Duisburg. Das mittelalterliche Duisburg lag unentdeckt unter dem Burgplatz. Die Stadtarchäologen gehen dort nun auf Spurensuche. Das sind die ersten Funde.

Seit bald 70 Jahren schlummern die steinernen Zeugnisse der Duisburger Stadtgeschichte unter dem Asphalt des Burgplatzes. Nun haben die Bagger auf dem kleineren der beiden Parkplätze vor dem Rathaus einige Felder aufgerissen. Die Stadtarchäologen suchen nach Antworten auf ungeklärte Fragen zur Entwicklung der Stadt im Mittelalter.

Es ist kein gewöhnlicher Bautrupp, der da vorsichtige die Mauerreste freilegt. Die Archäologin Julia Völz und ihr Team von der Kölner Firma Archäologische Baugrund-Sanierung haben bereits gegenüber den Untergrund des Mercator-Quartiers erkundet. Tief graben müssen sie nicht.

Die erste Überraschung für die Stadtarchäologen Dr. Brigitta Kunz, Dr. Kai Thomas Platz und Marius Krömer: „Ich habe nicht damit gerechnet, dass Mauerwerk dreißig Zentimeter unter dem Asphalt liegt“, sagt Platz mit Blick auf das erhebliche Gefälle zwischen Burgplatz und Schwanenstraße.

Funde verdichten das Bild des mittelalterlichen Duisburg

Dr. Kai Thomas Platz ist Duisburgs Stadtarchäologe.
Dr. Kai Thomas Platz ist Duisburgs Stadtarchäologe. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Es gelte, das Bild der Funde aus dem Mercatorquartier „zu verdichten“, erklärt Platz. Ein Handlungskonzept der Stadt, dass vorsieht, den Burgplatz neu zu gestalten, bietet nun die Gelegenheit, die Keimzelle der Stadt genauer unter die altertumskundliche Lupe zu nehmen.

Weltkriegsbomben hatte das mittelalterliche Straßenbild teilweise in Trümmer gelegt (zur Bildergalerie). Über den heutigen Parkplatz verlief der Knüppelmarkt. „Hier standen die Elephanten-Apotheke und das Café Dobbelstein“, erläutert Brigitta Kunz. Anfang der 1950er Jahren wurden die letzten Häuser abgerissen, der Platz asphaltiert.

Allerdings standen all diese Gebäude schon auf deutlich älteren Fundamenten. „Wir erwarten eine Bürgerhaus-Bebauung aus dem Mittelalter – ab Mitte 13. Jahrhundert und jünger“, erklärt Platz.

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Auch da war der Ort schon beste City-Lage. Man baute, ein Glück für die heutige Spurensuche, nicht aus Holz, das längst verrottet wäre, sondern Stein auf Stein. Als Kaiserpfalz hatte Duisburg eine prominente Stellung. „Deshalb war auch bautechnisch hier das Modernste versammelt“, sagt Kai Thomas Platz.

Diese Bruchsteinmauer, die das Grabungsteam unter dem Burgplatz freigelegt hat, könnte aus dem 10. Jahrhundert stammen, vermutet Stadtarchäologe Dr. Kai Thomas Platz.
Diese Bruchsteinmauer, die das Grabungsteam unter dem Burgplatz freigelegt hat, könnte aus dem 10. Jahrhundert stammen, vermutet Stadtarchäologe Dr. Kai Thomas Platz. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Gebäudeteile könnten aus dem 10. Jahrhundert stammen

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Schon die ersten Funde bestätigen das. „Spannend“ nennt der Archäologe ein Bruchstein-Mauerstück, dass sich vom roten Ziegelgemäuer abhebt. „So etwas ist häufig besonders alt. Es könnte Teil eines unterkellerten Gebäudes mit Balkendecke aus dem 10. Jahrhundert sein.“

Der Blick in den Untergrund zwischen Rathaus und Stadtmauer an der Obermauerstraße ermögliche „ein neues Forschungsbild, dass sich jetzt wie ein Puzzle zusammensetzt zu einem dichteren Bild von der frühmittelalterlichen Besiedlung bis zur Stadtmauer an der Oberstraße“, so Platz.

Verlauf und Gestalt der Wehranlagen hatten bereits seinen Vorgänger Dr. Günter Krause umgetrieben. Krause hat unlängst sein gut 600 Seiten starkes Buch zur Duisburger Stadtgeschichte anlässlich des 100. Gründungstags der Niederrheinischen Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte herausgegeben, deren Vorsitzender er seit 1978 ist.

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Stadtarchäologen hoffen auf Erkenntnisse über Verlauf des Pfalzgrabens

Stadtarchäologin Brigitta Kunz
Stadtarchäologin Brigitta Kunz © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Aktualisieren soll die Grabung auch ein Bild der Kaiserpfalz, das „von verschiedenen Autoren in die Welt gesetzt worden ist“, hofft der Stadtarchäologe. So könnte ein schützender Pfalzgraben einst hinter der nördlichen Seite des Knüppelmarktes verlaufen sein.

Hobby-Historiker wollen das an Erdprofilen festgestellt haben, die bei Bauarbeiten zum Gas-/Wasser-Anschluss der Häuser vor 100 Jahren freigelegt wurden. Platz: „Über diese Vermutung gibt es aber nur einen Presseartikel, weder Skizzen noch Belege.“

Die neuzeitliche Geschichte des Knüppelmarktes birgt für die Stadtarchäologen deutlich weniger Geheimnisse. Ein historischer Ofen des Traditionscafés Dobbelstein vielleicht? „Liegt außerhalb des Grabungsfeldes“, sagt Dr. Kai Thomas Platz. Selbst wenn sich nur eine Torte fände – genießbar wäre sie wohl kaum noch.

>> ZWEITER BAUABSCHNITT IM NÄCHSTEN FRÜHJAHR

  • Im kommenden Jahr werden die Archäologen den gegenüberliegenden Bereich des Burgplatzes vor der Salvatorkirche untersuchen. Auch hier werden nur einige Grabungsfelder aufgemacht.
  • Sie wollen dort der Vermutung nachgehen, dass die Duisburger Kaiserpfalz ähnlich wie die in Aachen über ein Atrium verfügt habe. Dr. Kai Thomas Platz ist skeptisch: „Ist unklar, ob es das gab, aber mit den Funden in der Salvatorkirche passt es nicht zusammen.“
  • Die letzte Bebauung in diesem Bereich, dort verlief einst die Straße „Am Grat“, wurde bereits 1909 abgerissen, wenige Jahre nach Fertigstellung des Rathauses.