Duisburg-Dellviertel. Auf dem Gelände von St. Vincenz wollen Interboden und Fokus AG 350 Wohnungen bauen. Es tut sich bislang nichts, das Ex-Krankenhaus vergammelt.
350 neue Wohnung, erbaut in drei Abschnitten auf insgesamt rund 15.500 Quadratmetern: Das neue Wohnquartier St. Vincenz war eines der Mega-Projekte, die die Stadt vor zwei Jahren bei der Messe Expo Real vorstellte. Die Duisburger Fokus Development AG und die Ratinger Firma Interboden wollten die Miet- und Eigentumswohnungen in bester Lage realisieren. 2020 sollte mit dem Abriss des Schwesternwohnheims begonnen werden. Getan hat sich seitdem – nichts. Im Gegenteil: Das denkmalgeschützte Gebäude, erbaut 1860, gammelt vor sich hin. Anwohner berichten, dass in den leerstehenden Räumen Drogen verkauft werden sollen. Ein Besuch vor Ort.
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Der Haupteingang des alten Krankenhauses ist zwar mit Brettern verrammelt, doch teilweise stehen Fenster offen. Auf der Rückseite, im denkmalgeschützten Treppenhaus, hat sich offensichtlich jemand Zutritt verschafft und die alten Fenster beschmiert.
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Im Keller, ebenfalls gut sichtbar durch ein geöffnetes Fenster, liegen alte Pizzakarton, zerknüllte Trinkpäckchen. Kabel hängen von der Decke. „Es ist viel zerstört. Die Kabeldiebe waren bestimmt schon hier. Abends ist hier teilweise Betrieb“, beschreibt ein Nachbar. Er wohnt vis-à-vis und möchte seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen.
Helios Krankenhaus zog bereits 2017 vom Duisburger Dellplatz weg
Er und die anderen Anwohner hätten sich damals gefreut, als sie hörten, dass der Bereich bebaut und aufgewertet werden soll. „Das Krankenhaus war zwar alt, hatte aber nie einen guten Ruf.“ Er sei darin geboren, andere Familienangehörige dort aber verstorben.
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Bis zum Frühjahr 2017 hat Helios das Hospital betrieben, dann zog auch die noch verbliebene psychiatrische Abteilung zur Marien Klinik nach Hochfeld. Im Oktober 2018 übergab Helios an den Vermieter, das Bistum Essen. Vor dem Krankenhaus Portal begrüßt ein Schild die Besucher noch mit: „Wir wünschen einen angenehmen Aufenthalt.“ Darüber flattert ein verwittertes Plakat – Veranstaltungen gab es ja schon lange nicht mehr.
„Die Anschlussnutzung und Zukunft des Areals obliegt dem aktuellen Eigentümer. Da wir dieses nun wie oben beschrieben schon seit Jahren nicht mehr betreiben, wurden wir auf den Zustand des Gebäudes und Grundstücks bisher nicht angesprochen“, erklärt Kathrin Gießelmann, Sprecherin der Duisburger Helios-Kliniken.
Eigentümerin ist die Fokus Development AG, das hatte das Bistum im Juni 2017 mitgeteilt. Der Fokus-Vorstandsvorsitzende Axel Funke wurde in der Erklärung damals so zitiert: „Durch die behutsame Sanierung des Krankenhausgebäudes behalte der Stadtteil seine Identität. Das Dellviertel als eines der beliebtesten innerstädtischen Quartiere bekommt einen neuen, attraktiven Wohnbereich.“
Und auch die katholische Kirchengemeinde Liebfrauen freute sich über die vielen neuen Nachbarn in unmittelbarer Nähe von St. Joseph am Dellplatz.
Eigentümer Fokus Development äußert sich nicht
Fokus Development ließ die Chance, auf Nachfrage unserer Zeitung, das Projekt vorzustellen oder auch zu der jetzt geäußerten Kritik Stellung zu nehmen, mehrfach verstreichen.
Das Unternehmen will auch das Gelände der alten Bücherei an der Düsseldorfer Straße entwickeln und dort zwei Torhäuser bauen. Bisher tut sich auf dieser Baustelle allerdings auch nichts. Als Firmenadresse ist die Mainstraße in Duisburg angegeben.
Auf Nachfrage erklärt Stadtsprecher Sebastian Hiedels indes: „Seitens des Eigentümers sind die Planungen für eine neue Nutzung des Gebäudekomplexes in vollem Gange, nehmen jedoch wegen der Größe der Maßnahmen eine gewisse Zeit in Anspruch.“
Die Stadt habe Kenntnis von Personen, die sich an der Papendelle 6 widerrechtlich aufhalten. „Der städtische Außendienst des Bürger- und Ordnungsamtes kontrolliert daher regelmäßig den Außenbereich des Gebäudes. Innerhalb des Gebäudes ist der Eigentümer zuständig, da er die Verkehrssicherungspflicht hat.“
Die letzte Kontrolle des habe am 30. Juni stattgefunden. „Hierbei wurden zum Teil geöffnete Bauzäune wieder verschlossen und gesichert. Starke Verunreinigungen wurden nicht festgestellt, nur Verpackungsmüll lag herum.“
Stadt kontrolliert den Außenbereich - im Gebäude ist der Eigentümer zuständig
Die Stadt bestätigt: „Mittlerweile gibt es auch bereits aufgebrochene Fenster und Türen. Unsere städtische Bauaufsicht hat daher in der Vergangenheit mehrfach Ersatzvornahmen zur Sicherung des Gebäudekomplexes durchgeführt. Leider verschaffen sich immer wieder Personen unbefugt Zutritt zum Gebäude.“
Die Sicherung gestalte sich schwierig, da das alte Krankenhaus unter Denkmalschutz steht und keine Schäden an der Bausubstanz angerichtet werden dürfen.
Die Untere Denkmalbehörde habe bereits mehrfach Begehungen des ehemaligen St. Vincenz Hospitales mit dem Eigentümer und der Bauaufsicht unternommen, um Maßnahmen gegen den anhaltenden Vandalismus zu besprechen. Zusätzlich habe der Eigentümer eine Sicherheitsfirma zur Überwachung des Gebäudes beauftragt.
„Von unserer Seite werden weiterhin regelmäßige Kontrollen durch den Städtischen Außendienst und die Bauaufsicht durchgeführt, wobei wir vorwiegend die Gefahrenabwehr für Leib und Leben Dritter im Blick haben“, so Hiedels.
>> LOST PLACE ODER LUXUS-IMMOBILIE
- Der Abriss des Schwesternwohnheims sollte bereits 2020 beginnen. Auch der Parkplatz des ehemaligen Krankenhauses wird für das „St. Vincenz-Quartier“ bebaut.
- OB Link freute sich seinerzeit auf der Messe Expo Real über „hochwertigen Wohnraum in bester Wohnlage“. Das Neubaugebiet sollte der Stadt helfen, finanzkräftige Kaufinteressenten nach Duisburg zu locken.
- Mittlerweile hat der Street-Art-Künstler Piranha das Areal für sich entdeckt und hat seine gekleisterten Spuren hinterlassen. Ihn interessieren besonders „Orte im Umbruch“. Das ist St. Vincenz zweifellos.