Duisburg. Die Stadtwerke erhöhen zum 1.11. für Tausende Kunden Strom- und Gas-Preise. Mit welchen Aufschlägen zu rechnen ist und für wen es günstiger wird.

„Gaspreisschock“ und „Energiepreisexplosion“ bestimmen die Schlagzeilen. Versorger wie die Stadtwerke Duisburg (SWDU) müssen zurzeit jeden Tag Strom und Gas zu Rekordpreisen einkaufen: kurzfristig für eine gestiegene Zahl an Neukunden, mittelfristig für die kommenden Jahre. An der Strombörse lag der Großhandelspreis für eine Megawattstunde Strom für 2023 jüngst bei 1000 Euro pro Megawattstunde – das bedeutet quasi einen Großhandelsnettoeinkaufspreis von einem Euro pro Kilowattstunde (kWh). Trotzdem haben die meisten Duisburger und Duisburgerinnen die von Kriegstreiber Putin ausgelösten Turbulenzen bei den Energiebeschaffungspreisen noch nicht zu spüren bekommen. So geht es auch deutlich über 90 Prozent der SWDU-Kunden. Das wird sich wie berichtet in Kürze ändern: Die Stadtwerke werden in den nächsten Tagen mehrere Zehntausend Privatkunden schriftlich informieren, dass und wie sie die Strom- und Gaspreise für sie zum 1. November erhöhen.

+++ Update vom 16. September: Die neuen Preise für Strom und Gas in der Grundversorgung stehen fest – hier lesen Sie, wie viel teurer es wird +++

Wie viele Kunden von den massiven Preiserhöhungen betroffen sind, will der Duisburger Grundversorger nicht verraten. Wettbewerbsgeheimnis. Auch zum Ausmaß der Erhöhungen macht Stadtwerke-Sprecher Ingo Blazejewski noch immer keine Angaben. Das Unternehmen sei weiterhin in der „Preisfindungsphase“.

Blazejewski dementiert jedoch einen Bericht der Rheinischen Post, wonach die Preise für Strom und Gas um bis zu 250 Prozent steigen würden. Das hätte zum Beispiel einen Strom-Arbeitspreis von 66,25 Cent/kWh bedeutet. Die Erhöhungen anderer Grundversorger in der Region (siehe Infobox unten) lassen jedoch erahnen, dass auch auf SWDU-Bestandskunden in Grundversorgungstarifen Brutto-Arbeitspreise von mehr als 30 Cent beim Strom und deutlich mehr als zehn Cent beim Gas zukommen.

Preiserhöhungen der Stadtwerke Duisburg: Die Hälfte der Stromkunden und ein Drittel der Gaskunden sind zum 1.11. betroffen

Sicher ist: Es wird nun jedenfalls zum gesetzlich spätestmöglichen Termin auch teurer für alle Bestandskunden in den Tarifen der Grundversorgung, „Partner Erdgas Classic“ und „Partner Strom Classic“. „Rund ein Drittel unserer Erdgaskundinnen und -kunden werden über einen Tarif der Grundversorgung beliefert, beim Strom ist es rund die Hälfte“, sagt Blazejewski (zur Einordnung der Verbrauchsmengen: siehe Info am Ende des Artikels).

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Für alle anderen Stadtwerke-Kunden wird es erst nach dem 1. November teurer: Sie haben andere Tarife mit Preisgarantien über zwölf oder 24 Monate abgeschlossen. „Nur unseriöse Anbieter unter Druck“, sagt Blazejewski zum jüngsten Urteil des Düsseldorfer Landgerichts gegen die ExtraEnergie GmbH, würden versuchen, Preisgarantien mit Verweis auf erhöhte Beschaffungskosten auszuhebeln. „Wir nicht.“ Festpreis-Tarife bieten die SWDU seit 2020 nur noch für Ökostrom an.

