Duisburg. Geimpfte Menschen in Duisburg sind verunsichert und fragen sich, wer ab wann einen „Booster“ braucht. Ein Virologe gibt detaillierte Antworten.
Die vierte Corona-Welle hat Deutschland längst mit großer Wucht erfasst und trifft vor allem die Ungeimpften – aber nicht nur. Angesichts immer häufiger auftretender Impfdurchbrüche fragen sich deshalb auch in Duisburg viele Menschen, wer ab wann eine Booster-Impfung braucht. Professor Ulf Dittmer, Leiter der Virologie am Uniklinikum Essen, kann anhand des aktuellen Stands der Wissenschaft Antworten geben.
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„Es ist eindeutig, dass alle Geimpften einen ,Booster’ brauchen – und zwar unabhängig vom Alter“, stellt Dittmer zunächst klar. Was den richtigen Zeitpunkt betrifft, gebe es allerdings je nach Vakzin Unterschiede. Wer bisher mit einem mRNA-Impfstoff von Biontech oder Moderna geimpft worden ist, sollte nach Angaben des Virologen den „Booster“ idealerweise sechs Monate nach der zweiten Impfung erhalten. Dies betrifft in diesem Fall also alle zweifach Geimpften ab zwölf Jahre.
Virologe: Zahl der Antikörper verzehnfacht sich im Schnitt durch den „Booster“
„Studien haben gezeigt, dass sich die Zahl der Antikörper durch den ,Booster’ im Schnitt verzehnfacht und die Auffrischungsimpfung somit hervorragend auch vor Infektionen mit der dominierenden Delta-Variante schützt“, so Dittmer. Dies sei bei allen Altersgruppen festzustellen gewesen und unabhängig davon, wie hoch die Zahl der Antikörper bei der jeweiligen Person vor dem „Booster“ war.
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Je jünger eine geimpfte Person ist, desto höher sei in der Regel der Antikörpertiter und umso langsamer nehme dieser Anteil ab. Menschen über 70 Jahre verlieren den Impfschutz laut Dittmer dagegen schneller – teilweise auch schneller als sechs Monate nach der letzten Impfung. „Vor allem für sie ist der ,Booster’ deshalb jetzt zwingend erforderlich“, so der Virologe. „Und ich schließe da auch die Gruppe der Über-60-Jährigen mit ein.“
Die Frage, ob generell ein deutlich früherer „Booster“ bei zweifach mit Biontech oder Moderna Geimpften ebenso effektiv wie nach sechs Monaten ist, lasse sich derzeit noch nicht beantworten. „Dazu gibt es keine ausreichenden Daten“, erklärt Dittmer.
Astrazeneca: Stadt Essen gibt Auffrischungsimpfungen schon ab vier Monaten
Beim Vektor-Impfstoff von Astrazeneca sei hingegen eine Auffrischungsimpfung mit einem mRNA-Impfstoff ab vier Monate nach der zweiten Dosis nötig. „Das wird in Essen mit dem Impfmobil der Stadt auch schon praktiziert“, sagt der Virologe. „Der Schutz vor einer Infektion mit der Delta-Variante nimmt bei Astrazeneca nachweislich schneller ab.“
Wer allerdings zunächst Astrazeneca und dann einen mRNA-Impfstoff als zweite Dosis in Form einer Kreuzimpfung bekommen habe, brauche den „Booster“ erst nach sechs Monaten.
Beim Einmal-Vakzin von Johnson & Johnson, ebenfalls ein Vektor-Impfstoff, sorge wiederum nur eine zweite Dosis mit Biontech oder Moderna überhaupt erst für einen vollständigen Impfschutz – am besten schon vier Wochen nach der ersten Spritze. „Ich gehe davon aus, dass auch hier ein weiterer ,Booster’ mit einem mRNA-Impfstoff sechs Monate später erforderlich sein wird. Aber das lässt sich jetzt noch nicht abschließend sagen“, so Dittmer.
Dittmer: Geimpfte Genesene brauchen vorerst keinen „Booster“
Genesene, die sechs Monate nach überstandener Infektion bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten haben, „brauchen nach derzeitigem Stand der Wissenschaft vorerst keinen weiteren ,Booster’. Der Antikörpertiter ist hier in der Regel sehr hoch“, erklärt der Virologe.
Grundsätzlich stimmen ihn die aktuellen Erkenntnisse aus Israel über die hervorragende Wirkung der Booster-Impfungen optimistisch. „Ich habe die Hoffnung, dass der Schutz diesmal länger anhält und weitere Auffrischungsimpfungen womöglich erst wieder in ein paar Jahren notwendig werden“, so Dittmer.
>> BOOSTER-IMPFUNGEN: DAS EMPFIEHLT DIE STIKO
- Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (Stiko), hat eine baldige Booster-Empfehlung für alle Menschen ab 18 Jahren angekündigt. Dies würde aber noch nicht die bereits zweifach geimpften Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren einschließen.
- Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) verweist aber darauf, dass die Stiko im vergangenen August eine Impfempfehlung auch für die Zwölf- bis 17-Jährigen gegeben hat. Sofern bei einigen Jugendlichen die sechs Monate verstrichen sind, können laut KVNo Ärzte auch Booster-Impfungen vornehmen.
- Bisher empfiehlt die Stiko Auffrischungsimpfungen nur für bestimmte Personen- beziehungsweise Berufsgruppen, etwa für Menschen ab 70 Jahren oder Pflegepersonal (Stand: 17. November 2021).