Duisburg. Die Not in der Energiekrise wächst, sagt die Verbraucherzentrale Duisburg. Was sie von der Stadt fordert und wie sich die Fallzahlen entwickeln.

Paulina Wleklinski, Leiterin der Verbraucherzentrale in Duisburg, schlägt wegen stark steigender Fallzahlen in der Energiekrise Alarm. Sie nennt ein Beispiel. Hat sie 2021 noch insgesamt 138 Fälle zum Energierecht bearbeitet, so waren es bis Juli 2022 schon 320. Mittlerweile kommt sie auf 386 Fälle.

„Eine nicht kleine Anzahl davon wird wahrscheinlich auch die Energiearmutsberatung in Anspruch nehmen müssen“, sagt Wleklinski. In diesem Bereich werde es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch einen starken Anstieg der Fallzahlen geben.

Verbraucherzentrale Duisburg schlägt in der Energiekrise Alarm

„2021 hatten wir in der Rechtsberatung Energiearmut 118 und in der Rechtsvertretung 184 Fälle“, erklärt die Leiterin der Beratungsstelle. „Rechtsvertretung bedeutet, dass eine Beratung nicht ausreicht und wir für Verbraucher den Gegner anschreiben.“ In diesem Jahr seien es, Stand August, schon 107 Rechtsberatungen Energiearmut und 89 Rechtsvertretungen.

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„Jedoch hat der Herbst erst begonnen“, stellt Wleklinski klar. „Die Leute sind teilweise wirklich verzweifelt, wissen angesichts drastisch steigender Energiepreise nicht mehr, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Ich habe Fälle auf dem Tisch, da werden zum Beispiel von Energieversorgern Sonderverträge regelgerecht gekündigt und das neue Angebot für einen monatlichen Abschlag liegt nicht mehr bei 120, sondern bei 800 Euro...“

Zahl der Anfragen enorm

Die Menge der Anfragen sei aktuell enorm und allein mit ihrer vollen Stelle für die energierechtliche Beratung und einer halben Stelle von Claudia Bracht für die Energiearmutsberatung kaum zu bewältigen. Die Stadt Duisburg hat zwar einen Krisenstab „Energiemangellage“ als Reaktion auf die Energiekrise eingerichtet, in dem die Verbraucherzentrale aber zumindest bisher nicht vertreten ist.

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Wleklinski stellt deshalb klar: „Es müssen alle mit uns an einen Tisch: Stadtverwaltung, Stadtwerke, Jobcenter, Sozialamt, Schuldnerberatungsstellen und die Politik. Wir haben solche runden Tische in der Vergangenheit mal organisiert, aber das können wir in der aktuellen Situation nicht mehr leisten. Das müsste die Stadt machen.“

„Alle an einen Tisch“

Es seien essenzielle Fragen zu klären – zum Beispiel mit den Stadtwerken: „Wie gehen wir mit den Kunden um, die jetzt auf Energiesperren zulaufen, weil sie einfach nicht zahlen können?“, so Wleklinski. „Auf der anderen Seite sollen aber natürlich auch die Energieunternehmen ihr Geld bekommen, damit sie nicht auch in Not geraten. Es gibt ja aktuell schon die Sorge vor Insolvenzen bei Grundversorgern.“

Bülent Adigüzel, Leiter der Awo-Schuldnerberatungsstelle in Duisburg, unterstützt die Forderungen der Verbraucherzentrale ausdrücklich. „Bei Anfragen zu Energieschulden haben wir derzeit zwar nur einen leichten Anstieg zu verzeichnen. Das wird sich aber spätestens Anfang des nächsten Jahres ändern, wenn die Energiepreiserhöhungen noch stärker durchschlagen.“

Deshalb sei es wichtig, jetzt in einer gemeinsamen Kraftanstrengung die richtigen Weichen zu stellen. Adigüzel warnt: „Schon jetzt ist ein Fünftel der Duisburger Bevölkerung überschuldet.“

>> JOBCENTER in DUISBURG: VIELE MENSCHEN WERDEN ZUSÄTZLICH BEDÜRFTIG

  • Die Begleichung deutlich höherer Rechnungen für Energiekosten werde viele Duisburger überfordern, prognostiziert auch der Leiter des Duisburger Jobcenters, Frank Böttcher. „Wir müssen befürchten, dass viele Menschen zusätzlich bedürftig werden“, so Böttcher in seinem Bericht im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit.
  • „Bitter nötig“ sei die Anhebung der Grundsicherung, so Böttcher, die in „Bürgergeld“ umbenannte „Hartz IV“-Leistung soll laut einem Referentenentwurf des Arbeitsministeriums künftig 500 Euro betragen. Die pauschal mit 38 Euro abgegoltenen Stromkosten werden oftmals kaum reichen, vermutet Böttcher. (ma)