Duisburg. Der Platzhirsch ist zurück auf dem Duisburger Dellplatz. Ehrenamtliche haben ein facettenreiches Programm auf die Beine gestellt. Die Übersicht.
Der Platzhirsch bringt am kommenden Wochenende, 26. bis 28. August, musikalische und künstlerische Artenvielfalt zurück auf den Dellplatz. Die ehrenamtlichen Macher haben ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt, zu dem nicht nur Konzerte, sondern auch Ausstellungen, ein Picknick und Programm für Kinder gehören – alles findet umsonst und draußen statt. Eine Übersicht, was die großen und kleinen Besucher drei Tage erwartet.
Das ist am Freitag rund um den Dellplatz im Duisburger Dellviertel los
Die Eröffnung am Freitagabend übernimmt Florence Mankenda. Die Leadsängerin der Band „Vintage Neon“ singt solo auf Deutsch groovig-lässige Lieder und wird danach auch als Moderatorin auf der Dorfbühne stehen. Es lohnt sich schon um 18 Uhr, zum Platzhirsch zu kommen.
Die fünf Duisburgerinnen und Duisburger, die ab 18.30 Uhr auf der Zeltbühne auf dem Dellplatz stehen, nennen sich „5 among many“ und wollen mit wehmütigem Blues und rockigen Passagen beweisen, dass sie keineswegs fünf von Vielen sind.
Ab 19 Uhr ist die belgische Gruppe „Takh“ auf der Bühne in der Säule zu Gast. Die Musikerinnen und Musiker verbindet eine gemeinsame Liebe zu Untergang und Finsternis, zusammen mit der rohen Herangehensweise an Musik, die die Seele zerreißt. Inspiriert von Swans, Low oder Woven Hand fordern sie sich heraus, sich auf pure Intensität zu konzentrieren.
Carla Boregas dürfte unter alt eingesessenen Platzhirsch-Fans keine Unbekannte sein. Gemeinsam mit M.Takara spielt sie eine Mischung aus Ambient und kosmischem Jazz. Elektronische, teils bedrohliche Klanglandschaften werden mit einem kraftvollen Schlagzeug kombiniert. Das Duo aus Brasilien spielt um 19.45 Uhr auf der Dorfbühne.
Zwischen den Platzhirsch-Machern und den Moers-Festival-Organisatoren gab es in der Vergangenheit schon einen regen Austausch. Am Freitagabend ist Tomeka Reid, aktuelle „Improviserin in Residence“ des Moers Festivals, in der Kirche St. Joseph zu Gast. Schon ihr Instrument, das Cello, zeigt, dass sie nicht nur im Jazz, sondern auch in der zeitgenössisch komponierten Musik zu Hause ist. Zum Konzert in Duisburg bringt sie Jean Cook und Eddy Kwon mit. Beginn: 19.45 Uhr.
In diesem Jahr legen die Organisatoren noch einmal mehr wert auf Barrierefreiheit und Integration: Station 17 sind eine Krautrock-Band. Gegründet wurde sie 1989 als Projekt einer Wohngruppe für geistig behinderte Menschen. Das Kollektiv begann als kreatives und soziales Projekt und war das erste seiner Art, das Musiker mit und ohne Behinderung in der alternativen Musikszene verbindet. Um 20.30 Uhr startet das Konzert im Zelt.
Ab 21.30 Uhr wird es in der Kirche St. Joseph sphärisch: Aus elektrischem Flirren und rauschhaften Soundströmen formen sich filigrane, schillernde Klanggebilde. Mit Elektronik, E-Gitarre, Trompete und einer frei improvisierenden, konkreten Arbeit am Material generieren Korhan Erel, Liz Alby und Thorsten Töpp „dichte Raum-Zeit-Gewebe voller Überraschungen“. Der Bildtüftler Malte Jehmlich wird zur komplexen Musik Visuals beisteuern, die eine weitere abstrakte und assoziative Ebene beisteuern.
Parallel steht um 21.30 Uhr der Dortmunder Rapper „Schlakks“ auf der Dorfbühne auf dem Dellplatz. Mit den Beatbastlern „Razzmatazz“ und Opek verspricht er eine Show „irgendwo zwischen Politrap, Poetry und Jazz mit Funk-Vibes.“
Von dem Namen „Aua“ sollte man sich nicht abschrecken lassen. Fabian Bremer und Henrik Eichmann erzeugen aus außergewöhnlichen elektronischen Instrumenten und explosiven Motorik Beats eine Mischung zwischen Melancholie und Aufschwung: Elektronischer Indie-Pop trifft auf Surf-Gitarren. Ab 21.30 Uhr in der „Säule“ zu hören.
