Duisburg. Der Duisburger Handwerksbetrieb HK Balkonbau kürzt die Arbeitszeit und schenkt Mitarbeitern Freizeit - bei gleichem Gehalt. Was dahinter steckt.

„Ich habe mir viel vorgenommen und möchte insbesondere die freie Zeit mit meinen Kindern nutzen“, sagt Marco Dobes. Mehr Freizeit hat er, weil sein Betrieb HK Balkonbau im Oktober eine 4,5-Tage-Woche eingeführt hat. Wie alle anderen Mitarbeiter hat er jeden zweiten Freitag frei – und muss an den anderen Tagen trotzdem nicht mehr arbeiten.

Das Modell des Duisburger Handwerksbetriebs ist besonders, weil es den Mitarbeitern zusätzliche freie Tage erlaubt, ohne die Arbeitszeit an den anderen Tagen zu erhöhen oder das Gehalt zu kürzen. Die Wochenarbeitszeit wurde bei gleichem Gehalt von 40 auf 36 Stunden reduziert. „Das ist zum einen eine indirekte Gehaltserhöhung, zum anderen ein Ausgleich in unserer stressigen und arbeitsintensiven Baubranche“, sagt der Prokurist und technische Leiter Marco Dobes.

4,5-Tage-Woche bei Duisburger Balkonbauer: Diese Argumente sprechen dafür

Viele Betriebe mit einer Vier-Tage-Woche verteilen die Arbeitszeit, die durch den freien Tag ausfällt, auf die restlichen vier Tage. In Belgien ist das Modell seit diesem Jahr sogar gesetzlich geregelt: Zehn Stunden an vier Tagen arbeiten, dafür am fünften Tag frei.

„Unser Eigentümer Hermann Kreyenberg hat in Österreich gesehen, dass viele Unternehmen mit der Vier-Tage-Woche werben, und dann haben wir diskutiert, ob wir das bei uns auch schaffen können“, erklärt die Tochter und Geschäftsführerin Inga Kreyenberg.

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Ein wichtiges Argument, das für das Modell spricht: „Es schafft Anreize für Mitarbeiter, die sich eine bessere Work-Life-Balance wünschen. Das macht das Handwerk attraktiver und sorgt vielleicht dafür, mehr geschultes Personal zu bekommen“, sagt Kreyenberg. Der Wettbewerb um gute Bewerber sei wegen des Fachkräftemangels groß.

Außerdem könne das Unternehmen in der Energiekrise Geld sparen. Marco Dobes sagt: „Wir können alle Gebäude inklusive Heizung und Maschinen an den freien Tagen herunterfahren.“ Das sei deutlich spürbar, da der Betrieb die Energiekosten von vier Produktionshallen und drei Büros reduziert. An den freien Tagen arbeitet nur ein Büro-Mitarbeiter, um den Kundenkontakt aufrecht zu erhalten.

Warum eine komplette Vier-Tage-Woche bei HK Balkonbau noch nicht in Sicht ist

Die Einführung des Modells im Oktober sei zunächst aufwendig gewesen: „Wir müssen uns natürlich neu organisieren und effektiver werden. Wir müssen die Termine, die wir sonst an den Freitagen gemacht hätten, jetzt an anderen Tagen unterbringen und vorausschauend planen“, so Marco Dobes. Der Umsatz dürfe nicht beeinträchtigt werden. Montagepläne würden nun vier bis fünf Wochen im Voraus geplant.

Die Kunden würden von der 4,5-Tage-Woche kaum etwas bemerken: „Wir halten trotzdem die gewünschten Termine, setzen die jedoch nur nicht an den beiden Freitagen im Monat um, an denen wir nicht arbeiten“, sagt Dobes. Bei Notfällen würden die Mitarbeiter auch freitags einspringen und die Zeit als Überstunden verordnet bekommen. „Das darf aber nicht die Regel sein.“

Die Mitarbeiter von HK Balkonbau haben sich Geschäftsführerin Inga Kreyenberg zufolge über das Modell gefreut: „Die freuen sich über mehr Möglichkeiten zum Sport, Haushalt und Familienleben.“ Der Betrieb wolle überprüfen, ob man künftig komplett auf die Vier-Tage-Woche umsteigen könnte, „doch bis dahin ist es noch ein langer Weg“, sagt Kreyenberg. Dafür müsse gewährleistet sein, dass das Unternehmen weiter alle Aufträge erledigen kann. „Gerade in der Phase zum Jahresende haben wir so viel zutun, dass wir es uns nicht erlauben können, jeden Freitag freizumachen.“

>> HK Balkonbau ist Vorreiter bei der 4,5-Tage-Woche im Duisburger Handwerk

  • Im Duisburger Handwerk ist eine Vier- oder 4,5-Tage-Woche für Mitarbeiter Neuland. Die Kreishandwerkerschaft Duisburg kannte auf Anfrage keinen Betrieb, der dieses Modell bereits eingeführt hat. „Das wird auch kaum diskutiert, weil das Handwerk dafür zu viel zutun hat“, sagt Sprecher Heinz-Jürgen Hippler.
  • Ähnliches berichtet auch Inga Kreyenberg von HK Balkonbau: „Andere Betriebe haben gefragt, wie es bei uns läuft, und haben gesagt: ‚Wenn es bei euch gut läuft, denken wir auch mal darüber nach’.“