Die Einkaufspreise „haben sich beim Erdgas innerhalb eines Jahres verzehnfacht, beim Strom zeitweise verachtfacht“, betont Ingo Blazejewski, Sprecher der Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (DVV) und der Stadtwerke Duisburg (SWDU).
Die Einkaufspreise „haben sich beim Erdgas innerhalb eines Jahres verzehnfacht, beim Strom zeitweise verachtfacht“, betont Ingo Blazejewski, Sprecher der Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (DVV) und der Stadtwerke Duisburg (SWDU). © DVV | Daniel Tomczak

Die Stadtwerke konnten ihre Bestandskunden nach eigenen Angaben bislang durch eine „langfristige Beschaffungsstrategie“ und dadurch schonen, dass sie für Neukunden Ende 2021 einen eigenen Grundversorgungstarif eingeführt hatten. So mussten diese als Kunden zweiter Klasse viel mehr zahlen (wir berichteten).

Bis Dezember 2021 zahlten sie für Strom in der Grund- und Ersatzversorgung einen Brutto-Arbeitspreis von 30,9 Cent/kWh, danach 53,04 Cent, seit September 75,26 Cent (im Folgenden immer: Brutto-Preise). Ein Muster-Vier-Personen-Haushalt mit dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 4000 kWh würde so aktuell pro Jahr statt 1236 Euro also 3010,40 Euro zahlen. Beim Gas hat sich für Neukunden der Arbeitspreis im Tarif „Partner Erdgas Basic“ zum 1. September um 10,84 Cent auf 31,69 Cent/kWh erhöht (wir berichteten).

Umlagen machen nur kleinen Teil der Preiserhöhungen aus

Die Ausgangslage für private Bestandskunden im Grundversorgungstarif vor den nun anstehenden Preishöhungen:

Sie zahlen für Strom im Tarif „Partner Strom Classic“ noch einen Grundpreis von 126,59 Euro/Jahr plus einen Arbeitspreis von 26,5 Cent/kWh – somit sogar weniger als vor einem Jahr (32,3 Cent). Die Stadtwerke hatten den Preis zum 1. Januar 2022 auf 30,9 gesenkt, durch den Wegfall der EEG-Umlage (4,43 Cent/kWh) sank er zum 1. Juli weiter auf 26,5 Cent/kWh.

Fürs Gas zahlen die meisten Haushalte als Bestandskunden im Grundversorgungstarif „Partner Erdgas Classic“ einen Grundpreis von 249,29 Euro/Jahr plus einen Arbeitspreis von 8,6 Cent/kWh. Zur Einordnung: Abhängig von Wohnungsgröße, Außentemperatur, Dämmung, Technik und Heizverhalten verbraucht ein Ein-Personen-Haushalt pro Jahr 4000 bis 8000 kWh, ein Zwei-Personen-Haushalt rund 8000 bis 12.000 kWh, ein Vier-Personen-Haushalt 12.000 bis 18.000 kWh. In Einfamilienhäusern liegt der Verbrauch meist deutlich höher.

Die ab 1. Oktober fällige Gasumlage von 2,419 Cent pro kWh wird jedenfalls nicht den Hauptteil der Bruttopreiserhöhung ausmachen, ebenso „Gasspeicherumlage“ (0,059 Cent/kWh), „Bilanzierungsumlage“ (0,57 Cent/kWh) und „Konvertierungsumlage“ (0,038 Cent/kWh) nicht.

Stadtwerke-Sprecher: „Einkaufspreise haben sich verzehnfacht“

Viel stärker gehen die Großhandelspreise ins Portemonnaie, zu denen die Stadtwerke für einen stetig wachsenden Anteil ihrer Kunden einkaufen müssen: Die Einkaufspreise „haben sich beim Erdgas innerhalb eines Jahres verzehnfacht, beim Strom zeitweise verachtfacht“, betont Ingo Blazejewsi die Abhängigkeit der Stadtwerke. An der Strombörse bestimmt nach der Logik des „Merit order“-Prinzips der teuerste Erzeugerpreis den Preis.

Die Stadtwerke müssen Gas auch für den Betrieb des Erdgas- und Dampf-Heizkraftwerks in Wanheim einkaufen, ein Kraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung für die Fernwärmeversorgung (siehe Infobox).

Das neue Blockheizkraftwerk in Hochfeld an der Bungertstraße (wir berichteten) soll wie geplant in diesem Herbst in Betrieb gehen. Es soll auch Fernwärme liefern, aber es ist auch gasbetrieben, was aktuell ein Problem ist. „Wenn wir es nicht benötigen, werden wir es wegen der aktuell hohen Gaspreise nicht einsetzen“, erklärt Blazejewski. Das Kohlekraftwerk am Standort dort hatten die Stadtwerke Anfang 2018 stillgelegt – im Rahmen des vorgezogenen Kohleausstiegs und als Reaktion auf die seinerzeit massiv gesunkenen Preise an den Strombörsen … wo paradoxerweise zurzeit auch Kohlekraftwerksbetreiber Rekordpreise erzielen.

