Duisburg. Die Duisburger Gedenk- und Festveranstaltung „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ spannte den Bogen von der Vergangenheit zur Zukunft.

Es sei unmöglich, „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ zu feiern, ohne über die Shoah zu reden: Mit diesen Worten von Pfarrerin Ute Sawatzki begann die Veranstaltung „Gemeinsam unterwegs“, zu der der Evangelische Kirchenkreis, die Katholische Stadtkirche und die Jüdische Gemeinde Duisburg anlässlich des bundesweiten Fest- und Gedenkjahres eingeladen hatten.

Zunächst trafen sich rund 40 Teilnehmer am Dienstagabend am Mahnmal für die deportierten Kinder am Harry-Epstein-Platz, das der Duisburger Künstler Gerhard Losemann geschaffen hat. Auch er war gekommen, um mit der Veranstaltung „Gemeinsam unterwegs“ zu erinnern – und die Rückkehr des jüdischen Lebens nach Duisburg zu feiern.

Mahnmal für Deportationen vom Duisburger Hauptbahnhof

Ute Sawatzki erinnerte am Mahnmal für die mindestens 130 Kinder, die von 1938 bis 1945 vom Duisburger Hauptbahnhof in die Todeslager deportiert wurden, an „die größte Katastrophe des jüdischen Volkes, die größte Schande der Deutschen und das bitterste Versagen der christlichen Kirchen“. Es gelte, den sechs Millionen Ermordeten „Namen und damit einen Teil ihrer Würde zurückzugeben“.

Zwischen den Psalmen, die Rabbiner David Geballe, Stadtdechant Roland Winkelmann und Superintendent Dr. Christoph Urban zitierten und die Trost spenden, Hoffnung auf Gott ausdrücken und auffordern, aus der Geschichte zu lernen, spielte Geiger Igor Epstein stimmungsvolle Klezmer-Musik. Dann brachen die Teilnehmer zum jüdischen Gemeindezentrum im Innenhafen auf.

Gegen Antisemitismus helfen Begegnungen

Dort wurde die Veranstaltung allerdings nicht im Saal fortgesetzt, sondern hinter der Synagoge im Garten der Erinnerung eher improvisiert. Oberbürgermeister Sören Link, Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor und Alexander Drehmann, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde, trotzten mit ihren Ansprachen dem Regen bei 14 Grad.

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„Jüdisches Leben hat seinen festen Platz in Duisburg“, sagte Link. Es sei eine „große Freude“ und ein Zeichen für die Zukunft, dass 2009 der jüdische Kindergarten eröffnet worden ist. Und er erinnerte daran, dass 2018 ein jüdischer Friedhof eingeweiht wurde. Die Gemeinde mit ihren 2500 Mitgliedern „ist ein wichtiger Teil der bunten Stadtgesellschaft“, so der OB.

„Viele Wunder“ hätten sich ereignet und so eine Erfolgsgeschichte in Duisburg geschrieben, so Drehmann, der betonte, die Gemeinde wolle offen und gastfreundlich sein. Und Lamya Kaddor berichtete von ersten Ergebnissen einer Studie über Antisemitismus bei Jugendlichen: Die meisten der 30 Befragten hätten wenig oder keinen Kontakt zu Juden, sie erfahren nur im Kontext mit dem Nationalsozialismus vom Judentum, und die Schule sei kein Ort der Begegnung. Das „einzige Mittel“ gegen Antisemitismus sei „das Organisieren von Begegnungen“ und damit „lebendiges jüdisches Leben sichtbar“ zu machen.

>> ERINNERUNGEN AN JÜDISCHES LEBEN

  • In Duisburg arbeitet das Zentrum für Erinnerungskultur zum Thema. Die erste Ausstellung hat 2015 unter dem Titel „Noch viele Jahre lang habe ich nachts von Duisburg geträumt” das jüdische Leben von 1918 bis 1945 beleuchtet.
  • Eine weitere Ausstellung 2018/19 beleuchtete die Deportationen aus dem Rheinland im Herbst 1941 ins Ghetto Litzmannstadt. In dem ersten Deportationszug, der am 27. Oktober 1941 den Güterbahnhof Düsseldorf-Derendorf verließ, waren unter den 1003 Frauen, Männern und Kindern auch 50 Duisburger.