Paddy Steer wird als „verrückte Ein-Mann-Band“ angekündigt, die die Platzhirsch-Festival-Besucher zum Tanzen bringen will. Dafür bedient er sich einer Vielzahl an Instrumenten. „Von modifizierten Synthesizern bis hin zu einer verrückten Kostümgarderobe ist es ein Wahnsinns-Erlebnis“, freuen sich die Organisatoren ab 22.15 Uhr im Dellplatz-Zelt auf den Auftritt.
Zwei Performances runden den Abend ab: Das Team von „Oper, Skepsis und Gleisbau“ bringt sein neues elektroakustisches Musiktheater „Die Roboterinnen“ als Uraufführung auf die Platzhirsch-Bühne. Um 23 Uhr, zu erleben in der Kirche St. Joseph.
„Es wird düster“ verspricht die Duisburger Band [B O L T]. Die Musiker spielen langsame Drone-Musik mit zwei Bassisten und einem Schlagzeuger und erzeugen zeitlose Klanglandschaften abseits von musikalischen Trends. Im Zusammenspiel mit dem Tänzer Harald Schulte wird eine audio-visuelle Erfahrung geschaffen, die fesseln soll. Die Performance um 23.30 Uhr in der Säule ist der letzte Programmpunkt des Abends.
Der Samstag mit Punk, Improvisationen und Singer-Songwritern
Der Konzertsamstag beginnt um 15.30 Uhr und wird eröffnet vom „Işık Quartett“. Der Bandleader Servet Işık ist ein alter Bekannter und machte in den vergangenen fünf Jahren schon als Bassist in diversen Konstellationen auf dem Dellplatz von sich hören. Nun hat er eine eigene Band dabei und spielt Swing und Bebop.
Aufgewachsen im lauten Ruhrgebiet, trägt Stina Holmquist eine schwedische melancholische Ruhe in sich. Nach den ersten Erfolgen sowie ihren ersten Auftritten etwa beim Traumzeitfestival, ist sie immer wieder gerne auf dem Dellplatz zu Gast. Zu hören ist sie ab 16.30 Uhr auf der Zeltbühne.
Hinter „Porcelain id“ steckt der aus Ruanda stammende Musiker Hubert Tuyishime (23). Seine Musik ist sowohl poetisch als auch eigenwillig und hat Einflüsse aus klassischem Pop und Lo-Fi. Um 17.30 Uhr steht er auf der Dorfbühne auf dem Dellplatz.
„Die Regierung“ hat nichts mit der Ampel-Koalition zu tun, sondern ist eine deutsche Indie-Pop-Band um den Essener Musiker und Songwriter Tilman Rossmy. Die Gruppe besteht bereits seit den frühen 1980er Jahren und zählt zur ersten Generation der Hamburger Schule. Um 18.30 Uhr steht die Band im Zelt auf der Bühne.
Auf zwölf Saiten bringen die beiden Gitarristen Micha Schillings und Thorsten Töpp einen musikalischen Kosmos von Klassik bis freiem Jazz zum Erklingen. E- trifft Akustik-Gitarre. Schillings und Töpp begannen bereits als Teenager gemeinsam zu musizieren. Um 19 Uhr spielt das Duo in der Säule.
Etwas lauter wird es, wenn „Peuk“ aus Belgien auf der Bühne stehen. Ab 19.30 Uhr mischen die Musiker auf der Dorfbühne Sludge-Pop-, Grunge- und Riot-Grrrl-Punk-Zutaten zu einem musikalischen Cocktail.
Mit Slumberland kreiert der belgische Musiker, Komponist und Instrumentenbauer Jochem Baelus hypnotischen Krautrock und Post-Punk, gefärbt mit verzerrter Exotik. Dazu verwendet er unter anderem Nähmaschinenbatterien, Filmprojektoren und Objekte, um Klänge zu erzeugen. Sainkho Namtchylak ist eine 64-jährige Stimmkünstlerin aus Tuva, einer autonomen Republik in Russland, nördlich der Mongolei. Namtchylak gilt als erste weibliche Obertonkünstlerin. Wie die Mischung klingt, kann man sich um 19.45 Uhr in der Kirche St. Joseph anhören.
Die instrumentale Doom-Metal Band Wyatt E. war viel unterwegs: in Israel, dem Nahen Osten und Europa. Mit ihrem Spiel auf klassischen, orientalischen Instrumenten wollen die Belgier ihr Publikum mit auf eine dunkle, mystische Reise in die Vergangenheit nehmen. Um 20.30 Uhr geht’s auf der Zeltbühne los.
