Duisburg. Fast siebenmal so viel Grundsteuer soll ein Hausbesitzer plötzlich zahlen. Der Duisburger ist schockiert und legt Widerspruch beim Finanzamt ein.

Bei den Finanzämtern läuft die Erfassung der Daten für die Grundsteuer-Reform. Die ersten Duisburger, die ihre Erklärungen abgegeben haben, bekommen bereits die Bescheide für die neuen Messbeträge ihrer Immobilien, die ab 2025 gelten. Sie zeigen: Besitzern von Häusern, die vor 1964 gebaut wurden, könnten saftige Erhöhungen der Grundsteuer B ins Haus stehen.

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Bei der Abgabe der Daten für sein Haus in Fahrn ist Markus Pesch ein vorbildlicher Steuerbürger. Schon im August hat er sich ans Werk gemacht und sämtliche Klippen der Erklärung mit Hilfe der telefonischen Hotline des Finanzamtes erfolgreich umschifft. „Es war aufwendig. Der Beamte, den ich am Telefon hatte, musste sich selbst Rat holen“, erinnert sich der Rentner.

Grundsteuerbescheid in Duisburg: Hausbesitzer ist entsetzt über die Höhe

Grundsteuer-Erklärung- Stadt Duisburg ruft zur Abgabe aufDie Erleichterung über die gemeisterte Abgabe der Erklärung wich schnell Entsetzen, als Ende September der „Bescheid über die Festsetzung des Grundsteuer-Messbetrages“ vom Finanzamt Hamborn im Briefkasten lag. Der Messbetrag für sein Haus mit 155 Quadratmetern Wohn-/Nutzfläche auf einem 468 Quadratmeter großen Grundstück soll von bisher 15,41 Euro auf 103,82 Euro steigen. Markus Pesch hat schnell gerechnet: „Das ist 6,74 Mal mehr als bisher.“

Etliche hundert Euro mehr pro Jahr muss ein Immobilienbesitzer aus Duisburg laut Grundsteuerbescheid künftig zahlen.
Etliche hundert Euro mehr pro Jahr muss ein Immobilienbesitzer aus Duisburg laut Grundsteuerbescheid künftig zahlen. © dpa | Jens Büttner

Die zu zahlende Grundsteuer errechnet sich aus der Multiplikation des Messbetrages mit dem kommunalen Hebesatz der Grundsteuer B. In Duisburg liegt der bei 855 Prozent. Für den Fahrner bedeute das: Bleibt der Hebesatz ab 2025 unverändert, müsste er statt bisher 103,82 Euro künftig 887,66 Euro berappen.

Widerspruch gegen Grundsteuerbescheid beim Finanzamt Duisburg blieb erfolglos

Grundsteuer- Beratung fehlt Duisburgern, Schlupfloch ist da„Kann doch gar nicht sein“, dachte sich Pesch und legte beim Finanzamt vorsorglichen Widerspruch gegen den Bescheid ein, versehen mit der Bitte um neuerliche Prüfung. Die Antwort kam schon wenige Tage später: „Eine erneute Berechnung hat ergeben, dass der ausgewiesene Grundsteuerwert korrekt ist.“

Wie viel er denn ab 2025 zahlen muss, kann ihm das Finanzamt allerdings nicht sagen. Denn über den künftigen Hebesatz entscheidet der Stadtrat. Mit 855 Prozent ist er derzeit einer der höchsten in NRW. Im November 2014 hatte der Rat eine Erhöhung um 160 Punkten beschlossen, um der klammen Stadtkasse eine Mehreinnahme von knapp 25 Millionen Euro pro Jahr zu verschaffen.

Städte sollen durch neue Grundsteuer nicht mehr einnehmen

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Wie hoch allerdings der Hebesatz künftig sein wird, entscheidet der Rat möglicherweise erst 2024, wenn alle Daten erfasst sind. Es gilt die Maßgabe: Mehr als bisher sollen die Städte durch die Grundsteuer nicht einnehmen. „Das Finanzministerium wird sämtliche Kommunen öffentlich über den jeweiligen Hebesatz informieren, der zur Aufkommensneutralität in der jeweiligen Kommune führt“, teilt die Oberfinanzdirektion Münster auf Anfrage der Redaktion mit.

Abgeblitzt ist Markus Pesch deshalb auch mit dem Versuch, sich beim städtischen Steueramt schlauzumachen. „Vielleicht haben Sie ja Glück und der Hebesatz wird wieder gesenkt“, hörte er. Wo der Wert denn wohl liegen werde? „Das wissen wir nicht. Warten sie ab.“

Auch Ralf Lindner wagt auf Anfrage der Redaktion noch keine Prognose: „Noch liegen zu wenige Daten vor, um einen Hebesatz zu simulieren“, bedauert der Büroleiter von Stadtkämmerer Martin Murrack.

136 Millionen Euro pro Jahr: Grundsteuer ist wichtige Einnahmequelle für Duisburg

Grundsteuer- Servicetelefone der NRW-Finanzämter laufen heißZiel der Reform, vom Bundesverfassungsgericht verordnet, ist es, mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Das heißt: Einzelne Immobilienbesitzer könnten zwar ab 2025 mehr, andere weniger stark zur Kasse gebeten werden, insgesamt soll die Stadt aber nicht mehr einnehmen als die derzeitigen 136 Millionen Euro pro Jahr. Dabei gibt es folgende Tendenz:

Für ältere Immobilien, die zuletzt bei der Hauptfeststellung 1964 bewertet wurden, steigt die Grundsteuer. Für neuere Häuser, deren Besitzer schon bisher vergleichsweise viel zahlten, wird sie eher sinken.

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Deshalb kann es für viele Duisburger teuer werden, denen ähnliche Objekte gehören wie jenes, das Markus Pesch 2015 an der Weseler Straße erwarb. Das Haus in der ehemaligen Thyssen-Werkssiedlung wurde 1927 gebaut und 2009 von den Vorbesitzern kernsaniert. Für solche Häuser legt das Finanzamt fortan andere Maßstäbe an: Durch die umfassende Sanierung steige die Restnutzungsdauer auf 59 Jahre und damit auch der Gebäudewert erheblich, stellt der Bescheid des Fahrners fest.

Frank Börner (MdL) rechnet mit Klagen gegen die neue Grundsteuer

Mit einer signifikanten Senkung des Hebesatzes ist kaum zu rechnen. Die erwartet auch Ralf Lindner nicht. „Die 136 Millionen Einnahmen aus der Grundsteuer brauchen wir im Haushalt“, sagt er. „Wir haben zwar mit Abweichungen gerechnet, aber solche Sprünge haben uns auch überrascht“, sagt er zum Fall von Markus Pesch. Ein ähnlicher Schreck stehe vielen weiteren Hausbesitzern bevor, befürchtet Frank Börner. Der SPD-Landtagsabgeordnete hat sich in der politischen Diskussion mit der Reform befasst. „Ich rechne damit, dass es viele Klagen gegen die Bescheide geben wird“, sagt der Hamborner.

HILFE BEI DER ERKLÄRUNG UND INFO ZUR HÖHE DER GRUNDSTEUER

  • Wer nicht warten will, bis der neue Hebesatz feststeht, kann mit einem Rechner des Bundes der Steuerzahler die ungefähre Höhe seiner Grundsteuer ab 2025 ermitteln.
  • Für die Abgabe der Feststellungserklärung zur Grundsteuer-Reform über das Elster-Portal bieten die drei Duisburger Finanzämter telefonische Unterstützung durch ihre Hotlines an: Süd unter 0203 30011959, das Hamborn unter 0203 5445 1959 und West unter 02065 307 1959.