Gesetzliche Anpassung der Tarife: Für Neukunden wird’s preiswerter

Zurück in Gegenwart und Zukunft: Bei der neuen Preisgestaltung müssen die Stadtwerke ihre Tarifstruktur auch an neue gesetzliche Vorgaben anpassen. Bis zum 1. November müssen die Grundversorgungstarife für Neu- und Bestandskunden bei Strom und Gas zusammengeführt werden, um die Benachteiligung der „Neuen“ zu beseitigen, wie diese sie zuletzt auch die Stadtwerke Duisburg praktiziert haben.

Zugleich wird der bisherige Grund- und Ersatzversorgungstarif in einen Tarif für die Grundversorgung und einen Tarif für die Ersatzversorgung getrennt (siehe Infobox).

Die absehbaren Folgen aller Entwicklungen: Die Neukunden der Stadtwerke Duisburg werden ab dem 1. November für Strom und Gas etwas weniger bezahlen, die Bestandskunden (ohne Preisgarantien) deutlich mehr.

>> NEUER ERSATZVERSORGUNGSTARIF

  • Im Ersatzversorgungstarif bleiben Kunden maximal drei Monate. In ihn müssen die Stadtwerke als Duisburger Grundversorger etwa Kunden zur nahtlosen Weiterversorgung aufnehmen, denen der bisherige Anbieter gekündigt oder deren Lieferant Insolvenz angemeldet hat.
  • Diese Kunden gehen nach der neuen Gesetzeslage nach drei Monaten automatisch in die neue Grundversorgung über, sofern sie zuvor keinen anderen Tarif gewählt haben.

>> FERNWÄRME / NEUER ERSATZVERSORGUNGSTARIF

  • In Duisburg werden etwa 70.000 Haushalte mit Fernwärme versorgt.
  • Die „Fernwärme Duisburg GmbH“ – dahinter stecken Stadtwerke AG und die Fernwärmeversorgung Niederrhein GmbH – hatte die Preise im April für Abnehmer im Stadtnorden und im Juli für Duisburg-Mitte, -Süd und -West erhöht (wir berichteten).

>> SO HABEN ELE UND STADTWERKE DÜSSELDORF ERHÖHT

  • Beispiele für Preiserhöhungen von Grundversorgern an Rhein und Ruhr:
  • Der Grundversorger in Gelsenkirchen, Bottrop und Gladbeck, Emscher Lippe Energie (ELE), hat seinen Gaspreis (noch vor der Einführung der Gasumlage) zum 1. August erhöht, den Arbeitspreis von 7,26 Cent auf 14,54 Cent je kWh (Grundpreis, unverändert: 142,80 Euro).
  • Der Brutto-Arbeitspreis beim Strom stieg trotz des Wegfalls der EEG-Umlage (4,43 Cent/kWh) von 31,11 auf 33,81 Cent. Unterm Strich kann das also für einen Vier-Personen-Haushalt jährliche Mehrkosten von 1092 Euro für Gas (bei 15.000 kWh Verbrauch) und 108 Euro für Strom (bei 4000 kWh Verbrauch) bedeuten.
  • Die Stadtwerke Düsseldorf erhöhen den Strompreis zum 1. November in der Grundversorgung von 24,17 auf 33,52 Cent/kWh (Grundpreis: unverändert: 89,06 Euro). Das bedeutet für eine Familie 374 Euro mehr pro Jahr nur für Strom (bei 4000 kWh Verbrauch).
  • Zum 1. August hatten die Stadtwerke Düsseldorf die Gaspreise massiv erhöht: für Bestandskunden in der Grundversorgung „Düsselgas Klassik“ von 7,39 auf 10,47 ct/kWh (Grundpreis, unverändert: 100,67 Euro). Auch hier war die Gasumlage noch nicht berücksichtigt. Der Arbeitspreis erhöht sich um 3,08 Cent pro Kilowattstunde, also von 7,39 ct/kWh auf 10,47 ct/kWh.