Hinter „Nichtseattle“ verbirgt sich die Songwriterin und Gitarristin Katharina Kollmann aus Berlin. In ihren Liedern schafft sie den Spagat zwischen gesellschaftlicher Analyse und einem Hauch Pop. Konzertbeginn: 20.30 Uhr in der Säule.
Seit „Mariá Portugal“ vor zwei Jahren beim „Platzhirsch“ gespielt hat, ist sie Dauergast in Duisburg. Dieses Jahr hat sie das Klangkunst-Kollektiv „Recursion“ mit dabei. Um 21.15 Uhr sind sie zu Gast in der Kirche St. Joseph.
„“ haben um 21.15 Uhr auf der Dorfbühne eine Mischung aus Punk, Krautrock und Noise mit deutschen Texten im Gepäck.
Die vier Musikerinnen von „Hilde“, allesamt Mitglieder von „The Dorf & Umland“ lassen Klangbiotope zwischen Abstraktion und Schönheit entstehen. Ab 22.15 Uhr spielt das Ensemble in der Säule.
Knarf Rellöm klingt nordisch, heißt aber eigentlich Frank Möller. Der Musiker macht Hamburger-Schule-Elektro-Punk. Der eine oder andere wird sich an legendäre Auftritte in Duisburg erinnern: Party pur. Nun gibt es um 22.15 Uhr ein Wiedersehen auf dem Dellplatz.
Patrick Walker ist der Kopf von 40 Watt Sun. In der Kirche St. Joseph spielt er ein Solokonzert, um das neue Album „Perfect Light“ live vorzustellen.
Wiedersehen mit alten Bekannten am Sonntag
Das Junge Ensemble Ruhr gehört zu den Stammgästen beim Platzhirsch-Festival. Es steht für Entdeckerlust und Experimentierfreude. In diesem Jahr ist die Gruppe zusammen mit Emre Yesil, Sebnem Oçakverdi & Ulas Özağaç am Sonntagmittag ab 14 Uhr auf dem Dellplatz zu Gast und eröffnet damit musikalisch den Sonntag.
Um 15 Uhr folgt das Syirab Trio auf dem Dellplatz. Als orientalisches Orchester in Syrien von Ibrahim Bajo gegründet, ist Syriab heute ein transkulturelles Kollektiv, das in unterschiedlichen Besetzungen arabische, türkische und mediterrane Musik interpretiert.
Auf der Dorfbühne treffen um 18.30 Uhr unter dem Titel „3000: Klare, Maris, Swell, de Joode, Vatcher“ fünf renommierte Jazz-Musiker aus Deutschland, Belgien, Niederlande und den USA zusammen und spielen mit Melodien und Kompositionen.
Peter, Pedro und Joel spielen Rockkonzerte, bei denen viele Leute lächeln – weil die Band so überwältigend gut ist, aber vor allem weil sie an ihrem Tun so maßlosen Spaß hat – und es schafft, den mit allen Zuschauern zu teilen. Um Kommunikation geht es auch beim Punkorchester The Dorf. Vor allem um die Kommunikation untereinander, nur so geht gute Improvisation. Gemeinsam beschließen sie um 20 Uhr das Festival auf dem Dellplatz und versprechen einen „Psychedelic-Pop-Rock-Trip“.
Um 21 Uhr folgt nur noch das Blockflöten-Ensemble in der Kirche St. Joseph. Mit Barockmusik, Arvo Pärt und Erik Satie verabschiedet sich das Festival.
Auswärtsspiel im Stapeltor und am Innenhafen
Es gibt Hits, Hits, Hits: Am Samstagabend geht die Party ab 23 Uhr im soziokulturellen Zentrum „Stapeltor“ (Stapeltor 6) weiter. Lina Kraviz & Ricarda Villalobos legen auf und werden die Nachtschwärmer durch die Nacht bringen. Komplettiert wird das Party-Personal vom Duisburger-DJ-Urgestein Kate Boss.
Erstmals wird auch der Innenhafen am Garten der Erinnerung bespielt. Die Soundtrips #59 mit Paulina Owczarek (Saxophon), Frederico Reuben (Live Processing/Live Coding) sowie als Gast-Musiker Carl Ludwig Hübsch (Tuba) und Max Wehner (Posaune) sind ab 18.15 Uhr vor Ort. Ab 19.30 Uhr folgen „Metar: Aarset, Cee & Stockhausen“. Sie schaffen eine konzertante Klanginstallation zwischen Hafen und Synagoge.
Kunst, Kino und Literatur
Natürlich gibt es auch wieder Kunstprojekte. Der Kunstorte SG1 (Schmale Gasse 1) wird sich mit der laufenden Ausstellung von Duygu Özturan „Matrilinearität“ beteiligen. Im S 13 (Salvatorweg 13) gibt es sichtbare und hörbare Wortkunst von Lütfiye Güzel – als Bildversion an der Wand und als Lesung mit Gebärdendolmetscherin.
