Essen/Duisburg. Steag und Thyssenkrupp haben große Pläne für Duisburg-Walsum – mit Wasserstoff fürs Stahlwerk. Thyssenkrupp-Firma Nucera aber nicht mehr gesetzt.
Schon in drei Jahren soll der Essener Energieversorger Steag den Duisburger Stahlstandort von Thyssenkrupp mit Wasserstoff für eine klimafreundliche Produktion beliefern. Nach Angaben beider Unternehmen gibt es nun eine Absichtserklärung zur Lieferbeziehung für das Projekt „Hydroxy Walsum“, zu dem der Bau einer Wasserelektrolyse-Anlage gehört. Eine Investitionsentscheidung für den geplanten Industriekomplex am Steag-Standort im Duisburger Stadtteil Walsum soll spätestens im kommenden Jahr fallen. Für das Jahr 2025 sei dann der Start der Wasserstoff-Lieferung geplant.
Wie die Steag auf ihrer Website erklärt, beträgt das Projektvolumen auf Basis aktueller Schätzungen voraussichtlich bis zu 500 Millionen Euro. So soll eine Anlage mit einer Leistung von rund 520 Megawatt entstehen. Die Voraussetzung für eine Realisierung des Vorzeigeprojekts dürfte allerdings staatliche Förderung in Millionenhöhe sein. Aktuell bereite die Steag eine Reihe von Förderanträgen vor – beziehungsweise habe sie bereits eingereicht, etwa bei einem Innovationsfonds der Europäischen Union, erklärte das Unternehmen auf Anfrage. „Darüber hinaus finden parallel Gespräche mit potenziellen Investoren statt.“ Zu Details dieser Gespräche könne sich das Unternehmen aktuell nicht äußern.
Eine Machbarkeitsstudie sei positiv ausgefallen, teilten die Steag und Thyssenkrupp Steel mit. Nun beginne die nächste Phase des Großprojekts, in der es darum gehe, Fördermittel und privates Investitionskapital einzuwerben, berichtet Steag-Manager Karl Resch. Der neue Steag-Chef Andreas Reichel sieht in dem Vorhaben auch ein Beispiel für die Transformation seines Unternehmens insgesamt, das einst Deutschlands größter Produzent von Strom aus Steinkohle war.
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Unklar ist noch, ob der Auftrag zum Bau der neuen Elektrolyse-Anlage in Duisburg-Walsum an Thyssenkrupp geht. Die ursprüngliche Planung habe vorgesehen, dass die Steag und Thyssenkrupp das Großprojekt gemeinsam entwickeln, heißt es auf Anfrage bei der Steag. Insofern sei die Thyssenkrupp-Konzerntochter Uhde Chlorine Engineers – heute Nucera – „in dieser ursprünglichen Konstellation auch als Lieferant der Anlagentechnik gesetzt“ gewesen. „Nachdem seitens Thyssenkrupp zwischenzeitlich entschieden wurde, zwar Hauptabnehmer des Wasserstoffs aus Walsum zu bleiben, sich aber nicht selbst an der Projektentwicklung zu beteiligen, ist dieser Automatismus nicht mehr gegeben“, betont die Steag nun. Das heiße allerdings nicht, dass Nucera „jetzt gänzlich aus dem Rennen wäre, sondern dass es hier einen Wettbewerb zwischen verschiedenen Anlagenbauern geben wird, aus dem auch Nucera letztlich als Lieferant hervorgehen kann“.
Steag soll für Strom aus regenerativer Erzeugung sorgen
Thyssenkrupp Steel will den Wasserstoff aus der Produktion der Steag dazu nutzen, künftig bei der Roheisenerzeugung deutliche Einsparungen beim klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) zu erreichen. „Unser Ziel ist es, dass Thyssenkrupp Steel bis 2045 klimaneutral ist“, so Thyssenkrupp-Managerin Marie Jaroni. „Als Zwischenschritt streben wir bereits bis 2030 eine signifikante Reduzierung unserer Emissionen um 30 Prozent an.“ Zur Erreichung dieser Ziele könne die geplante Steag-Wasserelektrolyse in Walsum „einen wichtigen Beitrag“ leisten. Der Sauerstoff, der bei der synthetischen Wasserstoff-Erzeugung als Nebenprodukt automatisch anfalle, werde bei der Stahlerzeugung ebenfalls Verwendung finden.
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Die Steag garantiere, dass der in Walsum erzeugte Wasserstoff grün, also klimaneutral, erzeugt werde. „Die Wasserelektrolyse wird vollständig mit Strom aus regenerativer Erzeugung betrieben“, sagt Ralf Schiele, der in der Steag-Geschäftsführung für die Bereiche Markt und Technik verantwortlich ist. „Insofern fallen für die Wasserstoffproduktion keine CO2-Emissionen an.“
Im Jahr 2025 will Thyssenkrupp auf dem Gelände in Duisburg die erste von vier geplanten Direktreduktionsanlagen in Betrieb nehmen. Sie gelten als Nachfolgetechnologie der klimaschädlichen Hochöfen. Roheisen werde dann künftig nicht mehr unter Einsatz von Koks, sondern „nahezu emissionsfrei unter Einsatz von Wasserstoff“ erzeugt, erklärt Thyssenkrupp-Managerin Jaroni.
Elektrolyse auf ehemaligem Zechengelände in Walsum
Die Elektrolyse soll am Steag-Standort in Walsum auf einem ehemaligen Zechengeländes entstehen, heißt es auf der Website des Energiekonzerns. Dieser Standort sei nicht zuletzt wegen der räumlichen Nähe zum Stahlwerksstandort von Thyssenkrupp ideal. Auch der Bau von Pipelines sei geplant: eine für Wasserstoff, die andere für Sauerstoff. Beide sollen – parallel geführt – die künftige Elektrolyseanlage in Walsum und das Stahlwerk in Duisburg-Hamborn verbinden. Die Standorte seien nur wenig mehr als zwei Kilometer voneinander entfernt. Die Pipeline soll nach derzeitigen Planungen unterirdisch verlegt werden. Für die Elektrolyse wird viel Wasser benötigt. Eine Möglichkeit sei, die öffentliche Wasserversorgung in Anspruch zu nehmen, so die Steag. Alternativ könnte auch Wasser aus dem Rhein aufbereitet und eingesetzt werden.
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Die Versorgung Deutschlands mit grünem Wasserstoff gilt als eine wesentliche Voraussetzung dafür, Klimaneutralität der Industrie zu erreichen. In Zukunft wird die Stahlindustrie wohl einer der größten Abnehmer von Wasserstoff sein. So gehörte Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz dieser Tage auch einer Delegation von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an, der in Katar und Abu Dhabi Gespräche zu möglichen Lieferbeziehungen führte.