Duisburg. Warum die Initiative der Stadtspitze zur Erhöhung der Wahlbeteiligung bemerkenswert ist – und was die Gesetzgeber angehen sollten. Ein Kommentar.

Es gibt gewaltige Entwicklungen, die in der „Herrschaft des Volkes“ immer mehr Menschen von demokratischen Wahlen abhalten. Am veränderten Mediennutzungsverhalten und der Entpolitisierung ganzer Bevölkerungsgruppen etwa kann eine Stadtverwaltung wenig ändern. Es bedarf eines gemeinsamen Dauerkraftaktes aller demokratischen Kräfte, die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Dabei kann auf lokaler Ebene durchaus eine Stadtverwaltung die Initiative ergreifen. Diese Thematisierung hat Wahlamtsleiter Martin Murrack in der Nichtwähler-Hochburg Duisburg mit der Studie zur Wahlabstinenz eingeleitet – er und OB Sören Link machen erste Vorschläge und versprechen die Befeuerung der Debatte. Das ist bemerkenswert, weil nicht selbstverständlich.

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Denn die Ursachen niedriger Wahlbeteiligung schmücken eine Stadt nicht. Sie passen im konkreten Fall gar nicht zur Duisburg-ist-echt-Imagekampagne, mit der das Stadtmarketing das Bild von Duisburg außerhalb der Stadt aufpolieren will.

Für mehr Wahlbeteiligung: Mehr Politikunterricht, weniger Wahltermine, mehr Wahlberechtigte

Für Duisburgs Entwicklung ist die Beteiligung Ausgegrenzter freilich von grundlegender Bedeutung. Es geht um die Legitimation unserer Demokratie. Hier sind insbesondere Parteien und Politiker aller Ebenen in der Pflicht (auch Bürger und Medien, nebenbei bemerkt), die Übergangenen nicht weiter zu übersehen, sondern zuzuhören. Sie müssen einfach, ehrlich, anders kommunizieren.

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Politik und Staat könnten bei dieser Multiproblemlage in einem komplizierten politischen System auch vergleichsweise einfache Beiträge für eine höhere Wahlbeteiligung leisten:

Der Demokratieunterricht in den Schulen muss schnell und deutlich gestärkt werden. Die Abschaffung des Schulfachs „Sozialwissenschaften“ war ein kurzsichtiger Fehler der alten Landesregierung. Er muss rückgängig gemacht werden.

Und politische Bildung ist besonders fruchtbar, wenn Jugendliche während ihrer Schulzeit erstmals wählen dürfen. Die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre ist auch deshalb wichtig.

Die Briefwahl muss weiter erleichtert und „antragsfrei“ werden: Die Briefwahlunterlagen sollten automatisch an jeden Wahlberechtigten geschickt werden.

Zur Erhöhung der Wahlbeteiligung sollten Wahltermine, etwa von Landtags- und Kommunalwahlen zusammengelegt werden: Hier müssen die Gesetzgeber ihre teils parteiischen Interessen überwinden.

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