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Außerdem verwandelt sich ein Teil des S 13 in die „Ungenießbar – mit einer interaktiven Literatur-Kunst-Station, bei der sich hörbar und lesbar alles ums Essen dreht, in Form von grausigen, außergewöhnlichen oder merkwürdigen Geschichten rund um die Nahrungsaufnahme.
Die Duisburger Künstlerin Susan Feind zeigt auf einer Mauer neben dem SG 1 eine große Fotoarbeit aus ihrer Serie „Die zweite Links“ und bietet an ihrem Atelier im Künstler- und Atelierhaus Goldstraße 15 Einblicke in einen „Experimentierraum“. Ebenfalls in der Goldstraße 15 eröffnet zum Platzhirsch die Ausstellung „Grenzen und Brücken“ von Annik Traumann und Martin Schmitz – beide nähern sich dem Thema mit sehr unterschiedlichen Materialien: Traumann mit Fotografie und Schmitz mit Beton.
Auch der Keller unter der Kirche St. Joseph öffnet wieder: Dort werden Kurzfilme von ukrainischen Künstlerinnen und Künstlern gezeigt, verbunden mit einer Spendenaktion für diese.
Auf dem Parkstreifen vor dem Keller wird auch das „Oink!“-Autokino geparkt sein, mit Filmen zum Thema „Essen.“ Alle Kurzfilme kommen dieses Jahr über eine Kooperation mit Videocity aus Basel.
Programm für Kinder
Für Kinder gibt es viele Programmpunkte, bei denen die Jungen und Mädchen mitmachen und mitträumen können. Damit auch Familien teilnehmen können, die nicht so gut Deutsch können, werden auch Stücke gezeigt, die fast ohne Sprache auskommen.
Am Samstag zeigt Sarah Wissner Kinder ab drei Jahren, dass ein Karton eine ganze Welt bedeuten kann. Um 11.30 Uhr tritt sie in der Säule auf.
Das Theater Tom Teuer begibt sich um 13 Uhr, verfroscht und zugequakt, auf die Suche nach dem goldenen Frosch. Der ist nämlich verschwunden, seit im Regenwald von Costa Rica der Regen ausbleibt. Kinder ab vier Jahren können auf der Zeltbühne mit auf die Reise gehen.
Die „Kiebitz inklusive Theatergruppe“ (KiT) bringt ihr eigenes Stück „Schule mit Clowns“ auf die Bühne. Die Schülerinnen und Schüler setzen einfach nicht das um, was Dr. Sinn mit seinem Unterricht bezwecken will: Sie interpretieren die Aufgaben auf ihre ganz eigene Art und Weise. Dieses Chaos kann man sich um 14.15 Uhr in der Säule anschauen.
Am Sonntag wird das Kinderprogramm um 11 Uhr auf dem Dellplatz fortgesetzt. Das Agora Theater zeigt die „Geschichte eines langen Tages“. Mit wenigen Worten, großer Spielfreude, berührenden Gesängen und getanztem Alltag erzählen und spielen sie eine Geschichte vom Ankommen, Anderssein und Zusammenfinden…
Ab 12.15 Uhr zeigt das Theater Kreuz und Quer die Geschichte von „Gebrr und Grimm“. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein: Grimm will am liebsten immer nur in Ruhe seinen Tee trinken, Gebrr will am liebsten immer nur von Grimm ein Küsschen oder ein Märchen erzählt bekommen.
Gucken und futtern auf dem Platz
Die Ehrenamtlichen, „Voluntiere“ genannt, haben auch diesmal wieder einen Markt auf dem Platz organisiert, bei dem sich Künstlerinnen und Künstler, Designer, Händler und Organisationen präsentieren können. Mit dabei ist beispielsweise die Seebrücke Duisburg. Fotokunst und Design wird ebenfalls vertreten sein. Genauso wie eine „Holzmöbel für Unterwegs“-Manufaktur.
Hungern muss zwischen den Auftritten übrigens niemand. Auf dem Platz, aber auch in der Gastronomie rund um den Dellplatz kann man sich versorgen. Zur schönen Tradition gehört es auch, dass am Sonntag „Harry, der Frühstücksmob“ stattfindet. Jeder bringt etwas zu essen und zu trinken mit und teilt mit den anderen. Start ist um 11 Uhr.
Natürlich gibt es auch Drinks mit und ohne Alkohol sowie eine Neuauflage des Platzhirsch-Cocktails. Übrigens: Wer an den Ständen ein Bierchen oder etwas anderes trinkt, hilft bei der Finanzierung des nächsten Festivals.