Duisburg. Nur zehn Tage nach einer umstrittenen Protestaktion im Delfinarium am Kaiserberg verkündet der Zoo Duisburg Nachwuchs bei den Delfinen.

Die Delfinfamilie im Zoo Duisburg hat ein neues Mitglied. In der Nacht von Samstag auf Sonntag hat die sechsjährige Debbie, die selbst am Kaiserberg geboren wurde, ein männliches Jungtier zur Welt gebracht. „Debbie kümmert sich vorbildlich, hält Kontakt zum Nachwuchs und begleitet das Delfinkind zum regelmäßigen Atmen an die Wasseroberfläche“, sagt Dr. Kerstin Ternes, Zootierärztin und Kuratorin für Meeressäuger.

Die Delfinexpertin weiß aber auch um die Herausforderungen der Aufzucht eines Delfins – im ursprünglichen Lebensraum wie im Delfinarium: „Junge Delfine kommen ohne ausreichend schützendes Immunsystem auf die Welt, die ersten Lebenswochen sind daher entscheidend“. Antikörper zur Abwehr von Infekten erhalten neugeborene Delfine ausschließlich über die Muttermilch, bis das eigene Immunsystem ausgebildet ist, erklärt der Zoo. Die ersten Lebenswochen werden deshalb intensiv von den Tierpflegern beobachtet. Säugefrequenzen, Atemzeiten sowie Verhaltensweisen zwischen Mutter und Jungtier werden erfasst.

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Wie die Wissenschaft von der Delfinfamilie in Duisburg profitiert

Die gesammelten Daten sollen das Wissen über Delfine erweitern und werden laut Auskunft des Zoos der internationalen Fachwelt zur Verfügung gestellt. Die Arbeit mit den Tieren habe in der Vergangenheit auch Artenschützern weltweltweit als Grundlage gedient, erklärt der Zoo. So wurde am Kaiserberg etwa die Haftbarkeit von GPS-Trackern mittels Saugnapf an Delfinhaut erprobt. Mit den Geräten können Wanderrouten von Walen und Delfinen verfolgt werden. Das klappt aber nur, wenn die Geräte auch halten. „Eine Studie, die im ursprünglichen Lebensraum unmöglich gewesen wäre“, teilt der Tierpark mit.

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In Delfinarium sei auch ausprobiert worden, wie Delfine auf reflektierende Netze reagieren. Der Einsatz und das Erkennen solcher Netze über Echoortung der Tiere könnte dabei helfen, dass weniger Delfine in Netzen verenden. „Darüber hinaus konnten Forscher bei uns grundlegende Erkenntnisse zum Kommunikationsverhalten von Delfinen sammeln“, schildern die Zooverantwortlichen. Beispiele, die laut Auskunft des Zoos die Bedeutung der wissenschaftlichen Arbeit von anerkannten Delfinarien unterstreichen.

Das erste Bild vom Nachwuchs im Delfinarium: Mutter des Jungtiers ist die sechsjährige Debbie, die ebenfalls am Kaiserberg geboren wurde.
Das erste Bild vom Nachwuchs im Delfinarium: Mutter des Jungtiers ist die sechsjährige Debbie, die ebenfalls am Kaiserberg geboren wurde. © Zoo Duisburg | S. Gräfen

Haltung der Delfine am Kaiserberg gilt als umstritten

Die Delfinhaltung am Kaiserberg hat eine lange Tradition. Der Zoo war einer der ersten zoologischen Gärten in Europa, der sich im Jahr 1965 an die seinerzeit neuartige Haltung wagte. Im Jahr 1978 gelang am Kaiserberg erstmalig die Nachzucht eines Großen Tümmlers, der zudem der erste Zuchterfolg in Deutschland war. Ebenso lang begleitet den Zoo ein hochemotionaler Streit mit Tierschützern, die die Haltung der äußerst sozialen Meeressäuger für nicht artgerecht halten.

Anknüpfungspunkt für Tierschützer ist auch die Jungtieraufzucht. Die Tierrechtsorganisation Peta spricht von einer hohen Sterblichkeit bei Jungtieren am Kaiserberg. So sind etwa in den Jahren 2016 und 2017 drei Delfine nur wenige Tage nach der Geburt verstorben. Der Zoo Duisburg verwies in der Vergangenheit auf eine ähnliche Jungtiersterblichkeit in freier Wildbahn. Die Verlustraten seien aber auch auf die Anfangsjahre der Delfinhaltung zurückzuführen, als noch weniger Wissen über die Tiere vorherrschte.

Die Kritik von Tierschützern kanalisiert sich letztlich immer wieder auf die zwei in Deutschland verbliebenen Delfinarien in Duisburg und Nürnberg. Erst vor zehn Tagen haben Aktivisten während einer Vorführung das Becken im Delfinarium des Duisburger Zoos gestürmt (wie berichtet). Weil sich die Tiere zu dieser Zeit im Becken befanden, sprach der Tierpark von einer Tierwohlgefährdung, da Krankheitserreger oder Umweltkeime über die getragenen Neoprenanzüge ins Wasser hätten gelangen können.

Aktivisten sprangen ins Wasser im Delfinarium im Zoo Duisburg und protestierten Ende August gegen die Delfinhaltung.
Aktivisten sprangen ins Wasser im Delfinarium im Zoo Duisburg und protestierten Ende August gegen die Delfinhaltung. © Justin Brosch | JUSTIN BROSCH