Duisburg. Ein Jahr lang dauerte der Prozess gegen den Chef einer Duisburger Baufirma (55). So lautet das Urteil des Amtsgerichts nach 36 Verhandlungstagen.

Wegen Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben stand ein 55-jähriger Bauunternehmer aus dem Duisburger Norden vor dem Amtsgericht am König-Heinrich-Platz. Für das für Wirtschaftsstrafsachen zuständige Schöffengericht war es ein rekordverdächtiger Mammut-Prozess. Seit August 2020 wurde an 36 Sitzungstagen verhandelt. Nun fiel das Urteil: Der Angeklagte muss für zweieinhalb Jahre hinter Gitter.

Die Anklage war ursprünglich von einem Schaden von rund 520.000 Euro für die öffentlichen Kassen ausgegangen. Nicht selten in solchen Fällen gestehen Angeklagte einen Teil der Anklage ein, die restlichen Anklagepunkte werden eingestellt. Wegen des Geständnisses und weil die im Urteil festgestellte Schadenssumme nun deutlich niedriger ist, kommen sie oft mit einer Bewährungsstrafe davon.

Duisburger Schöffengericht musste sich durch langwierige Beweisaufnahme kämpfen

Im Fall des 55-Jährigen war das anders. Von Anfang an wurde so ziemlich alles angezweifelt, was die Staatsanwaltschaft in ihrer langen Anklageschrift zusammen gestellt hatte. Unzählige Zeugen mussten im Laufe des langen Verfahrens vernommen, endlos viele Beweisdokumente verlesen oder im so genannten Selbstleseverfahren durch die Beteiligten zur Kenntnis genommen werden.

Die Schadenssumme, von der das Gericht im Urteil ausging, lag nicht weit von jener entfernt, von der die Staatsanwaltschaft ausgegangen war: Um 452.000 Euro habe der Angeklagte die öffentlichen Kassen geprellt, so die Überzeugung des Schöffengerichts. Der 55-Jährige, der mit seiner Firma als Subunternehmer auf zahlreichen Baustellen tätig war, habe zwischen 2011 und 2013 einen großen Teil seiner Beschäftigten an Steuer und Sozialkassen vorbei ausgezahlt.

Zahlreiche Indizien sprachen für eine Schuld des Angeklagten

Dafür sprach eine ganze Reihe starker Indizien: Es gab Scheinrechnungen, die sich teilweise doppelt in den Akten fanden. Und zwar mit unterschiedlichen Beträgen. Es gab größere Barabhebungen vom Firmenkonto. In den Unterlagen der Buchhaltung fanden sich höchst widersprüchliche interne Stundenzettel. Und es gab Beschäftigte, die offiziell trotz eines Vollzeitjobs nicht einmal 200 Euro im Monat verdient hatten.

Für den Angeklagten sprach nicht viel mehr, als dass er bislang noch nie bestraft wurde und sich das Verfahren schon bis zum Beginn ohne sein Verschulden verzögerte. Wegen rechtsstaatswidriger überlanger Verfahrensdauer gelten sechs Monate der Gefängnisstrafe bereits als vollstreckt. Zu Gunsten des 55-Jährigen wertete das Gericht auch, dass er nicht betrog, um sich selbst die Taschen zu füllen, sondern um im gnadenlosen Konkurrenzkampf der Branche seine Firma zu erhalten. Strafschärfend mussten sich dagegen die lange Dauer der Vielzahl von Taten und die hohe Schadenssumme auswirken.