Duisburg. Die Duisburger CDU-Mittelstandsvereinigung hatte Ina Scharrenbach und andere Experten zu Gast, die über die Zukunft der Innenstadt diskutierten.
Wie entwickelt sich die Duisburger Innenstadt nach Corona weiter und wie kann die City wieder zum „Marktplatz des 21. Jahrhunderts“, wie es sich NRW-Bau- und Heimatministerin Ina Scharrenbach wünscht? Bei einer Veranstaltung der Mittelstandsvereinigung der CDU wurden diese Frage mit einem recht prominent besetzten Podium im ehemaligen C&A-Gebäude in der Altstadt diskutiert. Die Ministerin schrieb den Duisburgern außerdem ins Stammbuch, sich darauf zu besinnen, was die Stadt einzigartig macht. „Das Warenangebot ist vergleichbar, das war auch in den 1990er Jahren schon so. Schauen Sie, was Ihre Stadt besonders macht und warum die Leute nach Duisburg kommen sollten.“
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Mit Bernd-Claas Gesterkamp war der Immobilien-Marketing-Experte dabei, der derzeit das ehemalige C&A-Gebäude als „Kubikk“ vermarktet und Interessenten so genannte „Zielbilder“ in Aussicht stellt. „Anfangs sind viele vielleicht etwas abgeschreckt. Aber wenn ich ihnen etwas von begrünten Fassaden und den Möglichkeiten, die sich hier auf der Fläche bieten, erzähle, dann schwenken einige um, weil sie sich plötzlich als Teil von etwas fühlen“, beschreibt Gesterkamp seine Erfahrungen. Mittlerweile steht auch ein Ankermieter für das Gebäude fest: „MyWellness“ wird im Untergeschoss 15 privat nutzbare Wellness-Suiten bauen und stundenweise vermieten.
Wirtschaftsdezernent Andree Haack blickt in seinem Statement auf das Altstadtmanagement zurück, das in den vergangenen Jahren versucht habe, das Quartier nach vorne zu bringen. Als Wunsch Richtung Land formuliert er: „Bei den privaten Schrottimmobilien sind wir mittlerweile in der Lage, lange leerstehende Gebäude still zu legen. Wenn wir dies auch bei Gewerbeimmobilien tun könnten, würde mancher sicherlich schneller handeln.“
Ina Scharrenbach verweist auf eine neue Bauordnung, die das Land beschlossen habe. Darin werde den Kommunen mehr Handlungsfreiheit gelassen, dass „Leerstand in Leergut“ umgewandelt werden könne. Die Städte können zum Beispiel übergangsweise Nutzungen ermöglichen, die sonst laut aktueller Brandschutzvorschriften nicht gegeben wäre. „Das schafft Raum für Innovationen“, ist Scharrenbach überzeugt.
Pfarrer Winterberg: „Städte müssen auch Begegnungen ermöglichen“
Pfarrer Martin Winterberg, der als aufmerksamer Zuhörer, an der Diskussion teilnahm, erinnert, was früher eine Stadt ausmachte: „Ein Markt, Handel und die Kirche“, zählt er auf. Vor kurzem sei die Marienkirche für 700.000 Euro saniert worden. Im fehle es in der Stadt an Orten der Begegnung, an denen die Menschen nicht viel Geld ausgeben müssten.
Ein anderer Anwohner aus dem Dellviertel empfand es hingegen als „Schlag ins Kontor“, dass Fokus Development in die alte Stadtbücherei keinen Edeka-Markt integrieren werde. „Wir können zu Aldi ins Untergeschoss gehen oder zu Netto. Hier fehlt ein hochwertiges Angebot. Es gibt auch Duisburger, die so etwas wollen.“
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Axel Funke, Geschäftsführer von „Fokus“ erklärt indes, dass ein Supermarkt in dieser Größe am Standort Düsseldorfer Straße nicht darstellbar wäre. Als ehemaliger Bauherr der Königsgalerie und des „Forum“ wisse er, dass Handel sich auch für Begegnung und die Stadt engagieren müsse. „Damals gab es den größten ökumenischen Gottesdienst im Forum. Das ist leider eingestellt worden.“ Mit der Außenwirkung der Königsgalerie ist er ebenfalls nicht zufrieden. „Erst wird sonntags geschlossen und dann die Krone nicht mehr beleuchtet. Das ist fatal.“
Duisserner blickt in die Stadtteile: „Niemand fährt in die Innenstadt“
Ein Duisserner, der ursprünglich in Hamborn aufwuchs, findet sowieso, dass man sich gar keine Gedanken über eine Innenstadt machen müsse. „Die Innenstadt gibt es nicht. Keiner fährt nach Duisburg. Wer in Hamborn wohnt, fährt nach Oberhausen. Andere nach Moers, Dinslaken oder Düsseldorf.“ Das Angebot an Ein-Euro-Läden sei austauschbar, stattdessen brumme es an der Moltkestraße in den Weingeschäften.
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Axel Funke, dessen Firma auch hinter dem Projekt „St. Vincenz“ im Duisburger Dellviertel steckt, gibt jedoch zu bedenken, dass man eine Stadt für alle brauche. „Ich bin vorhin aus dem Wasserviertel hergelaufen. Ich habe niemandem im Anzug gesehen.“ Der Kaufkraft-Index liege bei 89. Deshalb seien Wohnbauprojekte wichtig, die mehr Kaufkraft in die Stadt holen. „Aber die anderen können wir nicht vertreiben. Wir werden auch mit der Suchthilfe zusammenarbeiten“, betont er.
Am Ende der konstruktiven Debatte bleiben noch viele Fragen offen. Die von Elisabeth Evertz, Chefin der Buchhandlung Scheuermann, etwa. Sie berichtet, dass sie durchaus Stammkundschaft aus anderen Städten anlocke, allerdings finden die kaum Parkplätze. Auch der Wunsch nach Gastronomie, die die Verweildauer in der Innenstadt erhöhen könne, ist nicht leicht erfüllbar. Und wie die Kunden künftig einkaufen und ob sie wieder den Einkauf vor Ort zu schätzen wissen, kann niemand so genau vorhersehen.