Duisburg. Duisburger Ärzte und Ärztinnen bedauern, dass sie wertvollen Impfstoff entsorgen müssen. Und sie beobachten eine wachsende Impfmüdigkeit.

Der Verlauf der Corona-Krise gleicht mitunter einer Achterbahnfahrt. Anfangs war das größte Problem, dass zu wenig Impfstoff zur Verfügung stand und Impftermine Mangelware waren, jetzt gibt es Impfstoff im Überfluss. In manchen Duisburger Praxen müssen sogar Dosen weggeworfen werden.

Wie der Hals-, Nasen-, Ohrenarzt Dr. Uso Walter beklagt, erscheint seit der Öffnung des Impfzentrums für alle Altersgruppen und ohne Terminvergabe fast die Hälfte seiner Patienten nicht zur Zweitimpfung. „Einige schreiben netterweise Mails und sagen den Termin ab“, andere blieben einfach weg. Mit der Folge, dass in den angebrochenen Fläschchen Impfstoff übrig bleibe.

Duisburger Praxis hat seit zwei Wochen keinen Impfstoff mehr bestellt

Da die Dosen in einmal geöffnet Vials jeweils nur drei bis fünf Stunden haltbar sind, bedeutet dies, „dass wir täglich wertvolle Impfdosen wegschmeißen müssen, die woanders vielleicht dringend gebraucht würden“. Nachdem er im letzten Quartal 300 Patienten geimpft hat, habe er aufgrund dieser Entwicklung seit zwei Wochen keinen Impfstoff mehr bestellt.

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„Eine planerische Katastrophe“ sei das für den Praxisbetrieb. Und eine Verschwendung in doppelter Hinsicht, findet Walter. Koste doch eine Impfung im Impfzentrum zehn mal so viel bei den niedergelassenen Ärzten. Er habe von Kollegen gehört, die überlegten, ganz aus dem Impfen auszusteigen.

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Probleme gibt es nicht nur bei den Zweitimpfungen. Viele Patienten wollten sich nicht impfen lassen, obwohl er sie darauf anspreche und dafür werbe, so Walter. „Gerade bei jungen Leuten gibt es viel Angst.“ Sie würden lieber abwarten, die Impfung sei ihnen „zu unsicher“.

Astrazeneca und Johnson wird gemieden

Auch in der Praxis von Dr. Helmut Gudat in Meiderich werden „Termine einfach nicht wahrgenommen“. Aber wegwerfen musste er Impfstoff „bis jetzt noch nicht, Gott sei Dank“. Es sei noch stets gelungen, die noch auf der Liste stehenden Impflinge per Telefon in die Praxis einzubestellen. Die Situation könne sich allerdings verschärften. Gudat findet es „sehr bedauerlich“, wenn Impfstoff entsorgt werden muss.

Der Corona-Impfstoff des britischen Herstellers Astrazeneca genießt bei deutschen Impflingen keinen guten Ruf und wird gerade bei Zweitimpfungen abgelehnt.
Der Corona-Impfstoff des britischen Herstellers Astrazeneca genießt bei deutschen Impflingen keinen guten Ruf und wird gerade bei Zweitimpfungen abgelehnt. © dpa | Nicolas Armer

„Leider kam es auch in unserer Praxis in den letzten Wochen immer wieder vor, dass Impfungen nicht wahrgenommen wurden, vor allem bei Astrazeneca und Johnson“, bestätigt Ildiko Halmai, Hausärztin in Rheinhausen. Stundenlang hätten Mitarbeiterinnen und Ärzte dann versucht, die Impfungen doch noch unter die Leute zu bringen. Das habe zunehmend schlechter geklappt. Es sei „sehr bitter“, dass der wertvolle Impfstoff im Müll lande und schade um die umsonst investierte Zeit.

Schon seit Wochen habe die Praxis keinen Astrazeneca-Impfstoff mehr bestellt, so Ildiko Halmai. Hunderte Impfdosen lagerten noch im Kühlschrank. Die Situation habe sich weiter verschärft, als für die Zweitimpfung dann mRNA-Impfstoffe empfohlen wurden. Biontech habe noch nicht entsorgt werden müssen. „Hier konnte immer noch jemand gefunden werden für eine übrig gebliebene Impfung.“

Ärztin appelliert: Impfen lassen!

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Die wachsende Impfmüdigkeit bereitet Ildiko Halmai große Sorgen. Selbst wenn die Impfung nicht immer vor eine Infektion schützt, so verhindert sie doch schwere Verläufe. Wenn im Herbst die Zahl der Infizierten wieder steigt, „werden Menschen, die sich nicht impfen lassen können, Menschen mit schlechtem Immunsystem und geringer Immunantwort, aber vor allem auch Kinder erneut das Nachsehen haben“, fürchtet die Ärztin.

Auch in ihrer Praxis sind bereits Kinder geimpft worden, darunter ihre eigenen, die zwölf und 14 Jahre alt sind. „Sie haben die Impfungen gut überstanden“ und damit ein „vielfach geringeres Risiko eines schweren Verlaufs.“ Auch die Übertragung des Virus wird durch die Impfung reduziert. Deswegen appelliert Ildiko Halmai an alle, sich impfen zu lassen: „Aus eigenem Interesse und aus Solidarität den Schwächeren gegenüber.“

>>WANN KOMMT DIE DRITTE IMPFUNG?

  • Wie das Bundesgesundheitsministerium am Mittwoch mitgeteilt hat, verzichtet Deutschland künftig vollständig auf die Impfstoffe von Astrazeneca und Johnson & Johnson. Sie sollen gespendet oder in anderen EU-Ländern eingesetzt werden.
  • Zuvor wurde bereits beschlossen, allen Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren ein Impfangebot zu machen. Auch sollen bald die dritten Impfungen für Risikogruppen starten.