Duisburg. Der Film „Das Impfdrama – Deutschlands Weg aus der Pandemie“ spielt in Duisburg. Er zeigt, was hinter den Kulissen des Impfzentrums passiert.

Mit „Charité intensiv: Station 43“ hat Antje Boehmert als Produzentin einen Film betreut, der auf dem Höhepunkt der zweiten Pandemiewelle zeigt, wie Ärzte und Pflegende um das Leben derjenigen ringen, die schwerst an Covid-19 erkrankt sind. Jetzt blickt sie mit dem Film „Das Impfdrama – Deutschlands Weg aus der Pandemie“ auch hinter die Kulissen des Duisburger Impfzentrums.

1978 in Duisburg geboren, kennt Antje Boehmert das Theater am Marientor noch aus der Zeit, als dort die Auditions für „Les Miserables“ liefen. Darüber schrieb sie als freie Mitarbeiterin dieser Redaktion. Wie sie über verschlungene Wege zum Dokumentarfilm kam, berichtet sie im Zoom-Gespräch aus dem Berliner Büro ihrer Produktionsfirma Docdays mitten in der Endfertigung von „Das Impfdrama“.

Die Duisburgerin Antje Boehmert will Geschichten erzählen

„Ich wusste sehr früh, dass ich Geschichten erzählen wollte“, sagt Antje Boehmert, die nach dem Abitur am Max-Planck-Gymnasium Nordamerikanische Geschichte, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften und Anglistik in Köln studiert hat. Es folgten Praktika unter anderem bei n-tv und ein Volontariat bei einer TV-Produktionsfirma in Washington D.C., die historische Dokumentarfilme machte.

In diesem Jahr ist Antje Boehmert (Buch/Produktion) für den mit Regisseur Dominik Wessely entstandenen Film „Loveparade – die Verhandlung“ mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet worden. Der Film begleitete die juristische Aufarbeitung der tödlichen Massenpanik 2010 in Duisburg. „Die kluge Auswahl der Protagonisten, die gelungene Motivwahl, eine herausragende Kameraarbeit, Schnittleistung und Filmmusik machen diesen Film zu einem beeindruckenden Dokumentarfilm“, so die Jury.

Blick in den Maschinenraum der Impfkampagne

Für „Das Impfdrama“ habe sie, wieder mit Dominik Wessely, „in den Maschinenraum der Impfkampagne“ blicken wollen. Beobachtet wird diese landesweite Ausnahmesituation, in der entsteht, was es vorher nicht gegeben hat und bald wieder verschwinden wird: zum Beispiel Impfzentren. Abseits von Zahlen und aktuellen Nachrichten, will der Film zeigen, „was parallel im Land passiert.“

Ein Blick von oben auf die Impfstraßen im Impfzentrum Duisburg. Insgesamt 18 waren an manchen Tagen stets belegt.
Ein Blick von oben auf die Impfstraßen im Impfzentrum Duisburg. Insgesamt 18 waren an manchen Tagen stets belegt. © DOCDAYS Productions

Entstanden ist eine 90-minütige Deutschlandreise zu zehn Orten, die von Dezember 2020 bis Juni 2021 immer wieder nach Duisburg zurückkehrt. Die herausgehobenen Protagonisten sind hier der ärztliche Leiter Hendrik Magnusson, Feuerwehrchef Oliver Tittmann und Feuerwehrmann und Corona-Zentrums-Geschäftsführer Bernd Wolf.

Respekt vor den Protagonisten

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Vor allem der Feuerwehrmann und Arzt Hendrik Magnusson wird zu einer Schlüsselfigur: Ein bodenständiger Ruhrgebietsmensch, der täglich die Nüsse zu knacken hat, die ihm von Experten und Ministerien in den Mund geschoben werden. Und der darauf mit wenigen, aber deutlichen Worten reagiert. Manchmal genervt, aber entscheidungsfreudig und tatkräftig. Es muss ja weitergehen.

