Duisburg. Bei der Wahlzeit in der Duisburger Liebfrauenkirche trafen Landtagskandidaten auf Menschen mit Behinderung. Welche Themen ihnen wichtig waren.

Es ist ein besonderes Spiel, dass sich den Besuchern am Montag in der Liebfrauenkirche präsentiert. Die Lebenshilfe Duisburg, der Paritätische und die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) haben zur Wahlzeit geladen.

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Menschen mit und ohne Behinderung können sich an den Ständen der fünf großen Parteien direkt bei deren Landtagskandidaten über ihr Programm informieren und an zwei Stationen die Briefwahl und die Urnenwahl üben. Der ganze Wahlkosmos, kondensiert im großen Saal der Liebfrauenkirche.

Duisburger Menschen mit Behinderung lernen die Tücken des Wahlgangs kennen

Bevor es ans programmatisch Eingemachte geht, üben die Besucher erstmal, wie es sich in einer waschechten Wahlkabine so anfühlt. Die Stadt Duisburg hat Musterwahlzettel zur Verfügung gestellt, und die Helfer in der Liebfrauenkirche erklären einfach und präzise, worauf es beim Kreuzchenmachen ankommt.

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„Ich habe das Kreuz falsch gemacht“, ruft eine Damen etwas beschämt aus der Wahlkabine und fragt, was denn jetzt wohl „in Echt“ passieren würde. „Da kriegen Sie einfach einen neuen“, lautet die pragmatische Antwort, der alte wird ungültig gemacht, sprich: In Fetzen gerissen.

Test, Test: In einer Musterwahlkabine samt Wahlzetteln und Urne konnten die Besucher in der Liebfrauenkirche die Wahl üben.
Test, Test: In einer Musterwahlkabine samt Wahlzetteln und Urne konnten die Besucher in der Liebfrauenkirche die Wahl üben. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Am Übungsstand für die Briefwahl offenbart sich das nächste kleine Hindernis. Den Wahlzettel haben die Besucher in der Liebfrauenkirche mittlerweile gemeistert. Doch welcher bunte Umschlag mit dem Wahlzettel in welchen anderen bunten Umschlag gesteckt wird, da sind sich die Teilnehmer noch nicht sicher. „Das kann ich nicht“, gibt eine Frau etwas bedröppelt zu Protokoll, „da würden wir dir dann helfen“, versichert ihre Begleiterin. Problem gelöst.

Gespräche mit Duisburger Landtagskandidaten: Ukraine ist das große Thema

Während am Stand des Linke-Kandidaten Matthias Brachvogel ein Gespräch über „die da oben“ und deren Milliarden läuft, fragt ein interessierter Besucher bei SPD-Landtagkandidatin Sarah Philipp nach, wann denn wohl schwere Waffen an die Ukraine geliefert würden. Generell – und verständlicherweise – ist das Thema Ukraine-Krieg klar der Platzhirsch bei den Gesprächen an den Politiker-Ständen. Sarah Philipp versichert jedenfalls: „Ich finde das gut, wie die Bundesregierung das macht“.

Solidarität mit dem Chef: SPD-Landtagskandidatin Sarah Philipp lobte die Bundesregierung um Olaf Scholz für ihren Umgang mit Waffenlieferungen an die Ukraine.
Solidarität mit dem Chef: SPD-Landtagskandidatin Sarah Philipp lobte die Bundesregierung um Olaf Scholz für ihren Umgang mit Waffenlieferungen an die Ukraine. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Bei den Grünen und ihrem Landtagskandidaten Melih Keser ging es, nicht unpassend, um Windkraftanlagen. Partei wie Besucher waren sich einig, dass es davon auf jeden Fall mehr geben muss, und die Turbinen dichter stehen müssten. CDU-Politiker Deniz Güner wurde gleich mehrmals zu den Waffenlieferungen in die Ukraine befragt. „Die Ukraine soll schwere Waffen bekommen“, gibt er ganz klar zu Protokoll, dass das noch nicht geschehen sei, liege am deutschen „Zauderkanzler“.

Lebenshilfe Duisburg hofft auf Impulse für Politiker

Hin und wieder geht es an den Ständen natürlich auch um Themen, die besonders Menschen mit Behinderung in ihrem täglichen Leben betreffen. Um barrierefreie Haltestellen etwa, noch viel mehr aber um barrierefreie Wohnungen. Eine Lösung können die Politiker auf die Schnelle natürlich nicht liefern, wohl aber ihre Motivation kundtun, sich künftig im Landtag um das Thema zu kümmern.

Das ist auch die Hoffnung von Lebenshilfe-Geschäftsführer Michael Reichelt. „Wir versprechen uns von dieser Veranstaltung nicht nur, dass sich die Menschen informieren können. Auch die Politiker sollen Impulse mitnehmen“, erklärt er. Am Ende sollten daraus konkrete Handlungen und Beschlüsse werden, die Menschen mit Behinderung das Leben erleichtern.

>> MARKTSTÄNDE STATT PODIUMSDISKUSSION

  • In ihrer vierten Ausgabe fand die Wahlzeit zum ersten Mal mit verändertem Konzept statt. Anstelle einer Podiumsdiskussion konnten sich die Teilnehmer in Zwiegesprächen mit den Politikern unterhalten.
  • Die Veranstalter versprachen sich von diesem Konzept eine niedrigere Fallhöhe, so dass auch schüchterne Besucher keine Hemmungen haben, mit den Landtagskandidaten ins Gespräch zu kommen. Mit Erfolg – die Unterhaltungen in der Liebfrauenkirche waren allesamt sehr ungezwungen und persönlich.