Duisburg. Durch Corona verlor ein Duisburger (32) seinen Job, Familienmitglieder erkrankten schwer. Er ist geimpft, lehnt jetzt aber die Auffrischung ab.

Seine Auffrischungsimpfung gegen Corona lehnt Pascal R. ab. Weil er den Booster-Pieks in den Oberarm verweigert, wird er mit Corona-Leugnern, Querdenkern, Schwurblern, Verschwörungstheoretikern und Neonazis in eine Ecke gestellt. Das ärgert den 32-Jährigen, der sich durch diese Erfahrung um den Zusammenhalt in seiner Heimatstadt Duisburg sorgt. Anhand seiner Geschichte will er zeigen, dass es immer individuelle Gründe für und gegen eine Impfung gibt und so helfen, die Kluft zwischen Befürwortern und Gegnern zu verkleinern.

„Ich befürworte grundsätzlich eine Impfung“, sagt Herr R. und zählt Masern, Mumps, Röteln und Tetanus auf. Gerade für die Schutzimpfung gegen Hepatitis ist der gelernte Fachmann für Schutz und Sicherheit im Job dankbar. Dennoch hatte er Vorbehalte bei Corona. Wurde das Vakzin zu schnell durchgepeitscht? Medienberichte über mögliche Hirnvenenthrombosen bei Astrazeneca und allzu kurzlebige Empfehlungen der Ständigen Impfkommission nährten seine Zweifel.

„Ich habe mich natürlich freiwillig impfen lassen“, sagt Pascal R., lehnt den Booster aber ab. Denn nach der Spritze war er im Krankenhaus.
„Ich habe mich natürlich freiwillig impfen lassen“, sagt Pascal R., lehnt den Booster aber ab. Denn nach der Spritze war er im Krankenhaus. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Doch als Ungeimpfter habe er immer mehr Druck gespürt. So suchte er schließlich im Juli 2021 doch ein mobiles Impfteam der Feuerwehr auf und ließ sich das Einmalvakzin Johnson & Johnson spritzen. „Ich habe mich natürlich freiwillig impfen lassen“, betont er, allerdings er sei sich zuvor als Ausgestoßener vorgekommen, wollte dadurch „wieder dazugehören“.

Duisburger hat seine Corona-Schutzimpfung schnell bereut

Jedoch hat er diese Entscheidung schnell bereut und denkt auch heute nur ungern an seine Impfreaktion zurück. „Ich hatte starken Schüttelfrost, Herzrasen, hohes Fieber und starke Kreislaufprobleme“, erinnert sich der Obermeidericher. Als er es nicht mehr aushielt, wählte er den Notruf.

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Der eintreffende Notarzt sei mit ihm „sehr unsensibel“ umgegangen, weil er darin keinen Notfall sah. Trotzdem brachte er Pascal R. in die Homberger Helios-Klinik, wo er eine Nacht blieb. Gegen seine Beschwerden bekam er dort das Schmerzmittel Paracetamol und Flüssigkeit. Das geht aus seinen Entlassungsunterlagen hervor.

„So eine Impfreaktion möchte ich nie wieder erleben“, sagt er entschieden. Deshalb will er seinen Coronaschutz nicht auffrischen. „Wenn der Krankenhausaufenthalt nicht gewesen wäre, hätte ich mich schon längst boostern lassen“, räumt der Duisburger ein; seine Freundin sei bereits aufgefrischt.

Durch die Pandemie „finanziell komplett vernichtet“

Dass sein Impfstatus auslaufen könnte, stößt Herr R. sauer auf. Tatsächlich ist bislang nur das digitale Zertifikat befristet, der Eintrag im Impfbuch bleibt nach aktuellem Stand gültig. Größer ist jedoch der Ärger, dass er plötzlich als Corona-Leugner oder Querdenker gilt, weil er die Booster-Spritze ablehnt. „Ich hatte zwei Corona-Fälle in der Familie, ein Onkel lag deswegen sogar im Koma.“

Dass Microsoft-Gründer Bill Gates mit dem Vakzin insgeheim Chips zur Menschenkontrolle spritzt, glaubt er natürlich nicht und wähnt sich auch nicht in einer Diktatur. Solche oder andere „völlig abwegigen Gerüchte“ begegnen ihm jedoch regelmäßig in Chat-Gruppen des Messengerdienstes Telegram.