Die in Duisburg geborene Antje Boehmert ist Produzentin und Regisseurin von Dokumentarfilmen.
Die in Duisburg geborene Antje Boehmert ist Produzentin und Regisseurin von Dokumentarfilmen. © DOCDAYS Productions

Dokumentarfilmer brauchen Vertrauen und Nähe, brauchen ausgewählte Orte und Protagonisten, die „gute Typen“ sind und den Mut haben, sich auch an schlechten Tagen filmen zu lassen, sagt Antje Boehmert. Für diese Suche brauche und habe sie sehr viel Zeit. „Man muss miteinander klarkommen.“ Sie empfindet großen Respekt vor allen Protagonisten: „Sie wussten nicht, was kommt, sie waren in Gefahr, Fehler zu machen – und haben dennoch mitgemacht.“

Ein Impfzentrum mit Fundbüro

Das Filmteam begleitet das mobile Impfteam in Duisburg Ende Dezember bei den ersten Einsätzen in einem Altenheim des Christophorus-Werks, wo alte, schwerhörige, taubstumme und bettlägerige Bewohner geimpft werden. Dann geht es darum, wie aus einem Theater ein Impfzentrum wird und woran man anfangs nicht gedacht hat. Etwa an ein Fundbüro, in dem die Feuerwehrfrau und Krankenpflegerin Sarah Watzlawick nebenbei vergessene Brillen und Schals sortiert.

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Dokumentarfilmer müssen warten können. Manchmal ergeben sich Situationen, in denen sie eigentlich schon woanders sind. Wie am 15. März, als mitten im laufenden Betrieb Astrazeneca abgesetzt wird. „Ein denkwürdiger Tag“, sagt Antje Boehmert, an dem ein Gespräch mit Oliver Tittmann über den Aufbau der Bürgerteststation in der Eissporthalle auf dem Programm stand und sie schon abreisefertig war. Vom Astrazeneca-Aus erfahren die Akteure aus Nachrichtenportalen am Handy, während noch dutzende Polizisten, Lehrer und Erzieherinnen für den Impfstoff Schlange stehen. Das Filmteam filmt die Wartenden und die Diskussionen hinter den Kulissen darüber, was nun zu tun ist.

Von Wissenschaftlern und Hausarztbesuchen

Der Film beleuchtet auch die Arbeit der Wissenschaftler. Er wirft einen exklusiven Blick in die Geschäftsstelle der Ständigen Impfkommission und auf ihren Leiter Thomas Mertens. Der Virologe Christian Drosten wägt im Gespräch rückblickend Daten und Entscheidungen ab, Alena Buyx, Leiterin der Ethikkommission, erläutert die Kriterien für die Priorisierung und spricht von einer „sehr quälenden Zeit“.

Am 15. März 2021 wird Astrazeneca abgesetzt, während im Duisburger Impfzentrum gerade Polizisten geimpft werden.
Am 15. März 2021 wird Astrazeneca abgesetzt, während im Duisburger Impfzentrum gerade Polizisten geimpft werden. © DOCDAYS Productions

Der Film blickt in ein Impfzentrum, das im ländlichen Stendal vom DRK geleitet wird, er begleitet einen Hausarzt im pfälzischen Eisenberg im Praxisbetrieb und beim Hausbesuch einer 102-Jährigen, die geimpft wird. Der Film zeigt einen Krematoriumsmitarbeiter in Plauen, der noch nie so viel zu tun hatte wie zuvor, und einen Fotografen in Pforzheim, der das im Lockdown leere Deutschland fotografiert. Bilder, die es so noch nie gegeben hat – in Dresden, in einem Flughafen-Parkhaus, in einem „tropischen“ Spaßbad, skurril und magisch.

„Ich mache Arbeitsplatz-Reportagen“, sagt Antje Boehmert, die auch schon Bergleute, Meeresbiologen oder Bodyguards in der Ausbildung begleitet hat. In Duisburg geht der Film mit dem Impfteam mobil weiter nach Marxloh zur Merkez-Moschee und zu Pater Oliver. Die Begegnungen mit Wohnungslosen haben sie besonders berührt, sagt sie. Der Film sei auch „eine Verneigung vor den Omas und Opas der Republik“, die sich noch an die Typhus- und Pockenimpfungen der Nachkriegszeit erinnerten.

Gezeigt wird ein großes, emotionales, aber unaufgeregtes Panorama der aufregendesten Zeit in der jüngeren Vergangenheit.

>> FILME VON ANTJE BOEHMERT IN DER MEDIATHEK

  • Der 90-minütige Dokumentarfilm „Das Impfdrama – Deutschlands Weg aus der Pandemie“ wird am Mittwoch, 21. Juli, um 22.50 Uhr im Ersten gesendet; er steht bereits ab Sonntag, 18. Juli, um 20 Uhr in der ARD-Mediathek.
  • Ebenfalls in der Mediathek abrufbar sind „Loveparade – die Verhandlung“ und „Charité intensiv“, zwei Filme, die unter die Haut gehen.