Duisburg. Bundesverkehrsminister Wissing besuchte die Wasserstoffmetropole Duisburg. Welcher Schritt der Stadt noch zu einer Millionenförderung fehlt.
Es ist angerichtet. In der 18.000 Quadratmeter großen Halle auf dem HKM-Gelände in Duisburg-Hüttenheim stehen alle Zeichen auf Anfang. Das Zentrum für Brennstoffzellentechnik (ZBT) aus Duisburg hat sich um Gelder von Bund und Land beworben, um dort das Technologie- und Innovationszentrum Wasserstoff (TIW) einzurichten – das Ergebnis der entscheidenden Machbarkeitsstudie wird Ende April erwartet.
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
So konnten weder Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) noch NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) bei ihrem Besuch am Mittwoch die frohe Kunde überbringen und den endgültigen Startschuss geben. Doch in den lobenden Worten, die beide Minister für das Konzept des ZBT fanden, schwangen immer wieder Untertöne der Bekenntnis zum Wasserstoffstandort Duisburg mit. Die 60 Millionen Euro vom Bund und die 50 Millionen Euro vom Land hatten die beiden Minister trotzdem noch nicht im Gepäck.
Welche Arbeit das TIW in Duisburg leisten will
Doch was soll das TIW überhaupt machen? Das erklärt Joachim Jungsbluth, stellvertretender Vorsitzender des ZBT. „Der Impuls für die Gründung des TIW war das Marktversagen im Bereich der Prüfangebote“, so Jungsbluth. Soll heißen: Die aufstrebende Wasserstoffbranche ist sehr versprengt, es fehlt eine Stelle, die die neuen Technologien standardisiert, vereinheitlicht. Joachim Jungsbluth veranschaulicht das mit einem Beispiel. „Wenn die Wasserstoff-Tankstutzen für Züge quadratisch sind und die für Lkw rund, obwohl sie denselben Wasserstoff tanken, dann macht das keinen Sinn.“
Hier kommt das Satelliten-Modell des TIW ins Spiel. Etliche Firmen, Forschungsinstitute oder andere Einrichtungen – die Satelliten – entwickeln Ideen und Konzepte im Bereich Wasserstoff. Die wandern dann ins TIW, wo in der großen Halle getestet und standardisiert wird. Anschließend wandern geprüften Konzepte zur praktischen Umsetzung wieder zu den Satelliten.
Auch interessant
Joachim Jungsbluth erklärt das so: „Was wirtschaftlich ist, macht die Wirtschaft ohnehin selbst. Was unwirtschaftlich ist, aber gebraucht wird, macht das TIW“. Dank dieses Modells sollen Ideen schneller in Patenten enden – und so auch in tatsächlich nutzbarer Technologie. In Duisburg sollen das vor allem Technologien im Bereich der Nutzfahrzeuge, etwa Müllwagen und Lkw sein.
NRW-Wirtschaftsminister will noch mehr Geld für Duisburger Wasserstoff
„Wir sind mit diesem Paket startklar“, ergänzt Jungsbluth, und mahnt zur Eile. „Wenn das erst in zwei Jahren passiert, passiert es im Ausland.“ NRW-Minister Andreas Pinkwart ist ohnehin überzeugt. „Das ist ein guter Tag für Duisburg“, freut er sich, das TIW komme in die Stadt.
Auch interessant
„Wir brauchen den Wasserstoff und die Technologie drumherum“, verdeutlicht der FDP-Politiker, auch, weil beim enormen Wasserstoffbedarf NRWs auf dem Weg zu CO2-Neutralität bis zu 90 Prozent des Wasserstoffs aus dem Ausland importiert werden müsse. Deshalb will Pinkwart, dass in Zukunft noch mehr Geld in die Hand genommen wird als die 50 Millionen Euro, über die sich das TIW höchstwahrscheinlich freuen kann.
Minister Wissing: Wasserstoff ist nicht das Allheilmittel
Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing macht keinen Hehl aus seiner Begeisterung für das TIW und bescheinigt dem Zentrum „beste Chancen im Auswahlverfahren“. Was ihm besonder gut gefalle: dass das TIW bei erfolgreicher Machbarkeitsstudie aufgrund der hervorragenden Wasserstoff-Infrastruktur in Duisburg sofort anfangen kann. Der Minister zügelt die Wasserstoff-Goldgräberstimmung aber auch vorsichtig. „Es stellen sich drei große Fragen zu Wasserstoff im Verkehrsbereich: Wie soll das gehen? Was ist mit den Arbeitsplätzen? Und wer soll das bezahlen?
Die Verkehrsstrukturwende sei nur mit einer Mischung der drei Alternativen zum fossilen Brennstoff zu leisten, E-Mobilität, Wasserstoff/Brennstoffzellen und synthetischen Kraftstoffen. So taugten Batterielösungen zwar für den privaten Pkw, wohl aber nicht für Fernlastverkehr. „Dort hat wiederum der Wasserstoff seine Stärke“, so Wissing. Die Arbeitsplätze in der Autonation Deutschland müssen sich wandeln, glaubt der Bundesverkehrsminister, damit deutsche Ingenieure weiterhin zeigen können, dass sie gut sind – „und vielleicht sogar ein bisschen besser als anderswo“. In Sachen Finanzierung verweist auch er auf die, schon jetzt, gute Wasserstoff-Infrastruktur in Duisburg und NRW.
>> DANK WASSERSTOFF: KOMMT DIE MÜLLABFUHR BALD NACHTS?
- Am Rande seiner Präsentation sagte Joachim Jungsbluth außerdem, dass die Stadt Duisburg im nächsten Jahr sieben neue Wasserstoffmüllwagen bekommen soll.
- Die sind nicht nur CO2-neutral, sondern auch sehr leise. Das könnte dazu führen, dass der Müll nachts abgeholt werden kann, um am Morgen die Straßen zu entlasten.
- Auf lange Sicht könne das auch mit dem Fernlastverkehr passieren, erklärte Minister Wissing. Wenn der Lastverkehr nachts unterwegs sei, seien die Straßen am Tag für die Pkw frei.