Duisburg. Die Nachfrage nach Booster-Impfungen ist riesig: Was Hausärztin Ildiko Halmai und andere Mediziner aus Duisburg derzeit in ihren Praxen erleben.

Die Booster-Impfung treibt die Menschen in Duisburg um. Und bringt nicht nur die Hausarztpraxen – zum x-ten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie – an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Es sind ja nicht nur die Ärztinnen und Ärzte, auch die medizinischen Fachangestellten brauchen wieder Nerven wie Drahtseile.

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Um 6.15 Uhr wurde am Montag in der Hausarztpraxis Lange Straße in Rheinhausen der Computer hochgefahren, schildert Dr. Ildiko Halmai: „Bis 19.15 Uhr hat Frau Saligers ununterbrochen Mails und Anrufe beantwortet“. Fast alle Anfragen betrafen das Boostern. Dass deswegen Erkrankte nicht durchgekommen sind und sich in die Praxis schleppen, „ist ein echtes Problem“.

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Ärztin aus Duisburg zur Booster-Nachfrage: „Jetzt bricht es über uns herein“

Ildiko Halmai hat den Eindruck, dass angesichts der steigenden Zahl Corona-Infizierter eine „leichte Panik“ ausgebrochen ist. Nachdem es im Sommer ruhiger geworden sei, habe man schon im Oktober mit den Dritt-Impfungen der älteren Menschen begonnen. „Jetzt bricht es über uns herein.“ Um den Andrang zu steuern, wird zusätzlich zum Impfangebot am Mittwochnachmittag an zwei Vormittagen der Woche für zwei Stunden und ab 20. November auch samstags geimpft.

Zumal es bei über 2500 Impfungen in der Praxis ausschließlich mit Biontech keine schweren Nebenwirkungen gegeben habe, auch nicht bei Jungen ab zwölf Jahren. „Jetzt haben wir Impfstoff en masse – wer kommt, wird geimpft.“

Wegen der Booster-Impfungen steht das Telefon auch in seiner Praxis in Duisburg-Rumeln nicht still. Dr. Axel Heidböhmer sagt. „Manche Patienten werden richtig unverschämt.“
Wegen der Booster-Impfungen steht das Telefon auch in seiner Praxis in Duisburg-Rumeln nicht still. Dr. Axel Heidböhmer sagt. „Manche Patienten werden richtig unverschämt.“ © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Axel Heidböhmer, Arzt in Rumeln, verweist auf die Ständige Impfkommission (Stiko), deren Vorsitzender Thomas Mertens nun aber ohnehin eine baldige Booster-Empfehlung für alle Menschen ab 18 Jahren angekündigt hat. „Genug Impfstoff ist ja da“, sagt Heidböhmer, gleichzeitig Vorsitzender des Medizinischen Netz Duisburg, einem Zusammenschluss von rund 50 Ärzten. „Wer seine letzte Impfung vor einem halben Jahr erhalten hat, bekommt bei mir grundsätzlich auch den ,Booster’ – aber je nach Kapazitäten und Dringlichkeit. Die Älteren und Vorerkrankten haben klar Vorrang.“

„Einige Patienten sind unverschämt“

Es gebe einige Patienten, die keine Geduld hätten. „Manche werden richtig unverschämt, wollen unbedingt sofort geimpft werden“, erzählt Heidböhmer. „Dabei muss der Impfstoff ja auch immer noch bestellt werden.“ 70 bis 100 Dosen ordere er pro Woche. Der Mittwoch ist bei ihm traditionell Impftag. Zuletzt waren 84 Impfungen geplant. Der Booster-Anteil: 90 Prozent.

Die Nachfrage sei riesig, das Telefon stehe zurzeit in seiner Praxis den ganzen Tag über nicht mehr still. Trotzdem müsse jeder nur maximal drei Wochen auf eine Booster-Impfung warten.

So berichtet es auch Helmut Gudat, der seine Praxis in Meiderich hat und gleichzeitig Vorsitzender der Duisburger Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo) ist.

>> HAUSÄRZTE IN DUISBURG MELDEN AKTUELL VIELE IMPFDURCHBRÜCHE

  • Hausärzte in Duisburg stellen derzeit eine stark steigende Zahl an Impfdurchbrüchen fest. Dies bestätigt etwa Axel Heidböhmer. „Ich finde es persönlich erschreckend“, so der Arzt aus Rumeln. „Zum Glück gibt es in der Regel milde Verläufe.“
  • Von vielen positiven Corona-Tests durch die Delta-Variante berichtet auch Ildiko Halmai mit Praxis in Rheinhausen. Mehr als die Hälfte der Patienten seien geimpft gewesen. Sie hätten über grippale Infekte geklagt oder gar keine Symptome gespürt.
  • Zu ihrer Überraschung seien ältere und jüngere Patienten gleichermaßen betroffen gewesen, so die Ärztin. „Vielleicht braucht Corona ja auch ein Dreier-Impfschema wie Tetanus“, vermutet sie.
  • Auch einige Antikörpertests wurden in Halmais Praxis gemacht. Da es aber keinen wissenschaftlich gesicherten Schwellenwert für die Antikörper gebe, habe man das wieder eingestellt. Vor Delta sei sie noch hoffnungsfroh gewesen, dass die Herden-Immunität bald erreicht werde. Dass aber jetzt auch Geimpfte das Virus weitergeben können, bedeute „einen harten Herbst und Winter“.