Duisburg-Hochfeld. Bei immer mehr Duisburgern wird das Geld knapp. Was die neu gegründete Hochfelder Initiative „Unsere Armut kotzt uns an“ erreichen will.

Die Zahl der Duisburger, die nicht wissen, wie sie mit ihrem Geld bis Monatsende über die Runden kommen sollen, nimmt zu. Insbesondere bei vielen Hochfeldern fiel die Rechnung schon vor der Energiekrise denkbar knapp aus. Um diesen Personen und ihren politischen Forderungen Gehör zu verschaffen, hat sich vor einigen Wochen die Initiative „Unsere Armut kotzt uns an“ in Duisburg-Hochfeld gegründet. Sie beteiligt sich am kommenden Samstag auch an der Demonstration „Solidarischer Herbst“, die in der Landeshauptstadt Düsseldorf stattfindet. Dabei sollen sowohl Sozial- als auch Umweltpolitik im Mittelpunkt stehen. Lena Wiese vom Verein der Solidarischen Gesellschaft der Vielen, der in Hochfeld Sozialberatung anbietet, und der engagierte Duisburger Patrick Dollas wollen die Forderungen der Duisburger gemeinsam mit zahlreichen Mitstreitern nach Düsseldorf tragen. Im Gespräch erklären die beiden, warum sie schon zwei Mal ein „Fest für Alle“ im Böninger Park veranstaltet haben, wie sie die aktuelle Situation einschätzen und was sie sich von der Politik wünschen würden.

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Was hat den Ausschlag gegeben, „Unsere Armut kotzt uns an“ zu gründen?

Lena Wiese und ihre Mitstreiter bieten über den Verein „Solidarische Gesellschaft der Vielen“ Sozialberatung in Duisburg-Hochfeld an.
Lena Wiese und ihre Mitstreiter bieten über den Verein „Solidarische Gesellschaft der Vielen“ Sozialberatung in Duisburg-Hochfeld an. © WAZ | Ant Palmer

Lena Wiese: Als die Stadtwerke vor ein paar Wochen die Briefe mit den neuen Tarifen herumgeschickt haben, kamen viele Hochfelder zu uns, deren Abschlag sich um 300 Prozent verteuert hat. Das sind Menschen, die verzweifelt sind und auch vorher kaum gehört wurden. Das wollen wir ändern.

Patrick Dollas: Viele sind doppelt von der Krise getroffen. Corona ist noch nicht vorbei. Die Betroffenen leben mit ihren Familien oft in beengten Wohnungen. Und nun kommt auch noch die Energiekrise dazu. Wir haben Plakate gestaltet, auf denen „Unsere Armut kotzt uns an“ steht, aber darüber ist auch immer noch ein Kästchen frei für eigene Statements und Forderungen. Da haben viele eingetragen, was sie beschäftigt.

Patrick Dollas: „Die Duisburger Tafel kommt momentan an ihr Limit“

Was wollen die Betroffenen?

Patrick Dollas engagiert sich für die Initiative „Unsere Armut kotzt uns an“.
Patrick Dollas engagiert sich für die Initiative „Unsere Armut kotzt uns an“. © fotoagentur Ruhr moers | Bettina Engel-Albustin

Dollas: Einige wünschen sich ein dauerhaftes Neun-Euro-Ticket, damit die Kosten für ÖPNV sinken. Andere fordern einen Mietendeckel oder dass sie bei einem Bürger-Haushalt mitentscheiden können, wofür die Stadt ihr Geld ausgibt. Außerdem stehen wir auch in Kontakt mit anderen Verbänden. Syntopia beteiligt sich zum Beispiel bei uns und auch die Tafel. Die kommt momentan an ihr Limit, weil immer mehr Personen auf Lebensmittelspenden angewiesen sind. Es ist traurig, dass es solche Hilfssysteme überhaupt geben muss und die Ressourcen nicht gerechter in der Gesellschaft verteilt sind.

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Zwei Mal hat bereits ein Fest für Alle im Böninger Park statt gefunden. Dort gab es eine warme Mahlzeit und es wurden einige Spenden verteilt.

Dollas: Das stimmt. Aber es ist kein Fest im klassischen Sinne, wir verbinden die Treffen mit einer Botschaft der Solidarität, dass wir nicht nur für einen heißen Herbst, sondern für einen warmen Winter sorgen wollen. Wichtig ist, dass bei uns zwar Einzelpersonen aus unterschiedlichen Parteien mitmachen, wir aber parteiunabhängig agieren. Wir haben nun auch eine Spendendose der Tafel dabei und sammeln für die.

Versammlungen im Böninger Park in Hochfeld: Es kommen immer mehr Besucher

Wie viele Personen sind zu den bisherigen Veranstaltungen gekommen?

Dollas: Beim ersten Mal waren es 70 Personen bei der Versammlung, beim zweiten Mal schon 100.

Wiese: Es sind weitere immer am zweiten Sonntag im Monat geplant, die nächsten am 13. November und am 11. Dezember. Über den so genannten Fairteiler können Leute, die etwas übrig haben, zum Beispiel Kleidung spenden und andere sich die Sachen abholen. Das hat bisher gut funktioniert.

Dollas: Ich glaube, dass wir die Konsequenzen dieser Krise nicht nur in den nächsten Wintermonaten, sondern noch sehr viel länger zu spüren bekommen werden. Deshalb ist der Schulterschluss mit anderen Initiativen und Verbänden wichtig.

Wiese: Wer am Samstag mitfahren will, sich aber kein eigenes Ticket leisten kann, hat die Möglichkeit, mitgenommen zu werden. Um 10.30 Uhr geht es am Fernbusbahnhof los.

Dollas: Wer sich längerfristig engagieren will, kann gerne montags dazu kommen. Dann findet ab 19 Uhr jeweils eine Vollversammlung im Zentrum für Kultur an der Johanniterstraße statt. Aktuell suchen wir zum Beispiel noch Musiker, die bei einer der nächsten Kundgebung auftreten wollen.