Duisburg. Die Gaffertape-Fenster waren so etwas wie das Wahrzeichen des Duisburger Hauptbahnhofs. Warum und wie sich Anna Termöhlen davon inspirieren ließ.

Die Duisburger Designerin Anna Termöhlen setzt dem Duisburger Hauptbahnhof ein modisches Denkmal. Kurz bevor in den nächsten Jahren der „schönste Bahnhof Deutschlands“ entsteht, hat sich die 31-Jährige ausgerechnet vom Gaffer-Tape und den kaputten Fenstern der Gleishalle inspirieren lassen, die nun abgerissen wird (wir berichteten). Sie bildete die Klebestreifen als grafisches Muster nach und ließ daraus Socken fertigen. Die Fußbekleidung kommt bei Duisburg-Fans ausgesprochen gut an. Von den Größen 39 bis 42 gibt es nur noch wenige Exemplare.

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Die Socken sind weiß. Darauf ist das Muster in pastelligen Farben zu sehen – und darunter Anna Termöhlens persönlicher Gruß „HDLHBFMFG“: „Hab dich lieb Hauptbahnhof, mit freundlichen Grüßen.“ Die Neudorferin findet, es wurde Zeit für so ein Kleidungsstück. „Viele schimpfen zwar auf den Bahnhof, aber andere identifizieren sich eben auch mit ihm.“

Muster am Duisburger Hauptbahnhof ist über Jahre durch Zufall entstanden

Im Zuge der Umbauarbeiten am Duisburger Hauptbahnhof wird auch die Fensterfront abgerissen.
Im Zuge der Umbauarbeiten am Duisburger Hauptbahnhof wird auch die Fensterfront abgerissen. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Bereits im Februar fotografierte sie also das Muster, das in den vergangenen Jahren wohl eher durch Zufall entstand: Immer, wenn eine Scheibe herauszufallen drohte, wurden die Risse von Handwerkern geflickt. Und weil man für einen kompletten Austausch der Fenster die Gleise hätte sperren müssen, entstanden Streifen, die teilweise an Buchstaben wie „T“ oder „H“ erinnern. „Das hat schon etwas Kunstvolles. Ich wollte aus dem negativen Image etwas Positives und Schönes machen.“

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Dass es Socken wurden, liegt an ihrer aktuellen Kollektion „Ikigai“, benannt nach der japanischen Lebensphilosophie. Diese stützt sich auf fünf Säulen und die erste heißt „Klein anfangen.“ (Tennis-)Socken hat sie erstmals designt. Der Schaft ist etwas kürzer, damit sich das Muster nicht so stark auseinanderzieht und das Muster erkennbar bleibt.

In Absprache mit einer Firma bei Dresden entstand die Farbgebung, Pastellversionen der Grundfarben. „Die Muster werden eingestrickt. Sieben Minuten brauchen die Maschinen, um ein Exemplar herzustellen, anschließend werden sie in Form und in die entsprechende Größe gezogen“, beschreibt Anna Termöhlen, die sich die Produktion angeschaut hat. 300 Paar hat sie in Auftrag gegeben. Wie der Zufall es wollte, kamen diese nun pünktlich zum Umbau-Start des Bahnhofs in Duisburg an.

Anna Termöhlen eröffnete ihr „AT-elier“ bereits 2014 in Neudorf

Die Socken gehören wie diese Jacke zu der neuen Kollektion „Ikigai“. Anna Termöhlen steht für wandelbare Mode. An dieser Jacke lässt sich der untere Teil abnehmen und die Tasche separat tragen.
Die Socken gehören wie diese Jacke zu der neuen Kollektion „Ikigai“. Anna Termöhlen steht für wandelbare Mode. An dieser Jacke lässt sich der untere Teil abnehmen und die Tasche separat tragen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Seit 2014 betreibt die kreative Duisburgerin ihr „AT-elier“. Aktuell nutzt sie die früheren Räume des ehemaligen „Nudelgarten“ am Ludgeriplatz. Schon als Vierjährige hat Anna Termöhlen ihre Mutter zum Nähkurs begleitet. Ihr Erstlingswerk war ein Vlies. Später folgten Kissen und Kleidungsstücke. Ihren Weg, später einmal Designerin zu werden, verfolgte sie zielstrebig. „Ich habe natürlich auch mal Klamotten im Laden gekauft, sie aber immer mit selbstgenähten Sachen ergänzt.“ Ihr Abiballkleid schneiderte sie sich selbst, fertigte später auch andere Abiballkleider für Bekannte, „so musste ich mir keine Gedanken machen, ob es mein Kleid noch mal gibt“. Nach dem Abitur bewarb sie sich an der Akademie für Mode und Kommunikation „Design Department“ in Düsseldorf.

Jede Bluse und jede Jacke ist ein Unikat. „Es hat sich mittlerweile bei vielen Duisburgern herumgesprochen, dass es hier individuelle Mode gibt.“ Variable Kleidung war schon immer Termöhlens Markenzeichen. Der zweiten Ikigai-Säule „Loslassen“ widmet sie etwa eine Jacke, deren unteres Teil sich abnehmen und deren Tasche sich separat tragen lässt. In anderen Kollektionsteilen hat sie farbige Streifen eingearbeitet, die ebenfalls an die Gaffer-Tape-Kunst erinnern.

Socken sehr beliebt: Paar kostet 15 Euro

Verfügbar sind die Socken in den Größen 35-38, 39-42 und ab 42.
Verfügbar sind die Socken in den Größen 35-38, 39-42 und ab 42. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Die Socken zum Preis von 15 Euro bekommt man übrigens bei ihr im Showroom in Neudorf und in der Tourist-Info. Eine Kundin war so begeistert von der Idee, dass sie nicht nur ein Paar kaufte, sondern in einer Mail dem Oberbürgermeister Sören Link von den Socken erzählte. Daraufhin meldete sich die Tourist-Info und nahm diese ins Programm auf. „Es ist denkbar, dass ich noch einmal Nachschub produzieren lasse, aber es wird sicher zwei Monate dauern, bis neue Socken kommen.“ Wer sich also das ungewöhnliche Erinnerungsstück sichern möchte, sollte sich beeilen.

>> Öffnungszeiten des „Showroom“ in Duisburg-Neudorf

  • Das AT-elier am Ludgeriplatz 25 hat immer freitags von 10 bis 19 Uhr und samstags von 11 bis 16 Uhr geöffnet.
  • Nähere Infos gibt es zudem im Internet auf der Seite www.at-atelier.de.