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„Die Pandemie hat mich innerhalb von anderthalb Jahren finanziell komplett vernichtet“, so Herr R.. Er kann verstehen, warum die Menschen in sich in der Corona-Krise machtlos fühlen, verzweifelt und wütend sind. Als Veranstaltungen ausfielen, Clubs und Diskos schlossen, verlor er seinen Job als Sicherheitsfachmann, räumte später Regale im Supermarkt ein, wurde schließlich aber auch nicht mehr gebraucht. Seither sucht er eine neue Anstellung, befürchtet aber, dass bald in seiner Branche die 2G-Regel gilt.

Sorge um den Zusammenhalt der Menschen in Duisburg

Düster sieht der 32-Jährige auch für das Zusammenleben in Duisburg. „Das Aggressionspotenzial steigt total, jeder hält sich plötzlich für die Polizei“, sagt Pascal R. und kennt viele Konfrontationen zwischen Geimpften und Impfskeptikern im Alltag. „Die Leute werden sich noch richtig an die Gurgel gehen, und wenn die Impfpflicht kommt, dann brennt hier die Bude.“

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Er selbst würde sich der Impfpflicht nicht beugen, wagt er ein Gedankenspiel. „Ich gehe dafür auch ins Gefängnis, die können mich ja nicht mein Leben lang einsperren.“ Damit meint er eine Ersatzhaft anstelle der dann anfallenden Geldstrafe für Impfverweigerer.

Natürlich will Pascal R. nicht, dass es soweit kommt und so hofft er auf eine Lösung für die Spaltung der Gesellschaft. Da sieht er vor allem die Bundesregierung in der Pflicht, nicht durch Begriffe wie „Pandemie der Ungeimpften“ eine Seite zu stigmatisieren und die Kluft noch zu vergrößern. Vielmehr sollten die Behörden helfen, möglichst viele Menschen wieder zusammenzuführen.

Seinen Anteil daran versucht er ebenfalls zu leisten: „Ich lebe solidarisch.“ Obwohl er es könnte, geht er ganz bewusst nicht mehr in Restaurants, Cafés, ins Kino oder ins Theater, wenn dort die 2G-Regel herrscht, also nur noch Geimpfte und Genesene reingelassen und Ungeimpfte ausgeschlossen werden.

>> HAUSARZT: „VORTEILE DER IMPFUNG ÜBERWIEGEN GEGENÜBER DEM RISIKO DEUTLICH“

Der Duisburger Pascal R. hat seinen Hausarzt Dr. Harald König gebeten, ihn wegen seiner Reaktion auf das Vakzin Johnson & Johnson von weiteren Corona-Auffrischungsimpfungen zu befreien – vergebens.

Über diesen Einzelfall und seinen Patienten möchte sich der Hausarzt mit Praxis in Hochheide nicht äußern, sagt aber ganz allgemein, dass es nur sehr wenige medizinische Gründe gegen eine Corona-Schutzimpfung gebe, etwa eine Immunschwäche bei einer Chemotherapie. Natürlich gehöre eine schwere Reaktion auf die Erstimpfung ebenfalls dazu.

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„Die meisten Impfreaktionen sind leicht und gehen vorbei“, ordnet der Hausarzt ein, der bereits hunderte Spritzen gegen das Virus gesetzt hat. Meistens tue den Geimpften nach der Immunisierung der Arm weh oder sie fühlten sich schlapp. Weniger häufig, aber nicht ungewöhnlich, ist demnach eine Grippe. „Nach einer Woche sind die Patienten wieder auf dem Damm, vielleicht noch ein bisschen müde“, beruhigt Dr. Harald König und ruft ebenso wie die Stadt Duisburg oder das Robert Koch-Institut zur Corona-Schutzimpfung auf: „Die Vorteile der Impfung überwiegen gegenüber dem Risiko deutlich.“