Bochum/Hannover. Wegen des Fachkräftemangels setzt Vermieter Vonovia auf Elektrikerinnen und Gärtner aus Kolumbien. Auf sie warten aber hohe bürokratische Hürden.
Im gerade gestarteten Ausbildungsjahr hat der Wohnungskonzern Vonovia 180 junge Leute eingestellt, die nach der Lehrzeit das Handwerker- und Gärtnerteam mit zusammen mehr als 6000 Beschäftigten unterstützen soll. Doch der Bedarf ist weit größer. Als eines der ersten deutschen Unternehmen nutzt Vonovia deshalb das im März 2020 in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungsgesetz und stellt Elektrikerinnen und Gärtner aus Kolumbien ein.
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Die ersten 15 südamerikanischen Fachkräfte im Alter zwischen 21 und 35 Jahren trafen am Montag in Hannover ein. Zwei weitere sollen im September folgen. Die Kolumbianerinnen und Kolumbianer sollen den Technischen Service der Vonovia (VTS) verstärken, der auf seinem Onlineportal aktuell mehr als 800 offene Stellen an Standorten wie Bochum, Gelsenkirchen, Duisburg, Essen oder Dortmund registriert hat. Der VTS pflegt technische Anlagen der mehr als 488.000 Vonovia-Wohnungen in Deutschland. Hinzu kommen rund 1000 Gärtnerinnen und Gärtner.
In Kolumbien waren sie Tagelöhner
Die deutsche Wirtschaft fordert seit langem mehr Einwanderung. Den Unternehmen ist es aber nicht gestattet, eigenständig Fachkräfte aus einem Drittstaat außerhalb der Europäischen Union anzuwerben. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz gibt es inzwischen aber Erleichterungen. Über das Programm „Team“ der Bundesagentur für Arbeit kann der Bochumer Dax-Konzern nun die ersten Elektroniker und Gärtnerinnen aus Kolumbien nun zunächst an den Standorten Berlin, Hannover, Kiel und Lübeck einarbeiten.
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„Wir machen das, weil der Fachkräftemangel auch unserer Branche zu schaffen macht, aber es gleichzeitig immer mehr zu tun gibt. Zum Beispiel, weil wir auf erneuerbare Energien setzen und unsere Dächer entsprechend ausstatten müssen“, sagte die Vonovia-Generalbevollmächtigte Konstantina Kanellopoulos am Montag bei der Begrüßung der neuen Mitarbeitenden, die nun als Fachkräfte „marktüblich“ bezahlt werden. In ihrer Heimat mussten sie sich zum Teil als Tagelöhner durchschlagen. „Für Elektriker und Gärtner gibt es in ihrem Heimatland Kolumbien wenig Arbeit. Wir nehmen also dort niemandem die Fachkräfte weg“, betonte Kanellopoulos. 400 Bewerbungen gingen bei Vonovia ein, 90 Bewerbungsgespräche wurden per Videoschalte geführt. Am Ende bekamen 13 Elektrikerinnen und Elektriker und 4 Gärtnerinnen und Gärtner den Zuschlag.
Bürokratisches Anerkennungsverfahren
Moderiert von den Auslandshandelskammern haben die Frauen und Männer in der kolumbianischen Hauptstadt Bogota bereits einen sechsmonatigen Deutsch-Intensivkurs absolviert. In Deutschland beginnt für sie nun ein sehr bürokratisches Anerkennungsverfahren, das die kolumbianische Berufsausbildung mit den deutschen Standards abgleicht und bis zu 18 Monate dauern kann. Tauchen Lücken in der Berufsausbildung auf, müssen sie hierzulande nachgeholt werden. Am Ende müssen die örtlichen IHKs überprüfen, ob die Ausbildung den deutschen Standards entspricht.
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Ist das der Fall, kann Vonovia die Kolumbianerinnen und Kolumbianer als Gesellinnen und Gesellen unbefristet übernehmen. Die Entscheidung, ob die Fachkräfte auch unbefristet in Deutschland bleiben können, liegt freilich in den Händen der Ausländerbehörden. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz gibt ihnen zunächst zwei Jahre Zeit, alle Qualifikationen nachzuholen. Vonovia bekundet bereits Interesse an der Fortführung des Pilotprojekts. Wenn es nach uns geht – setzen wir es weiter fort“, sagte Kanellopoulos.
Denn das Unternehmen aus Bochum stellt den neuen Mitarbeitenden nicht nur Wohnungen zur Verfügung und betreut sie bei Behördengängen. Der Fachkräftemangel ist überdies auch beim größten europäischen Vermieter zu einem zentralen Problem geworden …