Duisburg. Durch die Sanierung bekommt der Citywohnpark in Hochfeld eine Zukunft. So ändert der Klimawandel den Blick auf die Duisburger Großwohnanlage.
Es hätte gute Gründe gegeben, den Citywohnpark in Hochfeld nicht in dieser Form zu erhalten. Dass in die Sanierung Hochfelder „Großwohnanlage“ gerade 37 Millionen Euro investiert werden – das teuerste Wohnbau-Förderprojekt des NRW-Bauministeriums der jüngeren Zeit – hat auch mit dem Klimawandel zu tun. Er verändert den Blick von Planern und Architekten auf diese Siedlungen.
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„Wenn der deutsche Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral werden soll, dann muss der Bau einen Beitrag leisten“, sagt Prof. Dr.-Ing. Annette Hafner mit Blick auf die Emissionen der Gebäude, den mineralischen Rohstoffverbrauch und die Abfallmengen der Bauwirtschaft. Hafner lehrt an der Ruhr-Uni Bochum Ressourcen-effizientes Bauen und wirbt nach einem Rundgang über die Baustelle Citywohnpark, den der Bund der Architekten Rechter Niederrhein (BDA) anlässlich der „Architekturwochen NRW“ organisiert hat, für einen neuen Umgang mit dem Bestand: „Wie können wir ihn weiter nutzen?“
Hafner: „Sanierung ist eine wichtige Stellschraube für das Erreichen der Klimaziele“
Den Flächenverbrauch für Neubau und die Abfallmengen zu reduzieren, das werde nur funktionieren, wenn bestehende Gebäude energieeffizient und variabel nutzbar umgeplant würden. „Was wir jetzt anfassen, muss 2045 mithalten können, sonst macht es keinen Sinn.“ Zwar sei der klimaneutrale Umbau des Bestandes binnen gut 20 Jahren „eine große Herausforderung“, weil gerade in den 1960er und 70er Jahren verwendete Schadstoffe den Umbau erschweren und erheblich verteuern. „Aber transformieren ist besser als 400.000 Wohnungen neu zu bauen“, betont Hafner mit Blick auf die Ziele der Bundesregierung.
Großanlagen sollten in den 1960er Jahren die Wohnungsnot beheben
In den 1960er Jahren planten Architekten, die Wohnungsnot mit Großanlagen zu beheben. Sie entstanden am Rande von Großstädten Chorweiler in Köln, für 30.000 Menschen wurde Wulfen-Barkenberg in Dorsten auf dem Reißbrett entworfen. In Duisburg sind die „Weißen Riesen“ in Homberg und der Hagenshof in Obermeiderich Zeugen dieser Zeit. Der Hochbahnhof der U79 am Landhaus Milser erinnert an die Planung für eine Hochhaussiedlung, die am Widerstand der Huckinger scheiterte.
City-Wohnpark der Gebag bekommt ein Parkdeck und CarsharingDie Probleme kamen schon nach der ersten Mietergeneration: Viele Anlagen in Randlagen verkamen zu Ghettos – im Zuge des „Stadtumbau West“ begann mit vielen Steuermillionen der Abriss, Teilrückbau und Umbau. Duisburg reißt deshalb nach schwierigen Verhandlungen mit den Besitzern die Homberger Hochhäuser teilweise ab. „Nicht mehr marktfähig“, lautet das Urteil der Fachleute für diese Wohnungen. Geblieben sind in NRW rund 300.000 Wohnungen in Großanlagen.
Gebag: Warteliste für die Wohnungen im Citywohnpark
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Für den Citywohnpark soll es ein zweites Leben geben. „Das ist kein Standort für arme Leute am Rande der Stadt“, sagt Oliver Schreiber, Referent für Modernisierungsförderung im NRW-Bauministerium. Das mag, was viele der 1200 Bewohner aus 40 Nationen betrifft, zwar eher Wunsch als Wirklichkeit sein. Aber es gibt Anzeichen, dass sich durch die Sanierung der Wind dreht. „Wir haben seit einiger Zeit wieder eine Warteliste“, berichtet Dennis Ifkovitz, Abteilungsleiter Quartiersmanagement bei der Gebag.
Auch im Duisburger Büro Druschke und Grosser Architektur sei der Teilabriss eine erste Option. „Ich hätte mir vorstellen können, einige Etagen wegzunehmen“, berichtet Dirk Druschke. Doch den Weg, den die Architekten in Köln gingen, wollte Bibiana Grosser nicht wiederholen. Der Wettbewerbsbeitrag sah eine Komplettsanierung vor, die Architektin schwärmt von der „hohen Qualität der Grundrisse“ der zwischen 35 und 98 Quadratmeter großen Wohnungen.
Wohnanlage zwischen Hochfeld und Dellviertel soll durchlässiger werden
Umbau des Duisburger City-Wohnpark wird gefördertDen Citywohnpark zu öffnen, durchlässiger zu machen, Trampelpfade klar als Wege zu markieren, das ist neben der Neugestaltung der Fassade und der Sanierung der maroden Dächer das Ziel. Auch der Abriss jeweils einer Wohnung über den schmalen Eingängen führt zu diesem Ziel, ebenso wie barrierefreie Eingänge zu den Häusern und neue Aufzüge in den Gebäuden. Der Innenhof wird nach Plänen der Landschaftsplaner WBP neu gestaltet, als Quartierstreffpunkt wird das Café Heimatherz saniert, nebenan sind Gebag-Mitarbeitende schon jetzt täglich in der Concierge ansprechbar. Die neue Optik werde bei den Bewohnern ein neues Lebensgefühl bewirken, hofft Architektin Bibiana Grosser: „Wenn man Qualität herstellt, wird das Gebäude auch mehr wertgeschätzt.“
SANIERUNG IN VIER BAUABSCHNITTEN
- Der Citywohnpark wurde zwischen 1969 und 1979 mit 30.000 Quadratmetern Wohnfläche für die Gebag auf dem Areal der Firma Kiefer am Marientor errichtet.
- In vier Bauabschnitten, der erste ist abgeschlossen, wird er nun nach Plänen des Büros Druschke und Grosser Architekten mit 37 Mio Euro Wohnbau-Fördermitteln des Landes NRW umfassend saniert. Dabei entfallen nur weniger der insgesamt 421 Wohnungen für die Vergrößerung der Zugänge.
- Die Miete, derzeit 4,70 € pro Quadratmeter, soll auf 5,70 Euro steigen (5,50 Euro für Bestandsmieter), sinken sollen die Heizkosten durch die Dämmung der Fassade.
- Die Modernisierung der Wohnungen, bis auf 30 sind sie noch im Originalzustand aus der Bauzeit, erfolgt jeweils bei einem Mieterwechsel.
- Nur fünf Prozent der Wohnungen stehen aktuell leer. Die Stadt hat in den vergangenen Jahren viele Geflüchtete in der Wohnanlage untergebracht, auch die ersten Ukrainer sind dort nun eingezogen. „Viele sind mittlerweile zu regulären Mietern geworden“, berichtet Quartiersmanager Dennis Ifkovitz.