Duisburg. Niedrigschwellige Impfangebote und Einsatz der „KoCI“: Der Duisburger Krisenstabsleiter sagt, was er nach dem Aus fürs Impfzentrum befürchtet.

Die Stadt Duisburg hat stets betont, wie wichtig weiterhin ganz niedrigschwellige Impfangebote auch nach Schließung aller Impfzentren in NRW zum 30. September sein werden. Stadtdirektor, Kämmerer und Krisenstabsleiter Martin Murrack befürchtet aber, dass solche Sonderimpfungen künftig durch hohe bürokratische Hürden des Landes NRW massiv erschwert werden.

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„In der Vergangenheit haben wir zum Beispiel kurzfristig Impfungen für den Schulbetrieb der Handwerkskammer oder vor dem Jobcenter organisiert“, erklärt Murrack. „Da konnten wir auf Anfragen und Wünsche schnell reagieren. Wenn wir aber, wie jetzt geplant, in Zukunft für jede einzelne mobile Impfaktion erst einmal ein Konzept erstellen und das Land fragen müssen, dann geht viel Dynamik im Impfgeschehen verloren.“

Niederschwellige Impfangebote: Krisenstabsleiter in Duisburg fordert pragmatisches Handeln

Murrack macht einen Vorschlag: „Die Städte sollten ab einer Inzidenz von 50 mehrere Impfangebote in Eigenverantwortung machen dürfen. Das wäre pragmatisches Handeln.“

Allein durch Impfungen in den Praxen der niedergelassenen Ärzte, die das Land nach Schließung der Impfzentren noch stärker als bisher in die Verantwortung nimmt, sei eine 80- bis 90-prozentige Durchimpfung in der Bevölkerung jedenfalls nicht zu erreichen.

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Murrack hatte an NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann geschrieben, dass in Duisburg „nur ein Bruchteil aller Praxen am Impfgeschehen“ teilnehme. Diesen Satz, sagt der Krisenstabsleiter, würde er heute anders formulieren. „Es ist zwar so, dass bei uns im Vergleich zu anderen Städten prozentual weniger niedergelassene Ärzte impfen“, so Murrack. „Ich danke aber ausdrücklich allen, die sich diesbezüglich engagieren.“

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Das eigentliche Problem sei ein anderes, sagt der Stadtdirektor: „Es gibt gerade in Duisburg, aber auch in anderen Großstädten, einen gewissen Prozentsatz an Menschen in der Bevölkerung, die vom Sinn des Impfens stärker überzeugt werden müssen, gar keinen Hausarzt haben und deswegen auch nicht die Möglichkeit haben, sich in einer Praxis impfen lassen.“

Impfzentrum: Murrack hätte sich Stand-by-Betrieb gewünscht

Nicht nur deshalb, sondern auch mit Blick auf den Herbst und die notwendigen Drittimpfungen habe er die endgültige Schließung der Impfzentren kritisiert. Murrack hätte einen Standy-by-Betrieb für sinnvoll und erforderlich gehalten, „um vor allem weiter niedrigschwellige Impfangebote zu planen und zu organisieren“.

Diese Aufgabe sollen nach dem Willen der Landesregierung in Zukunft in jedem Kreis beziehungsweise in jeder kreisfreien Stadt die so genannten „Koordinierenden Covid-19-Impfeinheiten“ (KoCI) übernehmen. Die Stadt Duisburg kann gemäß dem geplanten Schlüssel von drei Stellen pro 100.000 Einwohner 15 Stellen besetzen, die nach Angaben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) komplett finanziert werden.

Auch das Impfzentrum im Duisburger Theater am Marientor (TaM) wird zum 30. September schließen.
Auch das Impfzentrum im Duisburger Theater am Marientor (TaM) wird zum 30. September schließen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

„Wir wollen die ,KoCIs’ an das Gesundheitsamt andocken und alle Stellen, wenn möglich, bis zum 1. Oktober besetzen“, sagt der Krisenstabsleiter. „Einerseits mit Hilfe von Personaldienstleistern, wobei der Markt derzeit leer gefegt ist. Andererseits möchten wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Impfzentrum über den 30. September hinaus weiter beschäftigen.“

„Koordinierende Covid-19-Impfeinheiten“: 15 Stellen für Duisburg

Klar sei aber jetzt schon, dass diese neuen Einheiten die künftigen Aufgaben personell nicht allein stemmen können. Die Stadt nennt dazu Zahlen: In dem Bereich, der durch die 15 Kräfte der „KoCI“ übernommen werden soll, arbeiten derzeit im städtischen Impf- und Testzentrum etwa 40 bis 45 Mitarbeiter, also rund drei Mal so viele.

Die neuen Einheiten sollen künftig nicht nur Impfangebote je nach Bedarf planen, sondern das komplette Impfgeschehen in der Stadt begleiten und im Auge behalten. „Dazu brauchen wir zum Beispiel aus den Praxen tagesaktuelle Listen mit den Impfzahlen, die über ein automatisiertes System an die ,KoCIs’ übermittelt werden“, so Murrack. „Das Problem haben wir beim Land adressiert, welches ein solches System wohl perspektivisch plant. Aber ich kann grundsätzlich nicht verstehen, warum bestehende erfolgreiche Strukturen zerschlagen werden, um mühsam neue aufzubauen.“

Wenn in Duisburg über die bisherigen Erfolgsgaranten gesprochen wird, fällt immer wieder ein Name: Hendrik Magnusson. Immerhin soll der Leiter des Impfzentrums nach Angaben der Stadt über den 30. September hinaus der Duisburger KoCI erhalten bleiben.

>> BUND UND LAND FINANZIEREN KOCI UND NIEDERSCHWELLIGE IMPFANGEBOTE

  • Wie das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Soziales (MAGS) auf Nachfrage der Redaktion mitteilt, wird das Land NRW die Rahmenbedingungen für künftige niedrigschwellige Impfangebote für alle Kreise und kreisfreien Städte per Erlass festlegen.
  • Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben sich laut MAGS darüber hinaus vertraglich verpflichtet, Ärzte „in einem vom Land zu definierenden Umfang“ für solche Sonderaktionen zur Verfügung zu stellen. Aktuell habe das MAGS keinerlei Grund zur Annahme, dass mobile Impfangebote an einem Mangel an Ärztinnen und Ärzten scheitern werden, so eine Ministeriumssprecherin.
  • Diese niederschwelligen Aktionen werden demnach ebenso jeweils zur Hälfte von Land und Bund finanziert wie die neuen „Koordinierenden Covid-19-Impfeinheiten“ (KoCI). Duisburg bekommt dafür gemäß dem Schlüssel von drei Stellen auf 100.000 Einwohner insgesamt 15 Stellen.