Duisburg. Was kann die Stadt beitragen, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen? Diese Vorschläge machen Forscher, und diese – teils kuriosen – Ideen gibt es.
Was können politische Akteure aus Duisburg und die Stadt der wachsenden Tradition des Nichtwählens entgegensetzen? Die Politikwissenschaftler der NRW School of Governance um Julia Schwanholz leiten aus ihrer Duisburg-Studie (zum Bericht) konkrete Handlungsempfehlungen ab.
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Schwanholz plädiert wegen der Defizite an politischer Bildung für mehr Politikunterricht und für Rollenspiele in Schulen. Den Parteien empfehlen die Forscher, „Politik vor Ort und jenseits von Wahlterminen sichtbarer zu machen“. Dabei seien „einfache Sprache und klare Botschaften“ wichtig. Eine wichtige Pflicht für politische Akteure sei es, „die Mehrsprachigkeit in allen Angeboten auszubauen“. Mit Hilfe technischer Innovationen müssten „Wahlapps“ wie der erfolgreiche Wahl-O-Mat auch für Kommunalpolitik entwickelt werden.
Wahlen in Duisburg: Wettkampf der Bezirke und Briefwahl an ungewöhnlichen Orten?
Die Stadtverwaltung habe es sich „zum Ziel gemacht, die abnehmende politische Sozialisation anzugehen“, versicherte Stadtdirektor und Kreiswahlleiter Martin Murrack. Dafür solle „Geld über den Haushalt zur Verfügung gestellt“ und eine Lektion der Impfkampagne umgesetzt werden: „Wir müssen raus zu den Leuten gehen, an Orte, an denen wir vorher nicht waren, unterstützt von Multiplikatoren aus den Vierteln.“
Murrack warf die Idee eines „Wettkampf der Stadtbezirke“ in den Raum: „Der Bezirk, der die Wahlbeteiligung am deutlichsten steigert, könnte 50.000 Euro für Vereine bekommen.“ Im Vorfeld würden etwa Kultur- und Sportvereine, Schulen und Kitas informiert. Den Konkurrenzgedanken fand Schwanholz „gar nicht schlecht“.
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Eine zweite Idee aus den Ämtern für die Europawahl 2024: Briefwahl an ungewöhnlichen Orten, „zum Beispiel an einer Moschee oder an der Landmarke Tiger & Turtle“, so Murrack. Schwanholz mahnte, es könnte schwierig sein, dabei die Wahlgrundsätze (allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim) einzuhalten. Eher ablehnend steht sie der Idee gegenüber, die Stimmabgabe zu belohnen, etwa durch Bratwürste oder Verlosungen. Sie befürchtet „falsche Anreize“. Gleichwohl sei gegen ein „Fest der Demokratie“ mit Freibier nichts einzuwenden.
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Städtische Investitionen sichtbar machen
Thomas Volkmann, für die Grünen in der Bezirksvertretung Mitte, appellierte an Stadtspitze und Forscher, auch sie sollten ihre Unzufriedenheit mit der politischen Bildung junger Menschen gegenüber Land und Landesregierung äußern. Volkmann bezog sich auch auf die Abschaffung des Schulfachs Sozialwissenschaften. Murrack kündigte an, die Stadt könne Schulformsprecher und Jugendeinrichtungen zum Thema politische Rollenspiele kontaktieren.
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Integrations- und Familiendezernent Paul Bischof sieht vor allem die Parteien in der Pflicht, „dahin zu gehen, wo es wehtut“. Er und mehrere Lokalpolitiker plädierten zudem dafür, die Stadt solle, etwa durch Hinweisschilder, sichtbar machen, wo sie Geld in Infrastruktur und Freizeiteinrichtungen investiert. Zudem müsse die Stadt, „wie bei Corona“, Grundlagen zu den Wahlen in 30 Sprachen übersetzen und verbreiten.
„Wir sind offen für gute Ideen“, sagte Oberbürgermeister Sören Link. „Wir müssen die Diskussion führen, und das wird nicht heute enden.“