Duisburg. Mit Mückenstich zum Kinderarzt: Warum der Ärger in vielen Praxen in Duisburg über Helikopter-Eltern, aber auch über Schulen groß ist.

Viele Kinderärzte in Duisburg ärgern sich zunehmend über Eltern, die ihre Sprösslinge wegen Bagatellkrankheiten untersuchen lassen wollen, und über die Folgen.

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„Da reden wir wirklich von leichtesten Erkältungssymptomen“, sagt Markus Schäfer, der hiesige Obmann der Kinder- und Jugendärzte. „Da wäre früher niemand auf die Idee gekommen, zum Arzt zu gehen. Tee, Erkältungsbad nehmen und drei Tage ausruhen – fertig!“, so der Doc vom U18-Kinderarztzentrum in Rheinhausen.

Mit Mückenstich zum Kinderarzt in Duisburg: Ärger über Helikopter-Eltern

Sein Kollege und stellvertretender Obmann Christoph Fangmann hat nach eigenen Angaben schon erlebt, dass Kinder sogar wegen einfacher Mückenstiche in der Praxis behandelt werden sollten. „Wo sind eigentlich die ganzen Omas hin, die in der Regel ganz genau wissen, was zu tun ist?“, fragt der Kinderarzt in Marxloh sarkastisch.

Markus Schäfer, Obmann der Kinder- und Jugendärzte in Duisburg, nennt die Probleme, die entstehen, wenn Eltern ihre Sprösslinge trotz Bagatellkrankheiten untersuchen lassen wollen.
Markus Schäfer, Obmann der Kinder- und Jugendärzte in Duisburg, nennt die Probleme, die entstehen, wenn Eltern ihre Sprösslinge trotz Bagatellkrankheiten untersuchen lassen wollen. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

So aber seien die Sprechstunden immer häufig voll mit Kindern, „die ich eigentlich gar nicht behandeln müsste“, stellt Schäfer klar. „Das geht zu Lasten der wirklich kranken oder sogar schwerkranken Patienten und führt natürlich auch zu einer hohen Arbeitsbelastung für uns Ärzte.“

Problem mit der Eigenverantwortung

Viele Eltern seien durch die lange Corona-Zeit offenbar verunsichert, sagt der Obmann. „Sie haben Probleme, eigenverantwortlich zu handeln.“ Eigenverantwortung – ein Stichwort, dass den Obmann zu einem für ihn weiteren nervigen Thema bringt. „Schulen verlangen oft wegen jeder noch so kleinen Bagatellkrankheit Atteste. Dabei können Eltern ihre Kinder für zwei bis drei Tage – um mehr geht es ja in der Regel nicht – ganz einfach selber entschuldigen.“

Christoph Fangmann, stellvertretender Obmann, regt sich wie Markus Schäfer über manche Eltern, aber wegen der Zunahme an Attestwünschen, so und Kinderarzt in Marxloh, auch über Schulen auf.
Christoph Fangmann, stellvertretender Obmann, regt sich wie Markus Schäfer über manche Eltern, aber wegen der Zunahme an Attestwünschen, so und Kinderarzt in Marxloh, auch über Schulen auf. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Fangmann zitiert in diesem Zusammenhang aus dem Schulgesetz in NRW, Paragraf 43, Absatz 2: „Ist eine Schülerin oder ein Schüler durch Krankheit oder aus anderen nicht vorhersehbaren Gründen verhindert, die Schule zu besuchen, so benachrichtigen die Eltern unverzüglich die Schule und teilen schriftlich den Grund für das Schulversäumnis mit. Bei begründeten Zweifeln, ob Unterricht aus gesundheitlichen Gründen versäumt wird, kann die Schule von den Eltern ein ärztliches Attest verlangen und in besonderen Fällen ein amtsärztliches Gutachten einholen“, so der Kinderarzt. „Aber eben nur dann.“

Ärger über Eltern, die Termine nicht wahrnehmen

Fangmann regt sich allerdings nicht nur über Eltern auf, die seine Praxis mit ihren Kindern trotz Bagatellkrankheiten aufsuchen. „Es gibt auch einige, die Termine vereinbaren und dann einfach nicht kommen.“

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In vielen Fällen gebe es dafür gute Gründe, aber er habe vor ein paar Jahren mal eine Auswertung vorgenommen: „Da bin ich auf 860 Termine in einem Quartal gekommen – in einem Quartal!“, sagt er. „Viel besser ist das nicht geworden. Mittlerweile rufen wir aber viele Eltern vor allem vor großen Vorsorgeuntersuchungen, für die ich entsprechend Zeit einplanen muss, sicherheitshalber an und erinnern sie an den Termin.“

>> KINDERÄRZTE IN DUISBURG: ARBEITSBELASTUNG HAT ZUGENOMMEN

  • Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hatte zuletzt Alarm geschlagen. Infolge der hohen Arbeitsbelastung in dem Beruf gebe es einen Nachwuchsmangel an. „Die gut ausgebildeten Mit-Dreißiger überlegen sich das dreimal, ob sie sich mit einer Praxis selbstständig machen oder lieber mit geregelten Arbeitszeiten als Angestellte oder in einem Krankenhaus arbeiten wollen“, so Verbandssprecher Axel Gerschauer.
  • Der Mangel an Kinder- und Jugendärzten greife inzwischen vom Land auch auf die Städte über. Gerschauer sprach bereits von Versorgungslücken. Dies kann der hiesige Obmann Markus Schäfer zwar für Duisburg nicht bestätigen. Die Arbeitsbelastung habe aber in der Tat grundsätzlich zugenommen. (mit dpa)