Duisburg. Das Filmforum hat umgebaut. Bis die neuen Sessel in Duisburg ankamen, war es ein abenteuerlicher Weg. Was Gäste zukünftig im Kino erwartet.
Der große Saal des Filmforums ist in den vergangenen Wochen saniert worden. Stühle wurden ausgetauscht, neuer Teppich verlegt und zum Beispiel die Treppenstufen verlängert und neu beleuchtet. Die Besucher nehmen künftig Platz auf „Princessa“. Die Geschichte, wie die Ware am Dellplatz ankam, bietet allerdings Stoff für einen Film.
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Das alte Mobiliar war in die Jahre gekommen und musste dringend erneuert werden. In den 1980er Jahren war das Lichtspielhaus zuletzt modernisiert worden. „Allerdings fließen die kleinen Gewinne, wenn wir welche machen, in den städtischen Haushalt. Es war also nie Geld da, das wir zurücklegen konnten“, erklärt Kinoleiter Michael Beckmann, warum die Renovierungsarbeiten erst nach rund 40 Jahren erfolgten.
Nur mit Hilfe der Filmförderungsanstalt und dem Verein „Freunde des Filmforums“ konnten die Investitionen von rund 100.000 Euro überhaupt gestemmt werden. Die alten Sessel namens Cinema5000 konnten sich Hobby-Cineasten sichern. Die Nachfrage war groß, die Stühle schnell vergriffen.
Beliebtes Duisburger Arthouse-Kino will Zuschauer mit mehr Komfort locken
Im Kino-Saal wurden nun 179 Sitze montiert, ein paar weniger als zuvor. „Wir haben die Abstände zwischen den Reihen vergrößert, damit man auch im hinteren Bereich bequem sitzen kann“, beschreibt Michael Beckmann. Dafür fiel das Regie-Pult im hinteren Bereich weg und machte Platz für neue Sitze.
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Beckmann und sein Team sind überzeugt, dass man die Leute in der postpandemischen Zeit vor allem mit dem Gefühl von Sicherheit und Komfort ins Kino locken kann. Deshalb haben sie sich für ein Modell entschieden, das zwei Armlehnen hat – früher musste man sich eine mit dem Sitznachbarn teilen. Die Idee, einen kleinen Tisch einbauen zu lassen, wurde wieder verworfen. „Der wäre genehmigungsfähig gewesen, aber die Mechanik ist relativ anfällig.“
Auch einen Halter für Getränke gibt’s nicht. „Wir verkaufen keine Becher. Unsere Gastronomie schenkt den Wein in durchaus formschöne Kunststoff-Gläser aus“, findet Beckmann. Außerdem sei es ja erlaubt, Flaschen mit in den Saal zu nehmen. Der Verzicht auf Popcorn und Nachos, da ist sich der Chef sicher, habe den Möbeln und dem Teppich übrigens mehr Lebenszeit beschert als in anderen Häusern.
Die Farbe Rot war gesetzt: „Der Gast mag das Plüschige“
Schnell stand zudem fest: „Der Gast mag das Plüschige.“ An eine andere Farbe als an Rot war also nicht zu denken. Der nun ausgewählte Ton wurde speziell für das Filmforum angemischt. Die Bezüge lieferte eine Firma, die beispielsweise auch für die Sitze in den Abteilen der Deutschen Bahn verantwortlich ist oder Reisebus-Unternehmen zu seinen Kunden zählt. In Corona-Zeiten hatte der Betrieb Kapazitäten, auch mal ein Kino zu beliefern. „Da kam extra ein Vertreter raus und hat Stoffbahnen ausgerollt. Ich kam mir vor wie bei Loriot“, sagt Beckmann und grinst.
Der Markt der Kinositz-Anbieter ist überschaubar. In Europa gebe es noch fünf namhafte Betriebe, weiß der Leiter des Lichtspielhauses, der sich in den 1990er Jahren für einen großen Kino-Konzern unter anderem darum kümmerte, dass traditionelle Lichtspielhäuser modernisiert wurden und damit marktfähig blieben. Die Wahl für das Filmforum fiel auf das Modell „Princessa“, hergestellt im spanischen Ezcaray. In dem Dorf werden seit mehr als 60 Jahren solche Sessel genossenschaftlich produziert.
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Der Abbau der alten und der Aufbau der neuen war von langer Hand geplant. Das Stufenpodest im Saal wurde angepasst und die Treppen beispielsweise verbreitert. Alles war parat, bis Beckmann mit dem verantwortlichen Spanier namens „Jesús“ telefonierte und erfuhr: Die Sessel sind fertig, aber es gibt keinen Lkw. Die standen alle in Calais oder Dover, auf jeden Fall nicht in Spanien.
Beckmann telefonierte, fand eine deutsche Firma, die Batterien transportieren sollte und noch Platz auf der Ladefläche hatte. Was er nicht ahnte: Der Betrieb beauftragte einen Subunternehmer aus Bulgarien, dem leider eine Lizenz fehlte. Irgendwann kam der Anruf: Der Fahrer war von der Polizei festgesetzt worden – und mit ihm auch die Ladung. 2750 Euro sollte es kosten, ihn auszulösen.
Wiedereröffnung am Samstag, 25. Dezember
Die Spedition übernahm die Kosten und die Sessel durften weiterreisen. Doch im Kino gab’s kaum Platz, alle Sitze zu lagern. „Ein großer Dank geht an Ralf Winkels und das Team vom Landschaftspark, dass wir zwischendurch die Kraftzentrale nutzen konnten.“ Später wurden die Stühle dann in die City gekarrt und per Aufzug ins Obergeschoss geschafft.
Bei der Montage halfen dann sämtliche Mitarbeiter des kommunalen Kinos mit. Zu zweit schraubten sie Lehnen, Sitzflächen und Rückenteil aneinander. Geübte Monteure schaffen vier pro Stunde. Als alles auch auf dem Boden festgezurrt war, dann der Schreck: „Die Sessel sehen zwar sehr schön aus. Allerdings sind die Rückenteile zu hart.“ Es fehlt ein wenig Schaumstoff für eine bessere Polsterung. „Das werden wir im laufenden Betrieb ausbessern.“
Erstmal ist er froh, dass das Kino ab dem 25. Dezember wieder öffnen wird. Zu sehen ist um 15.30 Uhr „À la carte – Freiheit geht durch den Magen“, um 16 Uhr und 20.15 Uhr läuft „Contra mit Christoph Maria Herbst“, ab 18 Uhr singt Jennifer Hudson als Aretha Franklin. Ab 20.45 Uhr flimmert „The French Dispatch“ über die Leinwand.
>> Die aktuellen Regeln im Filmforum
- Aktuell gilt für das Filmforum 2G. Die Sitzplätze werden im sogenannten „dynamischen Schachbrettmuster“ belegt.
- Blockt zum Beispiel eine Gruppe fünf Plätze, bleibe diese vor und hinter ihnen frei sowie jeweils ein Sessel daneben.
- „Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht, weil die Leute sich sicher fühlen. Unterm Strich können wir etwa ein Drittel unserer normalen Kapazitäten anbieten“, sagt Filmforum-Chef Michael Beckmann.