Duisburg. Im September 1998 wurde Ahmet Tuncer tot in einem Keller in Hüttenheim gefunden. Nun rollen Ermittler den Cold Case auf. Was sie hoffen lässt.

In Duisburg geht eine Mordkommission einem weiteren „Cold Case“ nach, also einem bislang ungelösten und zu den Akten gelegten Fall. Das hat das Präsidium am Dienstag bekannt gegeben und einen Zeugen-Aufruf mit neu veröffentlicht. Es geht um den Fall von Ahmet Tuncer: auf den Tag genau vor 24 Jahren, am Sonntag, 13. September 1998, wurde der damals 52 Jahre alte Duisburger gegen 12 Uhr mittags tot im Keller eines Mehrfamilienhauses an der Graf-Spee-Straße in Hüttenheim aufgefunden.

[Blaulicht-Berichte aus Duisburg: zur Spezialseite über Einsätze von Polizei und Feuerwehr]

Ahmet Tuncer lebte damals mit seiner Familie in diesem Mehrfamilienhaus. Er hatte laut Polizei vormittags seine Wohnung verlassen, um in den Kellerraum der Familie zu gehen.

Mordfall Ahmet Tuncer 1998: Polizei Duisburg stellte Ermittlungen nach vier Monaten ein

„Als er nicht zurückkehrte, sah seine Frau nach dem Rechten und fand den Stahlarbeiter auf dem Boden des Kellers, offensichtlich von zahlreichen Schüssen tödlich verwundet“, schildert die Pressestelle der Duisburger Behörde den Fall rückblickend. Nachbarn des Hauses hatten damals in den Morgenstunden mehrere Schüsse gehört.

Auch interessant

Die Duisburger Mordkommission habe damals wochenlang ermittelt und war unter anderem mit Fahndungsplakaten in deutscher und türkischer Sprache auf der Suche nach Zeugen. Die alten Plakate haben die Ermittler nun nochmals im Internet veröffentlicht.

Das Fahndungsplakat im Fall Ahmet Tuncer aus dem Jahr 1998 in deutscher Sprache.
Das Fahndungsplakat im Fall Ahmet Tuncer aus dem Jahr 1998 in deutscher Sprache.

Vier Monate nach der Tat wurden die Untersuchungen 1999 jedoch ohne Ergebnis eingestellt, berichtet die Polizei Duisburg. Jetzt haben sich Ermittler in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft dieses ungeklärten Altfalls angenommen und die Strafakten erneut durchforstet.

„Kripo-Rentner“ des LKA gaben Anstoß zu neuen Ermittlungen

Die Initiative ging auch in diesem Fall von einem der „Kripo-Rentner“ aus, die das Landeskriminalamt (LKA) und NRW-Innenminister Herbert Reul Ende 2021 auf ungelöste Kriminalfälle ansetzten. 27 Männer und eine Frau – ehemalige Mordermittler und Kommissariatsleiter zum Beispiel – sollen mehr als 1000 Ermittlungsakten ungelöster Kapitalverbrechen in Nordrhein-Westfalen aus den Jahren 1970 bis 2015 begutachten (wir berichteten). Denn Mord verjährt nicht.

Der Tatort: In diesem Haus an der Graf-Spee-Straße in Duisburg-Hüttenheim wurde am 13. September 1998 Ahmet Tuncer erschossen.
Der Tatort: In diesem Haus an der Graf-Spee-Straße in Duisburg-Hüttenheim wurde am 13. September 1998 Ahmet Tuncer erschossen. © FUNKE Foto Services | Jonas Schlömer

Das Prinzip: Die reaktivierten Fallanalytiker (die im Hintergrund bleiben, damit sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren können) durchforsten jeweils Akten zu Fällen, an denen sie nicht beteiligt waren – um die Ermittlungen unvoreingenommen und mit einem neuen fachlichen Blick bewerten zu können. „Sehen sie Ansatzpunkte für eine Wiederaufnahme der Ermittlungen“, so erklärt Duisburgs Polizeisprecher Stefan Hausch das Vorgehen, „diskutieren sie diese mit Mordermittlern vor Ort und der Staatsanwaltschaft.“ Wenn ein besprochener Fall aus Sicht der Beteiligten auch nach dieser Analyse noch Potenzial bietet, wird er von den Beamten vor Ort neu aufgerollt.

