Duisburg-Beeck. Graffiti-Künstler Mark Roberz verschönerte im Auftrag der König-Brauerei eine 12 Meter hohe Hauswand in Beeck: Bierflasche trifft auf Skyline.

Ist das cool: Wenn wieder mal ein Autofahrer an der Ampel vergisst, dass es ein Gaspedal gibt und fasziniert mit den Augen an dem gigantischen Bild mit der Köpi-Flasche klebt. „Das sind so Momente, die sind einfach super“, schwärmt Graffiti-Künstler Mark Roberz. Diese Augenblicke kann er zurzeit dauernd genießen. Denn er bemalt fünf Tage lang zusammen mit drei anderen Spray-Artisten eine 12 x 10 Meter hohe Hauswand an der Prinz-Friedrich-Karl-Straße 1 in Beeck.

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Es ist ein Auftrag der Duisburger Brauerei, die es offenbar leid war, ständig auf eine mehr als trostlose, schmutzige Ruhrpott-Fläche zu gucken. Sie wollte ein Highlight setzen im deprimierend tristen Straßenzug, ihn für Passanten und Anwohner mit Farbe zum Leben erwecken. Etwas für die Stadt tun und das farbige Spektakel mit Werbung verbinden.

Der Künstler aus Duisburg versteht sein Handwerk perfekt

Das ist offenbar schon mit der Idee der Köpi-Marketingabteilung gelungen. Und darüber hinaus schon bei der Entstehung des Bildes – ein echter Hingucker. Der 34-jährige Künstler versteht sein Handwerk perfekt. „Mit jedem Bild entwickelt man sich ja weiter“, stellt er fest. Effekte, Farbverläufe und Struktur gestaltet der Meister selbst.

Die Duisburger Grafifiti Künstler Mark Roberz und Daniel Jahn bei der Arbeit. Eine Wand in Beeck wird zum Werbeträger.
Die Duisburger Grafifiti Künstler Mark Roberz und Daniel Jahn bei der Arbeit. Eine Wand in Beeck wird zum Werbeträger. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Was so locker und leicht daherkommt, ist vor allem perfekte Arbeit im Vorfeld. Es wird nichts dem Zufall überlassen. Das Black-Book ist die Grundlage. Der Fachbegriff bedeutet, dass in dem „Schwarzbuch“ zunächst die Skizzen für das gigantische Werk zusammengestellt werden, nach dem später gearbeitet wird. Drei Vorschläge hat Roberz für die Umsetzung der Brauerei-Ideen vorgelegt. Die Zusammenarbeit sei reibungslos gewesen. Könner trifft Kenner. Mark Roberz weiß, was er kann, die Brauereimitarbeiter kennen ihre Mission. Perfekte Symbiose.

100 Jahre Industriedreck müssen von der Wand gekratzt werden

Der Feind des Spray-Artisten ist nicht nur die Höhe, in der er arbeitet. „Daran kann man sich trotz Höhenangst gewöhnen.“ Es ist der Regen. Erst sprayen, dann aus Kübeln gießen, das ist die gestattete Reihenfolge. Alles andere ist tabu. Deshalb musste auch wieder eine Zwangspause eingelegt werden.

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Bevor so ein Kunstwerk überhaupt auf die Wand gezaubert werden kann, kommt die eher blöde „Putzarbeit“ für Künstler und Mitarbeiter. 100 Jahre Industriedreck müssen von der Wand gekratzt werden. Mit Besen und Lackierermasken gegen „Staublunge“ geht’s an die Arbeit. Vier Stunden lang. Dann werden die Punkte und Raster vom DIN-A-4-Blatt auf die Wand übertragen. „Denn die Proportionen müssen stimmen, das ist ganz wichtig“, erklärt Mark Roberz. Sonst ist das Kunstwerk nicht im Lot.

