Duisburg-Rheinhausen. Ein ruhiger Lebensabend? Norbert Bömer (72) verzichtet. Stattdessen will der Duisburger das Klima mitretten – und gibt im Podcast auf die Ohren.
„Alles Gute muss auch von unten kommen.“ Norbert Bömer lacht, nachdem er das Bibel-Sprichwort auf den Kopf gestellt hat. Allein auf göttlichen Beistand will sich der Rheinhausener nicht verlassen, um die Klimakrise abzuwenden. Also packt Bömer mit seinen 72 Jahren weiter selbst an und sagt fast erleichtert: „Das Thema ist nicht mehr abstrakt, sondern vor unserer Haustür angekommen. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein.“
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Im Jahr der Bundestagswahl will Bömer diese Entwicklung weiter fördern. Und gibt deshalb auf die Ohren. Er ist Teil der Kooperation der Veranstaltergemeinschaft „Jenseits des Wachstums“, die eine Podcast-Serie für Duisburg und Umgebung auf den Weg gebracht hat. Der Titel: „Limits. Klimakrise – Wachstum – Ressourcen.“
Norbert Bömer: Im Sauerland geboren, dem Stahl verbunden
Norbert Bömer wurde auf Stahl sozialisiert. Jahrzehnte stieg der gebürtige Arnsberger bei Hoesch, Thyssenkrupp und Mannesmann Grobblech in Dortmund und Mülheim auf. Verantwortung für Arbeitsplätze übernahm der Industriemeister als Betriebsrat ebenso wie als Umwelttechniker und –schutzverantwortlicher für das Klima. „Wir müssen das gemeinsam denken und nicht gegeneinander ausspielen“, appellierte er damals wie heute.
2008 zog Bömer nach Friemersheim. Schnell fand er Anschluss bei der Bürgerinitiative „Saubere Luft“, stand ihr über zehn Jahre vor und verhinderte unter anderem den Bau eines Steinkohlekraftwerks im Chemiepark Krefeld-Uerdingen. Auf Duisburger Umwelttagen ging er zudem in den Infight mit der Industrie. Arbeit, die trotz steinigem Boden Früchte getragen hat: „Das Ohr für Nachhaltigkeit und Klimawandel ist deutlich offener als damals. Betriebe und Unternehmen haben realisiert, dass sie sich nicht mehr drücken können. Dass die Arbeitsplätze vom Klimawandel abhängen.“
Von wegen ruhiger Lebensabend: Die Klimakrise mobilisiert
Trotz positivem Zwischenfazit schiebt der 72-Jährige seinen ruhigen Lebensabend auf die lange Bank, zu sehr treibt ihn die Klimakrise um. Die Strukturen in der Politik seien verfestigt, es fehlten radikale und mutige Schritte, stellt Bömer fest. Und bei den Veranstaltungen der vergangenen Jahre seien auch immer die gleichen Gesichter vor Ort.
Wie also ein neues Publikum ansprechen, dabei gleichzeitig den globalen Wandel auf den lokalen Handel herunterbrechen? Das tut Bömer nämlich, wenn er im Podcast in seinem Themenschwerpunkt über die Logistik-Drehscheibe Hafen spricht. Er stellt das Wachstum auf Kosten von Umwelt und Mensch in Frage – eines der drei Leitmotive der bislang neunteiligen Hörreihe. Im Fall des Duisburger Hafens mit dem Tenor: Ausbau gleich Verkehrsstau.
Zu den weiteren Motiven gehört, wie sich der „notwendige Rückbau solidarisch“ gestalten lässt. Und welchen Beitrag jeder Einzelne leisten kann. Und so interviewt mal Bürgerfunker Jürgen Mickley den ehemaligen Stahlarbeiter Theo Steegmann zu Duisburgs Stadtgesellschaft, mal übernimmt Fridays for Future gemeinsam mit dem ADFC Duisburg zur Verkehrswende.
Duisburger NGO, Umweltaktivisten und der Kirchenkreis
Akteure der Region und ihre Felder bekannt machen sei das Ziel des Podcasts, betont Norbert Bömer. „Positive Beispiele zeigen, aber auch negative Entwicklungen benennen“, sagt der 72-Jährige, um zu ergänzen: „Wir sind keine sturen Nein-Sager, sondern machen uns einen Kopf um Alternativen.“ Die Duisburger Veranstaltungsgemeinschaft (u.a. Attac, BUND, Ev. Kirchenkreis) konnte für ihre neun Beiträge dabei auf die Strukturen des Medienforums zurückgreifen, erarbeitete ihre Inhalte dabei ohne finanzstarken Partner ehrenamtlich.
Ehrenamtlich geht es für Norbert Bömer auch bald wieder offline weiter, beim Klimaquartierstisch in Friemersheim will er über Logport, Osttangente und den Lkw-Verkehr diskutieren. Angebote machen, Raum für Angebote schaffen. Ein solches wünscht er sich auch von der Politik: „Wir müssen die Übermacht des Autos zurückdrängen und sanftere Verkehrsmittel pushen. ÖPNV zum Pauschbetrag oder kostenlos – das wärs!“
Und wird zum Schluss nachdenklich: „Ein Umdenken passiert meist erst nach der Katastrophe. Hoffentlich geht es diesmal auch ohne.“
>> Die Podcast-Serie „Limits“ im Netz
- „Klimakrise – Wachstum – Ressourcen“: Zu diesen Themen spricht das Veranstaltungsbündnis in ihrer neunteiligen Podcast-Serie mit Akteurinnen und Akteuren aus der Region.
- Den Link gibt es hier oder auf www.limits47.de.