Auch interessant

2000 Euro Belohnung für Hinweise, die zur Verhaftung führen

Wie der Mordfall Ahmet Tuncer. Die Staatsanwaltschaft hat am Dienstag neu 2000 Euro Belohnung für Hinweise ausgelobt, die zur Ergreifung des/der Täter(s) führen. Auf den alten, nun wiederveröffentlichten Fahndungsplakaten hatten die Strafverfolgungsbehörden 1998 „3000 DM Belohnung“ ausgelobt.

Das Fahndungsplakat aus dem Jahr 1998 in türkischer Sprache. Mord-Ermittler rollen den Cold Case Ahmet Tuncer neu auf.
Das Fahndungsplakat aus dem Jahr 1998 in türkischer Sprache. Mord-Ermittler rollen den Cold Case Ahmet Tuncer neu auf. © Polizei Duisburg

Was die nach dem Leichenfundort benannte, neue „MK Graf“ auf den Durchbruch hoffen lässt? „Vielleicht gab es damals Zeugen, die etwas hätten sagen können, aber es aus bestimmten Gründen nicht getan haben, zum Beispiel aus Angst, wegen Sprachgrenzen oder einer Distanz zur Polizei“, erläutert Polizeisprecher Hausch. Die Hoffnung sei immer, „dass diese Grenzen nun weggebrochen sind“. In solchen Fällen würden sich Zeugen jedoch selten aus eigenem Antrieb melden. „Sie brauchen eine Initialzündung“ – wie Berichte über neu aufgenommene Ermittlungen.

Zudem werden auch im Fall Tuncer Zeugen von damals neu befragt, Asservate neu bewertet. Über Ermittlungsansätze und Verdachtsmomente aus den Jahren 1998/99 mag Hausch heute erstmal nicht sprechen; bestätigen ließ sich seinerzeit schließlich keiner.

Auch interessant

Wer hat Ahmet Tuncer am Morgen des 13.9.1998 gesehen?

Stattdessen schickt die MK Graf diese Fragen hinaus in die Öffentlichkeit:

  • „Wer hatte Ahmet Tuncer am Morgen des 13. September 1998 noch lebend gesehen?
  • Wer kann Näheres zu seinen damaligen Lebensumständen oder Bekannten sagen?
  • Wer hat am Morgen des Tattages verdächtige Beobachtungen auf der Graf-Spee-Straße gemacht?
  • Wem sind im Nachhinein Informationen zu Ohren gekommen, die mit der Tat in Zusammenhang stehen?“

Hinweise nimmt die Mordkommission unter der Rufnummer 0203 2800 entgegen oder per E-Mail an das Hinweispostfach MKGraf.Duisburg@polizei.nrw.de

>> LKA: COLD CASES AUS DUISBURG

Ermittlungserfolge gibt es zu den anderen sechs Duisburger Cold Cases, die seit Ende 2021 aufgerollt werden (wir berichteten), noch nicht zu vermelden.

  • Am 5. Juni 2009 wurde an der kleinen Straße „Runde Hecken“ in Neumühl ein Mann ermordet aufgefunden.
  • Wer brachte den Mülheimer um, der am 21. April 2003 an der Straße „Am Ruhrdeich“ in direkter Nähe der Metro in einem Auto gefunden wurde?
  • Am 28. September 1998 wurde ein neugeborener Junge tot am Rhein-Herne-Kanal in Meiderich gefunden.
  • In Rheinhausen wurde am 24. Januar 1986 ein 55-jähriger Mann in seiner Wohnung überfallen und durch Messerstiche tödlich verletzt.
  • Am 26. Februar 1981 wurde ein 46 Jahre alter Autohändler aus Kamp-Lintfort erschossen in seiner Wohnung gefunden.
  • Eine 21-jährige Frau wurde am 15. September 1977 erschossen und zerstückelt in Schermbeck aufgefunden.