Duisburg. Kitas in Duisburg suchen Personal, die Ausbildungsplätze zur Erzieherin und Kinderpflegerin sind gefragt. Warum Berufsschulen ein Nadelöhr sind.
Für Kinder bis sechs Jahren fehlen in Duisburg aktuell über 1000 Plätze in den Kindergärten der Stadt. Ohne die Kinder, die aus der Ukraine geflüchtet sind. Gegen den Platzmangel wird massiv angebaut. Es mangelt aber auch an Personal. Und da hakt es am Ausbau aus vielerlei Gründen.
Grundsätzlich hat die Politik einiges unternommen, um die Attraktivität der pädagogischen Berufe zu erhöhen: Vor allem wurde statt der unbezahlten (und wenig praxisnahen) vollschulischen Variante eine praxisorientierte Ausbildung mit Tariflohn eingeführt. Diese praxisintegrierte Ausbildung, kurz: Pia-Ausbildung gibt es seit dem vorigen Jahr auch für Kinderpflegerinnen.
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„Wir als Betriebe würden gern mehr junge Menschen ausbilden“, sagt Dr. Marcell Fischell, Geschäftsführer des Evangelischen Bildungswerks, „aber die Berufskollegs winken ab, sie sind das Nadelöhr“. Das neue Ausbildungssystem Pia für Erzieherinnen und Erzieher sei „richtig gut, es hat den Nerv getroffen“. Nicht zuletzt, weil damit vom ersten Tag an ein Gehalt gezahlt wird.
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Das sagen die Berufskollegs in Duisburg:
In Duisburg bilden das Sophie-Scholl- und das Gertrud-Bäumer-Berufskolleg (GBBK) verschiedene Ausbildungsgänge zur Erzieherin/zum Erzieher sowie zur Kinderpflegerin/zum Kinderpfleger aus. Hinzu kommt das private Kant-Berufskolleg in Hamborn, das auf Erzieher setzt. Bis jetzt bietet nur das Sophie-Scholl auch den Pia-Bildungsgang zur Kinderpflegerin/zum Kinderpfleger an.
Ruth Gesing, Schulleiterin des GBBK, sagt, dass die Nachfrage immens ist: In der Kinderpflege kommen auf 60 Plätze in Vollzeit 170 Bewerbungen, bei den Erzieherinnen kommen auf 90 Plätze 300 Anmeldungen. Die Voraussetzungen seien allerdings hoch, „da wird mit Kindern gearbeitet, da sind wir besonders achtsam!“, sagt Gesing. 20 bis 30 Prozent der Bewerberinnen würden nicht angenommen. Auch am Sophie-Scholl-Berufskolleg sind jeweils 30 bis 40 Interessenten auf den Wartelisten.
Die Kollegs sind am Ende ihrer Kapazitäten. „Wir haben nicht genug Platz und nicht genug Lehrer“, sagt Ruth Gesing. Auf dem Arbeitsmarkt sei sie unterwegs „wie ein Headhunter“, berichtet die Schulleiterin. Je Jahr bildet sie zwei Seiteneinsteiger als Lehrer fort.
Das Sophie-Scholl-Berufskolleg setzt auf die Fortbildung im Bestandskollegium „als Investition in die Zukunft“, sagt Fachbereichskoordinatorin Patricia Breiten. Dort wird derzeit stärker ausgebildet als im Vorjahr, noch wird mehr in Vollzeit ausgebildet als praxisintegriert. 102 Auszubildende starten im Sommer den klassischen Weg zur Kinderpflege, eine neue Pia-Klasse beginnt mit 34 Bewerberinnen und Bewerbern. „Wir haben viele Bewerber auf die Pia-Kinderpflegeausbildung, die aber keine Träger finden“, sagt Patricia Breiten. „Insbesondere die großen kommunalen Träger haben diese Form der Ausbildung für Kinderpflege bisher leider noch nicht etablieren können.“
Alltagshelfer oder Integrationshelfer könnten sich über diesen Weg weiterqualifizieren. Die Anschubfinanzierung durch das Land für den neuen Ausbildungsweg läuft jetzt allerdings aus.
Das sagt die Bezirksregierung:
Die Personalausstattung der Duisburger Berufskollegs ist „im Vergleich mit anderen Schulformen in Duisburg als gut zu bezeichnen“, teilt eine Sprecherin der Bezirksregierung Düsseldorf auf Anfrage mit. Gemessen an den hunderten offenen Stellen in den weiterführenden Schulen und Bewerbungsverfahren mit null Bewerbern ist das wohl nur relativ gesehen „gut“.
Die Sprecherin weiter: Die Zahl der Schulplätze in den Bildungsgängen des Fachbereichs Gesundheit, Erziehung und Soziales an den Berufskollegs sei in den vergangenen Jahren auch in Duisburg erhöht worden.
Die Landesregierung fördert von 2022 bis 2024 insgesamt 1000 weitere Qualifizierungen in der Kinderpflege mit bis zu 32,6 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes, sagt die Sprecherin. Ab dem Schuljahr 2022/2023 sollen landesweit weitere Berufskollegs den Bildungsgang „Staatlich geprüfte Kinderpflegerin“/„Staatlich geprüfter Kinderpfleger“ anbieten. Das werde voraussichtlich auch zu mehr Kapazitäten in Duisburg führen.
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>>DAS SIND DIE AUSBILDUNGSBERUFE:
- Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger gelten als Assistenzkräfte, die nicht allein eine Gruppe leiten dürfen. Vor Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz 2016 sollte der Beruf ganz abgeschafft werden.
- Sie werden wahlweise vollzeitschulisch ausgebildet und erwerben zusammen mit der staatlichen Prüfung die Fachoberschulreife – oder lernen in der Schule und in einer Einrichtung, eben praxisintegriert.
- Auch für Erzieherinnen und Erzieher gibt es mehrere Wege: Neben der Pia-Variante, bei der man halb die Schulbank drückt und halb in einer Einrichtung arbeitet, gibt es diese Variante: drei Jahre Schule und ein Jahr Berufspraktikum als Anerkennungsjahr in Kombination mit der Allgemeinen Hochschulreife. Wer das Abi schon hat, kann diese Ausbildung um ein Jahr verkürzen.
- Der neue praxisorientierte Ausbildungsweg wird hoch gelobt: „Die Qualität ist höher, die Verzahnung besser“, sagt Ruth Gesing, „wir sprechen mit den Schülerinnen und Schülern in der Theorie über Themen, die ihnen aus dem Alltag bekannt sind“.
- Die Stadt Duisburg will ab Sommer 2023 Kinderpflegerinnen praxisintegriert ausbilden.