Bierwerbung, handgesprüht, hier auf einer zwölf Meter hohen Häuserwand an der Prinz-Friedrich-Karl-Straße in Beeck. Die Künstler freut es, dass wegen der Höhe der Fläche das ganze Bild komplett zu sehen ist.
Bierwerbung, handgesprüht, hier auf einer zwölf Meter hohen Häuserwand an der Prinz-Friedrich-Karl-Straße in Beeck. Die Künstler freut es, dass wegen der Höhe der Fläche das ganze Bild komplett zu sehen ist. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Alleine die Köpi-Flasche auf der Wand hat Ausmaße von 8,70 Meter Höhe auf 2,40 Meter Breite. Gearbeitet wird von oben nach unten, damit die Sprühtröpfchen das Werk nicht wieder zunichte machen. Der Hintergrund hat Vorrang, er wird zuerst aufgetragen. Im aktuellen Fall eine Skyline von Duisburg, so wie es die Brauerei gerne wollte. Markante Punkte: Theater, Innenhafen, Stadtwerketurm, Tiger and Turtle, Förderturm, Hüttenwerk, grauer Ruhrpotthimmel.

Die grüne Wiese an der Wand in Beeck hebt das Gemüt

Die Farben vom Sonnenaufgang (für die Nachteulen -untergang) in Gelb und Rot spiegeln das Köpi-Symbol, Anker mit Krone, wider. Davor fließt der Rhein und eine grüne Wiese ganz im Vordergrund hebt das Gemüt. „Übermalen können wir jede Farbe“, sagt der 34-Jährige. Man kann mit Weiß eine schwarze Fläche übersprayen. Problemlos. Aber alleine für die Köpi-Flasche brauche man neun unterschiedlich Farbtöne.

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Da schillert innen das flüssige Gold für die Kehle, außen auf der braunen Flasche perlen kleine durchsichtige Frischetropfen hinunter, das rot-gelbe Kronen-Symbol ziert das weiße Etikett mit silberner Aufschrift. Die Mitarbeiter des Meisters sorgen zuerst für die dunkleren Farben auf der Wand. Farbverläufe, die feinen, echt wirkenden Wellen auf dem Rhein, die Lichteffekte auf der Wiese vor dem Fluss, die realistischen Strukturen – bei all’ diesen Feinheiten legt der Meister selbst Hand an.

Sonst sind bei einem Wandbild immer nur Ausschnitte zu sehen

Faszinierend an dieser Höhenmalerei findet der Duisburger Künstler vor allem die Wirkung des Bildes. „Hat man eine Fläche, die sich lang und breit erstreckt, sieht man immer nur Ausschnitte. Aber bei so hohen Wänden ist der Eindruck des Bildes gigantisch“, sagt er. Erhebend das Gefühl, das ihn durchströmt, wenn er eine so riesige Fläche bemalt hat. „Wenn man dann davor steht und sieht, dass das Bild gelungen ist, dann fühlt sich das schon unglaublich cool an“, gibt der Rheinhauser Künstler zu, der nie woanders gewohnt hat als in Duisburg.

>>>> Mark Roberz: Vom Beruf zur Berufung <<<<

Längst nicht immer verläuft ein erfolgreicher, beruflicher Weg geradlinig. Der Rheinhauser Mark Roberz (34) absolvierte nach dem Fachabitur eine Ausbildung bei einem Finanzdienstleister.

Das erfüllte ihn nicht und er machte sich selbstständig. Immer brach seine Leidenschaft zum Malen, zur Kunst durch. Denn schon von Kindheit an, kritzelte und malte er, wo ein Blatt Papier war.

Freunde wurden auf ihn aufmerksam, und er nahm kleine Aufträge an. Mal durfte er in Kinderzimmern Wände bemalen, mal zauberte er im Garten Flächen mit Wunschmotive. Dann entschied Mark Roberz, gemeinsam mit seiner Frau, dass er seine Leidenschaft zum Beruf ausbauen solle. Der Weg ist der richtige.