Duisburg. Der Duisburger Reiner Dongmann war ein gefragtes Double für Daniel Craig. Was er dabei auf Millionärspartys und bei Dreharbeiten erlebt hat.

James Bond hat gerade „Keine Zeit zu sterben“. Reiner Dongmann hat hingegen viel Zeit. Der Duisburger, der von „Casino Royale“ bis „Skyfall“ als James-Bond-Double ein gefragter Mann war, wird gerade nicht gebucht. Corona hat nicht nur den Filmstart verzögert, das Virus hat auch dem Geheimagenten-Double seiner Majestät die Aufträge weggeschossen.

„Keine einzige Anfrage“ gebe es, sagt Jochen Florstedt, der in Mülheim eine Doppelgänger-Agentur betreibt und seit 2007 auch Dongmann unter Vertrag hat. Die Kinos, die den Duisburger sonst bei Bond-Starts gern gebucht haben, winken jetzt ab: Wer will schon einen James Bond, der die Besucher mit medizinischer Maske statt Wodka-Martini empfängt?

Der Duisburger hat schwierige Jahre hinter sich

Reiner Dongmann hat eine harte Zeit hinter sich. Der Walsumer, der 1977 in der Papierfabrik Starkstromelektriker gelernt hat und dort geblieben ist, wurde nach der Unternehmenspleite arbeitslos. Da war er 55 und in einer für ihn völlig neuen Situation. „Ich habe mir sofort wieder Arbeit gesucht.“

Zwei Jobs hat er anschließend noch bekommen, einer war nach einem halben Jahr zu Ende, der andere „nach zwei Jahren und vier Monaten“. „Ich konnte körperlich nicht mehr und war auch psychisch am Ende“, sagt der heute 60-Jährige. Dieser Chef-Satz „Reiner, du machst das schon“ habe ihn bis in seine Träume verfolgt.

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Er sei so weit „im Keller gewesen“ und habe „auf nichts mehr Lust gehabt“, dass ihm die Ärzte eine Kur verordneten. Nach fünf Wochen habe er gemerkt, „dass ich noch lebe und wer ich bin“. Und er habe in der Kur gelernt, dass er nicht immer „muss, muss, muss!“, sondern auch mal „No“ sagen kann. Auch zu manchen Jobs, die die Arbeitsagentur anbietet. Die wollte Dongmann nach der langen Krankheit wieder in den Arbeitsmarkt integrieren – über Praktika. Es war eine niederschmetternde Erfahrung für den 60-Jährigen: „Ich bin jetzt Opa – und soll nach einem Zeugnis fragen?“

Stahlblaue Augen, markante Gesichtszüge: Der Duisburger Reiner Dongmann ist als James-Bond-Double viel herumgekommen.
Stahlblaue Augen, markante Gesichtszüge: Der Duisburger Reiner Dongmann ist als James-Bond-Double viel herumgekommen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Es begann 2007 mit „Casino Royale“

Bond-Premiere- Daniel Craig und Royals auf dem roten Teppich

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    Da erinnert sich der Mann mit den stahlblauen Augen und den markanten Gesichtszügen lieber an sein Doppelnullleben. Reiner Dongmann muss nicht viel tun, um wie Daniel Craig auszusehen. Mimik und Gestik hat er trainiert, sprechen muss er bei seinen Auftritten wenig. Es begann 2007 mit „Casino Royale“. Nachdem sein Chef den Film gesehen hatte, sei er immer so komisch um ihn herum geschlichen und habe ihm schließlich gesagt, er sehe Daniel Craig so ähnlich. Trotz Dongmanns Abwehr blieb der Chef dran und fädelte den Vertrag mit Jochen Florstedt ein.

    Seither hat der Mann namens Dongmann einige Jobs erledigt. Er posierte mit Smoking und (Plastik-)Pistole an einem Roulette-Tisch in Luxemburg, trat bei einer „Nacht der Stars“ mit einem Marylin-Monroe-Double in Österreich auf oder war bei der Silvesterparty eines Milliardärs in Ascona gefragt. Dort fuhr er mit dem Aston Martin vor, überlebte einen Platzpatronenhagel und bestieg eines der 300-PS-Boote am Steg des Lago Maggiore, wo ihn Frauen in goldfarbenen Anzügen erwarteten.

