Duisburg. Die Grillo-Gesamtschule in Marxloh hat eine „schulische Krise“ ausgerufen. Personen fallen auf: Sie rauchen, zündeln, stehlen und provozieren.
Sie lungern zum Dutzend auf dem Schulhof herum, rauchen, verkaufen und konsumieren Drogen, machen Lärm. Geldscheine und Spielkarten auf der Tischtennisplatte lassen auf illegales Glücksspiel schließen. An der Herbert-Grillo-Gesamtschule in Duisburg-Marxloh sorgen Schulfremde seit Monaten für beträchtlichen Ärger, berichtet deren Schulleiter Thomas Zander.
Die Störenfriede seien manchen Schülern bekannt, es werde versucht, Essen oder Geld von ihnen zu stehlen, sie werden bedroht, Prügeleien und auch übergriffiges Verhalten gegenüber Lehrern seien keine Seltenheit. Im Sommer gab es auch einen Feuerwehreinsatz, weil an einem Durchgang unter dem naturwissenschaftlichen Trakt gezündelt wurde.
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Duisburger Gesamtschule ruft wegen der bedrohlichen Lage eine „schulische Krise“ aus
Auch die Vermüllungssituation – insbesondere nach den Wochenenden – sei erschreckend. „Die Lehrer müssen manchmal regelrecht durch den Müll stapfen, um zum Schulgebäude zu kommen“, beschreibt Zander. Hinzu komme regelmäßig Vandalismus an Gebäudeteilen.
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Die Herbert-Grillo-Gesamtschule in Duisburg-Marxloh hat in ihrer Not eine „schulische Krise“ ausgerufen. Solche Krisen werden üblicherweise nach einem Gewaltdelikt ausgerufen, nach einem Suizid oder einem anderen Ereignis, das für die Schulgemeinschaft bedrohlich sein könnte. Nach einem genauen Plan tritt dann schnellstmöglich ein Team zusammen, um Sofortmaßnahmen zu besprechen – sie reichen vom Sondereinsatzkommando der Polizei bis zu psychologischer Betreuung.
Mehr Polizeieinsätze als an anderen Schulen
Was das Kollegium der Grillo-Gesamtschule als schulische Krise empfindet, wird im Verwaltungsdeutsch allerdings als „massive Problemlage“ gewertet – weil es kein plötzliches Ereignis ist, sondern eine sich steigernde permanente Bedrohungssituation.
Mit der hatte Zander im ganzen letzten Schuljahr zu kämpfen. Es war nach der Hochphase der Pandemie endlich wieder in Präsenz, brachte aber zunehmend Konflikte mit sich. „Es sind Schulfremde, die die Konflikte in unseren Alltag bringen“, sagt Zander. In diesem Jahr habe er zwei bis vier mal die Woche die Polizei rufen müssen. Problematisch ist, dass das Schulgelände offen ist, weil unter anderem die Wilfriedstraße mitten über das Gelände führt und nur mit Pollern abgesichert ist.
Krise an der Grillo Gesamtschule
Polizeisprecher Jonas Tepe bestätigt, dass es an dieser Schule mehr Einsätze gab als an anderen Schulen in Duisburg. Allein seit Jahresbeginn habe es hier tagsüber 25 Einsätze gegeben - sie reichten von Hausfriedensbruch über Sachbeschädigung bis zu Hilfeersuchen.
Der Bezirkspolizist sei dreimal im Monat an der Schule, laufe nun aber auch im Rahmen seiner Fußstreifen häufiger am Gelände vorbei und schaue nach dem Rechten, berichtet Tepe.
Die Schüler selbst „sind toll“, den Ärger machen Schulfremde
Zander fällt es sichtlich schwer, Details zu erzählen. Es rücke seine Schule in ein schlechtes Licht, dabei „sind die meisten Kinder toll, wir haben keine gefährlichen Schüler“, auch die Lehrer seien „innovativ, den Kindern zugewandt“. Aber den Ärger, den ihm die Schulfremden einbrocken, kann er nicht länger verantworten.
Deren Nöte sieht der Pädagoge gleichwohl: Es sind junge Leute, die nicht vom Bildungssystem aufgefangen werden, die chronischer Geldmangel und Langeweile plagt und die dann schnell in einen kriminellen Bereich hineinrutschen.
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Auch die Bezirksregierung betont, dass der Schulfrieden von schulfremden Personen gefährdet sei, die das Schulgelände unerlaubt betreten. „Innerhalb der Schulgemeinschaft gibt es keine Probleme mit Gewalt, Vandalismus oder anderen Verstößen“, beantwortet eine Sprecherin Fragen in einer E-Mail. Die zuständige Dezernentin der Bezirksregierung ist demnach in den letzten Wochen häufiger vor Ort gewesen.
Runder Tisch will Maßnahmen zur Verbesserung der Schulsituation ergreifen
„Vor den Herbstferien gab es einen Runden Tisch, an dem Schulleitung, Schulträger, Polizei, Ordnungsamt, Jugendamt, Kommunales Integrationszentrum und der Sicherheitsdienst der Stadt teilgenommen haben. Auch die Schulaufsicht war vertreten, um zu beraten, wie eventuell geplante Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von schulfachlicher Seite zu bewerten sind“, berichtet die Bezirksregierung.
„Alle Beteiligten sind sich einig, dass die Situation dringend verbessert werden muss und bemühen sich, in Ihrem Verantwortungsbereich Lösungen herbeizuführen. In vielen Fällen sind dazu aber längere Vorbereitungen, Abstimmungen bzw. Verfahren notwendig.“ Die Bezirksregierung selbst wolle bei Personalzuweisungen die „herausfordernde Situation der Schule“ berücksichtigen.
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>>SO KÖNNTE ES MEHR SICHERHEIT AN DER SCHULE GEBEN
- Um das Lehrerkollegium und die Schülerschaft besser zu schützen, fordert Zander ein „komplett verschließbares Schulgelände“. Ihm ist klar, dass das schwierig ist, weil sein Hausrecht da endet, wo die Wilfriedstraße beginnt.
- Es widerspricht zudem den Förderkriterien der EU, die den Campus Marxloh mitfinanziert, befürchtet der Schulleiter. Die zentrale Einrichtung entsteht in Wurfweite zur Gesamtschule und soll offen sein für alle Kinder des Stadtteils. Mannshohe Zäune würden diesem Ideal nicht entsprechen. Die Stadt Duisburg sieht hier allerdings keine Gefahr, „die Konzeption des Campus Marxloh ist auf die Struktur des Stadtteils angepasst und kann sich stabilisierend und positiv auf den Sozialraum auswirken“, so Böttner.
- Ähnlich wie am Schulzentrum Kamper Dreieck in Kamp-Lintfort, wo 47 Kameras seit Jahren die Gebäude vor Vandalismus schützen, wünscht sich Zander außerdem eine Videoüberwachung. Und für das Sekretariat bräuchte es eine Klingelanlage mit Kamera, um sehen zu können, wem man da die Tür aufdrückt.
- Er fordert für seine Schule zudem mehr Streifenfahrten der Polizei, Besuche des Ordnungsamtes und häufigere Reinigungsintervalle der Wirtschaftsbetriebe.
Transparenzhinweis: In einer ersten Fassung haben wir geschrieben, dass es in Duisburg bislang keine „schulischen Krisen“ gab. Die Pressestelle der Stadt korrigiert nun, dass es sehr wohl einige „Schulische Krisen“ in Duisburg gab, jedenfalls nach Definition der Schulaufsicht. Städtischerseits werde dieser Begriff nicht verwendet.