200 Betroffene aus Duisburg und Umgebung beigetreten.
Long Covid: Duisburgerin berichtet von Müdigkeit, Kopfweh, Schmerzen in Hand- und Fußgelenken
In der Gruppe berichten die Mitglieder sich gegenseitig von ihren Krankheitsverläufen oder sprechen sich Mut zu. Nach einer Schicht schrieb Administratorin Silke Berner-Cakic: „Jetzt habe ich drei Tage gearbeitet, und fühle mich, als hätte ich elf Tage durchgearbeitet. Total müde, Kopfweh, Schmerzen in den Hand- und Fußgelenken.“ An einigen Tagen hilft ihr dann nur eine Schmerztablette. Zum Glück würde bei ihr auf der Arbeit Rücksicht genommen.
Nach Lockerungen- Das ist in Duisburgs Heimen wieder möglich Angst hatte sie eigentlich nicht, sich zu infizieren. „Aber mittlerweile hatte fast jeder, der bei uns auf dem Wohnbereich arbeitet, Corona“, erzählt die 43-Jährige. Anfangs waren es Erkältungssymptome, „die sich aber heftiger anfühlten als bei einer normalen Erkältung.“ Ihr Mann bekam schlecht Luft, „dabei haben wir vor der Erkrankung beide regelmäßig Sport gemacht.“ Der Hausarzt schickte sie zum Test ins Theater am Marientor. Ein paar Tage später kam die Diagnose per App - positiv.
Genügend Toilettenpapier hatten sie zum Glück zu Hause. Nachbarn legten die Post vor die Tür oder nahmen den Müll mit hinunter. Da die Symptome nicht verschwanden, wurde ihre Quarantäne sogar auf drei Wochen verlängert. „Das war eigentlich das Schlimmste, zu wissen, dass man nicht raus darf.“ Den Kontakt zu Freunden und Familie hielten sie telefonisch und online. „Und als wir dann wieder aus der Quarantäne entlassen waren, wechselten einige sogar die Straßenseite“, wundert sich Dejan Cakic über einige Reaktionen.
Corona-Ambulanz der Uniklinik Essen hat eine lange Warteliste
Er schmeckt noch immer nichts und ist erneut krank geschrieben. „Manchmal habe ich so einen komischen Geruch in der Nase, wie, wenn etwas verbrannt riecht. Danach muss ich mich oft übergeben. Und unser Hausarzt hat einen Lungenfunktionstest gemacht. Das Ergebnis war nicht so gut.“ Ein Cortisonspray hat kurzfristig geholfen. Dennoch hat der 42-Jährige inzwischen einen Termin in der Corona-Ambulanz der Uniklinik Essen vereinbart. Sein Termin ist im September.
Prof. Dr. Oliver Witzke, Direktor der Klinik für Infektiologie an der Uniklinik Essen, kennt das Problem. „Wir haben eine frustrierend lange Warteliste, die weit in den Herbst reicht.“ 15 bis 20 Patienten können aktuell pro Woche in Essen versorgt werden - die Ärzte stemmen den Betrieb neben ihren Aufgaben auf den anderen Stationen.
„Wir laufen in die dritte Welle, haben alle Hände mit der Akutversorgung zu tun. Hinzu kommt, dass die Patienten umfassend durchgecheckt werden. Wir haken keine Listen ab, sondern schauen uns etwa an, ob es neurologische Befunde gibt. Außerdem ziehen wir auch Psychologen hinzu.“ Sobald die dritte Welle vorüber sei, wolle man die Untersuchungstermine für Long-Covid-Erkrankte „viel schneller realisieren.“
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Klar sei, dass Patienten, die lange auf Intensivstationen lagen und beatmet wurden, noch lange mit den Folgen zu kämpfen haben. Die aufwendigen Behandlungen verursachen Kosten – über die in der Politik und bei den Krankenkassen noch zu wenig gesprochen werde. „Zum Glück haben wir da als Uniklinik momentan freie Hand.“
Infusionen mit Antikörpern können schwere Verläufe abschwächen
Überwiesen werden die Betroffenen von ihrem Hausarzt. „Die sind momentan stark in die Impfkampagne eingebunden“, weiß der Infektiologe. Dennoch weist er auf eine Therapiemöglichkeit hin, die Corona-Erkrankten in den ersten Tagen helfen könne, um einen möglichen schweren Verlauf abzumildern. Werden Infusionen mit so genannten monoklonalen Antikörpern gegeben, könnte dies helfen. „Die Mittel wurden von der Bundesregierung angeschafft, sind aber kaum bekannt.“ Selbst wer bereits in Quarantäne sei, könne sich im Krankenhaus behandeln lassen.
Dejan Cakic und seine Frau wünschen sich, dass die Politik in den nächsten Tagen noch einmal „konsequent“ durchgreift. „In Portugal und England waren die Zahlen auch hoch und nun sieht’s dort wieder gut aus.“ Für Corona-Leugner haben sie kein Verständnis.