    Ablenkungsmanöver im Aston Martin

    „Aber bei fünf Grad habe ich mich geweigert, über den See zu fahren“, sagt Dongmann. Dennoch durfte er mitfeiern und kam mit einem der jungen Gäste ins Gespräch. Der habe ihm verraten, dass er – ermahnt von seinem Vater, sich für die Party anständig einzukleiden – kurz nach London geflogen sei und für nur 5000 Euro den passenden Smoking erstanden habe. Da hat der 007 aus Duisburg sich dann doch gewundert über die Maßstäbe reicher Leute.

    Keine tödliche Mission war es, mit einem Aston Martin durch Bregenz bis zu einer glitzernden Bühne zu fahren. An der ersten Ampel hätten „ruckzuck 50 Leute“ um ihn herum gestanden, um die Bühne scharten sich dann um die 5000, „und die waren so hinter mir her, dass ich in eine Punker-Kneipe geflüchtet bin“. Der eigentliche Zweck von Dongmanns Einsatz: Auf der Seebühne liefen Dreharbeiten für „Ein Quantum Trost“ – und er war das Ablenkungsmanöver. Seitdem verstehe er Promis, die sich eine eigene Insel kaufen, um ihre Ruhe zu haben.

    Wie fährt sich eigentlich ein Aston Martin so? Die Geräuschkulisse beim Starten „hört sich gut an“, sagt der Motorradfahrer Dongmann, die freie Fahrt über die Serpentinen bewältige er auch sehr gut – nur der Rückspiegel sei zu klein. Und das Familienauto? Ein Honda Jazz.

    Starre Blicke durch die Fenster im Café des Hotels Sacher

    In Wien war es für Dongmann zwar nicht der Hauch des Todes, den Einmal-Bond Timothy Dalton spürte, sondern die Blicke durch die Scheiben des Cafés im Hotel Sacher. Dort war für das fertig geschminkte Double ein Tisch gebucht. „Die Leute starrten mich an und wollten ein Foto. Ich wollte am liebsten heimlich raus.“

    Statt ihn durch die Hintertür rauszulassen, habe der Chef des Sacher „Mr. Craig“ um ein Foto gebeten. Er entkam schließlich in einem „fetten BMW“, der ihn zur Aids-Gala von Sharon Stone vor dem Wiener Rathaus brachte. Roter Teppich, Sonnenbrille, Security, Kameras – „und als ich wieder im Hotel war, habe ich mich im Fernsehen gesehen“.

    Rückblick auf ein „schönes Hobby“

    „Alle freuen sich, wenn sie James Bond sehen“, sagt Reiner Dongmann. Auch die jungen Bewohner eines Behinderten-Heims in Erfurt hätten sich mit ihm fotografieren wollen. Einen Job, den er natürlich „für lau“ gemacht habe. Er blickt auf seine Doppelgänger-Rolle als „schönes Hobby“ zurück, das ihm ein „schönes Taschengeld“ eingebracht habe.

    Dongmanns letzter Job war die Eröffnung eines Waffengeschäftes in Dortmund. Den neuen Bond hat er noch nicht gesehen und weiß auch nicht, ob Bond jetzt oder an einem anderen Tag stirbt. Er beschäftige sich mehr mit seiner eigenen Zukunft, sagt der Mann, der jetzt hauptberuflich Rentner sein möchte.

    >> AGENTUR SUCHT NEUE DOPPELGÄNGER

    • Nicht alle Promis sind so langlebig wie Queen Elizabeth, die Jochen Florstedt auch in seinem umfangreichen Doubles-Portfolio hat. Auf seiner Agentur-Homepage www.doubles.de gibt es eine Liste „Doubles dringend gesucht“.
    • Dort stehen zur Zeit unter anderem Annalena Baerbock, Robert Habeck, Olaf Scholz, Joe Biden, Wladimir Putin und ja, auch noch Armin Laschet. Außerdem „eine gute deutsche Princess Meghan“.